12. Kapitel

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Askan

Ich rannte so lange, bis ich plötzlich einen Widerstand spürte und zu Boden gerissen wurde. Ein Fauchen erklang. Ich rappelte mich auf und stand Zafar gegenüber. Dem Tiger, der sich schon immer gegen mich aufgelehnt hatte. Was machte er hier?
"Wie schön, dass wir uns auch mal wieder sehen!", zischte er und umkreiste mich. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt.
"Wag es nicht!", fauchte ich drohend. Doch er überhörte es einfach.

Als er sprang, war ich jedoch vorbereitet. Ich schlug ihn lässig zur Seite. Sofort war Zafar aber wieder auf den Beinen und griff mich erneut an. Diesmal schätzte ich seine Angriffstaktik leider falsch ein und traf ins Leere. Zafar allerdings verbiss sich in meinem Nackenfell. Wütend rollten wir uns auf dem Boden. Zafar ließ nicht locker. Selbst als ich ihm gegen den Bauch trat. Wütend fauchte ich auf.

Scharf dachte ich nach. Wenn er sich weiter so festbeißen würde, konnte es unangenehm werden. Doch wie konnte ich ihn loswerden? Ich ließ meinen Körper schlaff werden. Zafar brüllte triumphierend auf und sein Druck an meinem Nacken wurde etwas lockerer. Ich nutzte meine Chance und schleuderte ihn von mir. Er prallte gegen einen Baum und sackte zu Boden.

Mehrere Sekunden geschah nichts, doch dann rappelte er sich schwerfällig wieder auf. Einen erneuten Angriff wagte er nicht.

"Glaub ja nicht, dass das hiermit vorbei ist!", fauchte er feindselig und drohend, "Ich werde dich töten! Und wenn es das Letzte ist was ich tue!"
Dann verschwand er im Dschungel.

Ich setzte mich hin und leckte müde meine Wunden. War er wirklich so töricht geworden, mir zu drohen?

Pfotenschritte erklangen und ich sprang alarmiert auf. Doch es waren nur Ravi und Dayita.
"Alles in Ordnung? Wir haben Kampfgeräusche gehört", fragte mein Bruder besorgt.
"Alles in Ordnung. Zafar meinte, mir einen Besuch abzustatten. Verlief nicht ganz so wie er geplant hatte", ich grinste ein Tigergrinsen.

Ravi schüttelte darauf nur den mächtigen Schädel.
"Er ist echt ein Quälgeist! Komm, du solltest dich ausruhen", meinte er dann.
"Ja, ich möchte mir deine Nackenwunde ansehen. Die sieht fies aus", stimmte Dayita zu. Ich schnaubte wegwerfend.
"Ich sagte doch: Mir geht es gut!", aufeinmal fühlte ich mich leer.

Ich machte einen Schritt vorwärts und geriet ins Taumeln. Sofort stützten Dayita und Ravi mich. Zusammen machten wir uns auf den Weg zu unseren Lager. Es war offensichtlich, dass mein Bruder und seine Gefährtin sich Sorgen um mich machten. Sie dachten ich wäre ernsthaft verletzt. Doch dem war nicht so. Ich war einfach nur verwirrt und traurig. Mein Herz fühlte sich seltsam schwer und leer an. Was war nur los mit mir?

Nicht weit von dem Ort der Auseinandersetzung fanden wir im Dickicht Unterschlupf. Sofort begann Dayita die Wunde sauber zu lecken. Es brannte, aber ich zuckte nichtmal mit der Wimper. Nachdem die Wunde gesäubert war, stoppte Dayita die bereits versiegende Blutung. Dazu nutzte sie Spinnenweben, wie die Menschen in der Antike.

Bestimmt hatte ihr Ravi davon erzählt. In einem anderen Leben wäre er bestimmt Heiler geworden. Seit wir fortgejagt worden waren, hatte er angefangen sich für Medizin zu interessieren und so schon einigen Tigern helfen können. Ich vermutete er kompensierte so seine zerstörte Jugend.

Dayita konnte nun auch feststellen, dass die Wunde tatsächlich gar nicht so tief war wie sie angenommen hatte. Ich sah wie sie verwirrt zwinkerte und mich dann nachdenklich ansah. Ich wusste das sie wissen wollte, wieso ich so matt wirkte, wenn es nicht an der Wunde liegen konnte. Doch diesen Gefallen konnte ich ihr nicht tun. Ich musste das erstmal selber für mich herausfinden.

So etwas war mir noch nie passiert und wenn ich ehrlich war, dann ängstigte es mich auch ein wenig. Nichtmal nachdem Ravi und ich auf einmal ohne Zuhause dagestanden hatten, hatte ich mich so gefühlt, wie jetzt.

 Der Prinz der TigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt