20. Kapitel

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Kaela

Ich freute mich, dass Askan endlich verstand und wir dieses Problem zwischen uns beheben konnten. Vorallem aber war ich glücklich über die Genesung von Ravi. Askan hätte es nicht ertragen, ihn zu verlieren. Das wusste ich. Lange Zeit hatte es nur Ravi für ihn gegeben. Sie hatten sich zusammen durch eine schwere Zeit gekämpft und einander den Rücken gestärkt. Askan war unglaublich dankbar, dass er nach der jahrelangen Entfremdung der Beiden, endlich seinen Bruder wieder hatte.

Ich musste schmunzeln, als ich daran dachte, dass zum Teil ich dafür verantwortlich war. Wahrscheinlich wären sie noch immer getrennt, wenn ich Askan und auch unwissentlich Ravi nicht begegnet wäre.

Wir blieben ein paar Tage an Ort und Stelle, damit alle sich von den Strapazen der Kämpfe erholen konnten.

Asira und Benil hatten die Augen geöffnet, als wir beschlossen aufzubrechen. Nun ging es wirklich los. Wir würden zur Versammlung der Tiger reisen. Ich war gespannt, was mich dort erwarten würde.

"Askan, was genau ist diese Versammlung eigentlich?", fragte ich schließlich meinen Gefährten.
"Die Versammlung dauert in etwa eine Woche. Die ersten zwei Tage wird gefeiert", antwortete Askan grinsend, "man wird mich ehren und es gibt eine Zeremonie. In dieser werden die Tiger mir ihre Treue schwören".
Askan klang, als wäre ihm das peinlich. Belustigt schnurrte ich. 

"Was?", fragte mein Gefährte darauf verunsichert.
"Ach nichts, erzähl weiter! Was passiert an den anderen Tagen?", überging ich seine Frage.

"In den letzten drei Tagen werden verschiedene Dinge geklärt. Streitigkeiten werden beigelegt, Regeln und Gesetze werden erneuert oder aufgelöst. Manchmal werden auch neue verabschiedet. Am fünftenTag werden Freundschaften gepflegt und die eine oder andere Partnerschaft geschlossen", fuhr Askan fort.

Bei seinen letzten Worten horchte ich auf.
"Es wird geheiratet?", ich konnte nicht anders, sofort stellte ich mir vor, wie Askan mich vor allen Tigern zu seiner offiziellen Gefährtin erklärte.

Ein wohliger Schauer lief mir über den Rücken. Doch dann besann ich mich. Wir reisten dorthin, damit ich wieder ein Mensch würde. So wollte es jedenfalls Askan.

Auf einmal wünschte ich mir, dass wir nie bei unserem Ziel ankommen würden. Denn ich wusste, Askan würde dort alles daran setzen, mich wieder zu einem Menschen zu machen.

Einerseits wollte ich das auch. Ich hatte nun eine Weile als Tiger gelebt. Es war etwas anderes, etwas aufregendes. Es gefiel mir wie weit und schnell ich als Tiger rennen konnte. Ich genoss die Gesellschaft von Askans Familie. Die Neckereien, sowie die ernsteren Gespräche. Mit Dayita würde ich mich als Mensch nicht mehr unterhalten können. Ich liebte auch die intimeren Momente mit meinem Gefährten.

Jedoch gab es auch Schattenseiten. Das Jagen war nichts für mich. Klar, früher hatte ich auch schon gejagt. Das war jedoch etwas anderes gewesen. Damals hatte ich mit Pfeil und Bogen oder dem Speer gejagt. Nun musste ich das Tier mit eigenem Körpereinsatz töten. Das fiel mir viel schwerer als mit den menschlichen Hilfsmitteln. Auch psychisch war es immer eine Überwindung.

Ebenso vermisste ich es in manchen Momenten einfach ein Mensch zu sein. Manchmal hatte ich das Bedürfnis, mit Askan wieder als Mensch zu reden. Die Unterhaltungen als Tiger fühlten sich teilweise anders und irgendwie seltsam an. Manches konnte ich einfach nicht so ausdrücken, wie ich es als Mensch getan hätte. Die Mimik und Gestik war so vollkommen unterschiedlich.

Ein kleines bisschen wünschte ich mir auch die gewisse Intimität die zwischen zwei liebenden Menschen herrschte. Denn als Tiger war das schon ein wenig anders.

Außerdem
fragte ich mich auch, wie es meiner Familie wohl ging. Sie nie wiederzusehen, wollte ich mir nicht vorstellen.

Doch all diese Zweifel erwähnte ich Askan gegenüber nicht. Ich hatte Angst vor seiner Reaktion. Er würde darauf drängen, einen Weg zu meiner Rückverwandlung zu finden. Wenn es dann tatsächlich einen gab und es klappte? Was war dann? Würde auch er zum Menschen werden? Oder würde er ein Tiger bleiben und mich gar fortschicken? Das war meine größte Angst. Wenn er mich vor allen Tigern zur offiziellen Lebensgefährtin machte, musste ich mir über all dies keine Sorgen mehr machen.

 Der Prinz der TigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt