18. Kapitel

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Kaela

Die beiden gingen in einem Knäuel von Fauchen und Geschrei zu Boden. Entsetzt musste ich zusehen, wie sich beide aufs Härteste bekämpften. Es war schrecklich zu wissen, dass das nur wegen mir geschah. Ich hatte Angst. Angst, einen der beiden zu verlieren.

Ich liebte Askan, keine Frage. Dastan bedeutete mir jedoch auch sehr viel. Er war mein bester Freund! Wir waren zusammen aufgewachsen! Ich musste das beenden, bevor jemand starb!

Ich brüllte auf und warf mich zwischen die Kämpfenden. Dastans Dolch traf mich an der Schulter und ich spürte wie eine Kralle mir über die Nase fuhr. Doch ich achtete nicht auf den Schmerz, sondern drängte mich weiter zwischen die beiden Kontrahenten und fauchte sie wütend an.

Endlich ließen sie voneinander ab. Dastan taumelte und sank gegen einen Baum. Eine Schramme zog sich quer über sein Gesicht und sein linker Arm war zerfetzt. Ich konnte kaum hinsehen. Auch der Rest seines Körpers war mit Wunden übersät.
Askan sah nicht besser aus. Er atmete schwer und belastete ein Bein kaum. Außerdem hatte er eine Stichwunde an der Flanke, aus der massenhaft Blut quoll.

Mein Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Wäre ich noch ein Mensch, dann hätte ich mich jetzt übergeben. Konnte sich ein Tiger überhaupt übergeben? Ich sah von Askan zu Dastan und wieder zurück. Wusste nicht was ich jetzt machen sollte. Sie waren beide schwer verletzt und ich könnte es nicht ertragen, einen der Beiden zu verlieren.

Panik erfasste mich, als mir klar wurde, dass ich heute auch beide verlieren konnte. Verzweifelt und nach Hilfe suchend sah ich zu Ravi. Der braun gestreifte Tiger sah mich nur traurig an. Ihm war es auch klar. Das hier hätte nicht passieren dürfen. Er trat zu seinem Bruder und drängte ihn weg vom Ort des Geschehens. Gleichzeitig stützte er ihn.

"Ich denke Askan kann es schaffen. Er sah auch schon mal schlimmer aus. Ich kümmere mich erstmal um ihn. Für deinen Freund da, den Jungen, schöpfe ich nicht mehr sehr viel Hoffnung. Du solltest ihm in seinen letzten Minuten beistehen", hörte ich Ravi sagen, während er aus meinem Blickwinkel verschwand.

Ich stieß ein klagendes Geräusch aus. Dann wandte ich mich von der Stelle ab, wo Askan und Ravi verschwunden waren. Als ich näher zu Dastan trat, fiel mir eine tiefe Fleischwunde am Bauch auf. Er blutete stark und unaufhörlich. Askan musste ihm die Aorta, die Hauptschlagader, aufgeritzt haben. Er würde das wahrlich nicht überleben.

Wimmernd, wie als wäre ich selber verletzt, berührte ich sanft Dastans Wange. Er atmete flach und hatte die Augen geschlossen. Sein verzerrtes Gesicht drückte große Schmerzen aus.

Ich sprach in seinem Kopf: "Ich bin's Dastan. Kaela. Es tut mir so Leid! Ich wollte das nicht. Ich...ich muss dir eigentlich noch so viel sagen. Zum Beispiel, dass es mir leidtut dir etwas vorgemacht zu haben. Ich wollte und will dir nicht wehtun. Nie. Aber ich liebe Askan. Deshalb musste ich gehen. Deshalb bin ich jetzt ein Tiger. Doch du bedeutest mir ebenfalls sehr viel. Du bist mein bester Freund, seit ich denken kann. Du hast mir immer vertraut, wie ich dir. Und nun habe ich alles zerstört. Ich...oh, das ist alles so schrecklich...es tut mir so leid!"

"Es ist in Ordnung, Kaela. Denkst du, ich habe nicht bemerkt, dass dich etwas verändert hat? Ich habe es nicht wahr haben wollen, aber jetzt ist es in Ordnung. Ich will...ich will das du glücklich bist...Lebewohl...", Dastans Stimme bröckelte und erstarb. Er war tot.

Ich schluchzte leise: "Lebewohl und ruhe in Frieden, Dastan. Du warst der beste Freund den man haben konnte!"
Dann wich ich zurück in die Schatten des Dschungels. Ich war zwiegespalten. Zum einen wollte ich so schnell wie möglich zu Askan, um zu wissen wie es ihm ging. Andererseits hatte ich Angst davor und würde am liebsten weglaufen. Weit, weit weg, wo mich niemand finden konnte.

 Der Prinz der TigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt