Immer noch rührte sich keiner und ich räusperte mich leise. Harry rieb sich mit einer Hand über den Nacken und lotste mich dann zur Kochinsel, an der auch Blondi stand.
„Leute", begann Harry und deutete auf mich. „Das ist Lacy. Lacy, das sind Niall, Liam und Louis. Zayn ist gerade nicht da, aber der kommt später bestimmt."
Ich nickte still und setzte mich nach kurzem Zögern auf einen der Stühle.
Blondi alias Niall grinste mich an: „Hast du Hunger?"
Kurz dachte ich nach. Ich hatte schon recht lange nichts mehr gegessen. Essen wäre jetzt eigentlich perfekt. Gerade, als ich nicken wollte, knurrte mein Magen laut auf. Blondi lachte nun los und holte einen Teller, Brot, Wurst und Käse aus den Schränken.
„Danke", meinte ich leise und er flötete ein „Bitte", während er zur Couch ging und sich dort neben Liam und Louis setzte, die mich immer noch anstarrten, ohne einen Ton von sich zu geben. Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl umher und versuchte ihren Blicken zu entgehen. Auch Harry schien es nun bemerkt zu haben. Er nahm sich einen Plastikbecher und warf ihn fluchend nach den beiden: „Wir sind doch hier nicht im Zoo, wo man durch die Gitter die Tiere anstarrt!"
Liam hatte den Becher aufgefangen und grinste, während Louis sich mit schuldbewusster Miene abgewendet hatte. Auch Harry hatte ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht, als er den Becher wieder zurückgeworfen bekam und ihn nun auf die Ablage stellte, wo er ihn auch her hatte.
Ich versuchte es bestmöglich zu ignorieren und belegte mein Brot mit Käse, bevor ich herzhaft zubiss. Es war, wie eine Geschmacksexplosion. Das hatte ich häufig, wenn ich lange Zeit nichts gegessen hatte. Auch wenn es nur ein Käsebrot war, war es einfach schön, mal wieder was zu essen. Als sie fertig war, stand sie auf und spülte ihren Teller in der Spüle ab, um ihn dann wieder in den Schrank zu stellen, aus dem Blondi ihn hatte. Als ich das erledigt hatte, wusste ich nicht so ganz, was ich nun tun sollte. Die Jungs saßen vor dem Fernseher und schienen sich einen Film anzusehen, den ich aber nicht kannte.
Sollte ich hier stehen bleiben, oder wieder in meine Ecke gehen? Mich zu ihnen setzen? Ich hatte keine Ahnung. Ich hatte mich gerade dazu entschieden, dass ich mich wieder auf den Stuhl setzen würde, als die Tür sich öffnete und ein weiterer Junge erschien. Seine Kleidung war patschnass. Es regnete wohl draußen. Seine Haare hingen ihm ins Gesicht und seine Miene zeigte, dass er ziemlich angepisst zu sein schien.
„Hey", murrte er und hängte seine Jacke an einen Kleiderhaken, der an der Wand hing. „Habt ihr sie schon..."
Bevor er zu Ende geredet hatte, hatte er mich schon entdeckt und verstummte. Er musterte mich neugierig und kam dann auf mich zu.
„Zayn", stellte er sich vor.
„Lacy."
Er nickte wissend und blickte dann zu den Jungs, die ihn nur kurz mit einem Winken begrüßt hatten, bevor sie wieder in den Fernseher sahen: „Willst du dich nicht zu ihnen auf die Couch setzen?"
Zayn schob mich, ohne auf eine Antwort zu warten, zu der Couch, wo Niall und Louis mir Platz machten, sodass ich mich neben sie setzen konnte. Zayn verschwand kurz und kam einige Minuten später in einem anderen Outfit wieder. Nun trug er statt seiner Jeans eine schwarze Jogginghose. Zu sechst saßen wir nun schweigend vor dem Film, von dem ich immer noch nicht wusste, worum es in ihm genau ging.
Es war eine merkwürdige Stimmung. Drückend. Keiner traute sich, diese zu unterbrechen und ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte. Wie sollte es weiter gehen? Würde heute Abend so weiter gemacht werden? Was hatten sie nun mit ihr vor? Sollte sie fragen?
Wenn du Köpfe rollen sehen willst, kannst du das ja gerne machen.
War das ein Nein?
Hm... mal überlegen? War das ein Nein? Natürlich war es das! Willst du sterben?!
Eigentlich nicht, aber es nicht zu wissen würde mich innerlich umbringen. Also entschied ich mich, sie zu fragen. Nur was sollte ich zuerst fragen? Mir schwirrte so viel im Kopf herum.
„Darf ich was fragen?", sofort schossen alle Blicke zu mir. „Was passiert jetzt mit mir?"
Ich konnte sofort bemerken, dass ich da irgendetwas getroffen hatte, denn die Jungs warfen sich alle so einen merkwürdigen Blick zu.
Schließlich räusperte sich Liam: „Du wirst erst einmal hier bleiben. Dann werden wir weiter sehen."
„Ich würde niemandem sagen, wer ihr seid. Ich schwöre es. Ich werde niemandem etwas sagen. Bitte, lasst mich gehen", meine Stimme klang flehend und ich sah sie alle bittend an, doch ihre Mienen wurden eiskalt.
„Nein!", stellte Harry dann klar. „Versuch es gar nicht erst."
„Aber wieso denn nicht?", wollte ich verzweifelt wissen. Ich wusste nicht, warum, aber ich wollte gerade so unbedingt nach Hause. In mein normales Leben zurück. Mit meiner Mutter. Sie mit einer Flasche Bier vor dem Fernseher sitzend. Mich nicht beachtend. Aber ich wüsste wenigstens, dass alles in Ordnung war. Dass ich in meinem gewohnten Umfeld war. Oder zu Stella. Auf eine von ihren bescheuerten Party's, zu denen ich nie mit wollte.Was würde ich dafür geben, jetzt dort zu sein und nicht in den Händen fremder Menschen. Das einzig positive an dieser Situation war, dass es junge Männer waren und keine pädophilen Alten.
Tränen schwammen in meinen Augen und verschleierten mir die Sicht, sodass ich gar nichts mehr sehen konnte. Die Jungs stöhnten gleichzeitig auf, als mir ein Schluchzen entwich.
Man! Was ist denn los mit dir? Hör auf zu heulen und Schwäche zu zeigen. Ich bitte dich!
Trotzdem konnte ich nicht aufhören. Von links schlangen sich zwei Arme um mich und ich lehnte mich sofort in die Umarmung hinein. Es war einfach gut, mal wieder eine tröstende Geste abzubekommen. Ich wusste nicht, wer es war, aber es half mir enorm, mich wieder zu beruhigen. Nach einer Weile hatten die Tränen aufgehört zu fließen und ich starrte nur noch auf meine Knie, die ich ganz nah an meinen Körper angezogen hatte. Als die Arme um mich herum sich vorsichtig wegbewegten und nur noch einer über der Lehne hinter mir liegen blieb, wagte ich mich, zur Seite zu sehen, wo Niall mich ein wenig besorgt anblickte.
„Alles wieder gut?", erkundigte er sich und ich wischte mir mit dem Handrücken über die Augen.
„Es geht", antwortete ich dann flüsternd.
Harry strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Alle Blicke waren auf mich gerichtet. Schon wieder. Das sollte wirklich nicht zur Gewohnheit werden, beschloss ich.
„Möchtest du schlafen?", wollte Harry wissen. Ich nickte. Ich wollte mich tatsächlich endlich ausruhen. Es war wohl ein recht langer Tag gewesen. Jedenfalls fühlte es sich so an. Die Uhr zeigte, dass es erst 16:38 Uhr war. Aber was sollte man tun?! Wenn man müde war, war man müde.
Harry erhob sich und reichte mir die Hand, die ich auch annahm, um mich dann von ihm hochziehen zu lassen.
„Gute Nacht, Lacy", verabschiedete sich Louis und ich erwiderte es, woraufhin auch die anderen ein „Gute Nacht", vor sich hinmurmelten.
Zusammen mit Harry ging ich eine knarzende Treppe nach oben. Es war ein großer Flur, in dem sechs Türen zu sehen waren.
„Jeder von uns hat ein eigenes Zimmer. Das ist das Badezimmer. Unten haben wir, wie du ja weißt auch eins. Zu fünft braucht man das eben manchmal. Du wirst kein eigenes Zimmer haben können. Zum einen, weil wir dich erst mal nicht aus den Augen lassen wollen und auch, weil es einfach keine Zimmer mehr gibt. Du wirst bei mir im Bett schlafen können und keine Angst. Es ist genug Platz für uns beide."
Harry hatte nicht gelogen. Obwohl ich eigentlich nicht so gerne mit einem der Jungs im Bett schlafen wollte, war genug Platz, sodass wir uns nicht in die Quere kommen würden. Sein Zimmer war größtenteils in blau gehalten und ich fühlte mich wirklich wohl hier. Selbst wenn hier nicht unbedingt die Ordnung herrschte, was ihm wohl auch etwas unangenehm war.
„Gute Nacht, Harry", meinte ich dann und ließ mich auf das Bett sinken. Er nickte mir zu.
„Ich geh wieder zu den Jungs. Bis dann", damit schloss er leise die Tür und ich konnte mich endlich entspannt zurücklegen und die Augen schließen.
Das oben im Bild ist Stella

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Vertauscht
FanfictionEigentlich wollte Lacy nur einen schönen Abend mit ihrer besten Freundin verbringen. Doch anstatt am nächsten Morgen auch in Stella's Zimmer aufzuwachen, befindet sie sich an einem Ort, von dem sie nicht weiß, wo er ist, ist gefesselt und vollkommen...