Kapitel 14

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--- Lacy POV ---

Nervös rieb ich meine Finger an der Hose ab und versuchte mich auf das Buch zu konzentrieren, das mir Harry geschenkt hatte, damit ich mich etwas ablenken konnte. Das einzige, was ich darüber noch wusste war, dass es den Titel „Stolz und Vorurteil" trug. Was mir darüber bekannt war, war eigentlich nur, dass es von Jane Austen geschrieben worden war, die vor etwa zweihundert Jahren gelebt hatte. Es war dementsprechend mit einer alten Sprache geschrieben und deshalb auch nichts, was ein Mädchen, wie ich und zu dieser heutigen Zeit einfach mal nebenbei lesen konnte. Dafür musste man schon aufmerksam sein und das ging gerade einfach nicht.

Vor drei Tagen hatte ich den Brief abgeschickt. Mir war klar, dass ich keine Antwort zu erwarten hatte, schließlich konnte Stella wegen dem fehlenden Absender kaum zurückschreiben. Dennoch wollte ich unbedingt wissen, wie es ihr ging, was sie dachte und ob sie mich vermisste. Diese Unwissenheit trieb mich wortwörtlich in den Wahnsinn.

Gerade, als ich wieder dem Buch zuwenden wollte, öffnete sich die Tür und Harry betrat das Zimmer. Sein Zimmer. Unser Zimmer. Wie auch immer.
„Hey", grüßte er und legte sich neben mich. Den Kopf zu mir gedreht. „Lenkt es dich ab?"
Ich schüttelte missmutig den Kopf: „Nein. Nicht wirklich. Es klappt einfach nicht."
Harry seufzte und nahm mir das Buch aus der Hand, um es dann auf den Nachttisch zu legen. Nun legte auch ich mich auf die Seite und sah ihn abwartend an. Ich war mir nicht sicher, wie lange wir uns in die Augen sahen, aber es war kein zwanghaftes oder unangenehmes Gefühl, wie es das so häufig war, wenn sich zwei Menschen lange in die Augen sahen. Es war angenehm und ich musste zugeben, dass es mich nun wirklich ablenkte.

Außerdem magst du es, so viel Zeit zu haben, um ihn so ausgiebig zu mustern, was?!

Meine innere Stimme klang spöttisch, was mir aber jetzt gerade einfach mal egal war, denn sie hatte recht. Ich genoss es, ihn so lange anzusehen. Seine grünen Augen strahlten so eine Ruhe und doch gleichzeitig so eine unglaubliche Lebensfreude aus.
Unwillkürlich versuchte ich noch näher an Harry heran zu kommen. Sah ich da etwa kleine graue Sprenkel in seinen Augen? Mein Gott! Wie konnte man nur so gut aussehen? Und er roch so gut.

Sein warmer Atem traf mein Gesicht und ich richtete meinen Blick auf seine vollen Lippen, die zu einem leichten Schmunzeln verzogen waren. Erst jetzt bemerkte ich, wie nah wir uns waren und wollte zurückweichen, doch seine Hand, die nun meinen Nacken umfasste hielt mich auf und sanft zog er mich wieder zu sich. Mein Herz schlug doppelt so schnell, wie normal. Stärker, als jemals zuvor und hätte ich gerade auf meinen Füßen gestanden, wäre ich spätestens jetzt eingeknickt.

Seine Lippen berührten meine und strichen leicht über sie. Meine Haut begann zu kribbeln und mir wurde warm. Unwillkürlich schloss ich meine Augen. Meine Hand wanderte zu seinem Arm und ich drückte mich näher an ihn heran, um noch mehr von ihm zu bekommen. Unsere Lippen bewegten sich vorsichtig aufeinander und es war tausend mal schöner, als diese ganzen nassen und unangenehmen Küsse, die ich bis jetzt von irgendwelchen betrunkenen Typen bekommen hatte.
Harry küsste viel besser. Ich konnte seine Hand spüren, die meine Hüfte umfasste und mich an ihn heran zog. Er rollte sich auf mich drauf und platzierte sein rechtes Knie zwischen meinen Beinen. Ein Ziehen durchzog meine Mitte und ich stöhnte auf. Auf meinen Lippen konnte ich Harry's Grinsen spüren.

„Ach du scheiße!", durchbrach dann aber plötzlich eine Stimme unser Tun und abrupt lösten wir uns von einander. Niall stand in der Tür. Seinen Mund und die Augen erschrocken aufgerissen. Sofort schoss mir das Blut in die Wangen und ich versuchte mich hinter Harry zu verstecken. Das war mir so peinlich. Harry stöhnte genervt auf.
„Niall!", stieß er dann aus. „Anklopfen!"
„Hab ich doch! Ihr habt nur die Tür nicht geöffnet!", verteidigte er sich und schien nun wieder an Sicherheit zu gewinnen.
„Ich... ich wollte euch nur sagen, dass Liam Kuchen gebacken hat", es schien, als wollte er noch etwas sagen, doch dann holte er nur tief Luft, bevor er diese scheinbar verzweifelt wieder ausstieß und sich wieder nach unten verzog.

Ich kniff die Lippen fest zusammen und blickte dann vorsichtig zu Harry, der noch immer auf die Tür starrte, die Niall beim Weggehen zugeworfen hatte. Er wirkte so, als wüsste er nicht genau, was er nun sagen sollte, denn nun wandte er seinen Blick nach unten.
„Bereust du es, mich geküsst zu haben?", wollte ich vorsichtig wissen, nicht sicher, ob ich die Antwort wirklich wissen wollte. Harry riss seinen Kopf ruckartig nach oben und blickte mich erschrocken an: „Was? Nein! Wieso sollte ich das bereuen? Ich... ich mag dich wirklich gerne und dieser Kuss.."
Er schien nach Worten zu suchen und ließ seine Augen durch das Zimmer wandern, bevor er mich wieder in Visier nahm: „Der Kuss hat mir wirklich gefallen und wenn du nichts dagegen hast, dann können wir ihn gerne wiederholen."

Ich musste anfangen zu grinsen und lehnte mich erneut zu ihm rüber, um ihm einen sanften Kuss auf die Lippen zu drücken. Er bewegte sich nicht und blickte mich einfach nur liebevoll an. Dieser Moment war wirklich schön, aber dann kam mir wieder etwas anderes in den Sinn. Beschwingt stand ich auf und reichte Harry, der mich verdutzt ansah, die Hand.
„Willst du etwa keinen Kuchen? Denn der wird ziemlich schnell leer sein, wenn wir uns nicht beeilen", erinnerte ich ihn und sofort sprang er auf. Zusammen liefen wir die Treppe nach unten und setzten uns zu den anderen an den Tisch.

„Na?", wollte ich von den anderen wissen? „Was macht ihr heute noch? Und wo ist eigentlich Louis?"
Niall antwortete mir schmatzend: „Louis ist in der Stadt unterwegs. Ich glaube er sucht wieder nach Arbeit. Und was wir heute noch machen? Also zuallererst..."
„Hörst du wohl auf, mit vollem Mund zu sprechen?", ermahnte Liam ihn. „Wir werden später wohl alle nochmal weg sein. Dann bist du alleine. Aber ich denke, wir können dir vertrauen, dass du keinen Blödsinn machst."
Ich nickte leicht. Selbst wenn ich es wollte, würde es nicht gehen. Sie würden alle Türen und Fenster abschließen. Ein Festnetztelefon hatten sie nicht und ihre Handys nahmen sie mit. Es gab keinen Weg hier aus diesem Haus heraus. Ich hatte in der zweiten Woche hier alles Mögliche versucht, was mir einfiel.

„Oh.. na dann werde ich mir wohl einen schönen Abend machen. Macht ihr denn auch irgendwas lustiges?", wollte ich fröhlich wissen. Liam nickte, wenn auch nur zögernd, bevor er antwortete: „Es ist im Prinzip, wie Wäsche waschen, was wir heute Abend machen. Nicht wirklich spaßig, aber nicht zu vermeiden und nichts, was uns umbringt."
Niall blickte bei dieser Erklärung skeptisch auf: „Wäsche waschen?"
„Man!", beschwerte Liam sich. „Das war doch nur ein Beispiel."
„Ein ziemlich schlechtes Beispiel, wenn du mich fragst", schaltete sich nun auch Zayn ein.
„Ja, aber ich habe nicht gefragt", Liam blickte genervt zu seinen Freunden.
„Ist ja gut. Entschuldige", besänftigte Zayn ihn und ich konnte sofort sehen, dass es Liam Leid tat, die beiden so angemotzt zu haben.

Die Zeit, bis die Jungs das Haus verließen, verbrachten wir vor allem schweigend. Harry und die anderen schienen irgendetwas wichtiges zu bereden, also hatte ich mich vor den Fernseher gesetzt und mir irgendwelche Dokus über Tiere angesehen.
Solange, bis Liam mir mitteilte, dass sie nun gehen würden. Die anderen verließen das Haus und Harry drückte mir im Vorbeigehen noch einen Kuss auf die Wange, bevor auch er verschwand und die Tür hinter sich zuzog. Dann hörte ich das laute Klicken des Schlosses, was mir sagte, dass abgeschlossen war. Sicher würden sie erst ganz spät in der Nacht wieder hier sein.





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