Kapitel 10

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--- Harry POV ---

Erleichtert seufzte ich auf, als ich die Tür hinter mir schloss. Es war eigentlich, abgesehen natürlich von Lacy's Heulanfall, ganz gut gelaufen. Jedenfalls war das meine Meinung. Als sie angefangen hatte zu Weinen, war mir kurze Zeit das Herz stehen geblieben. Ich hatte nicht gewusst, wie ich reagieren sollte. Sollte ich versuchen, sie zu trösten? Sie in den Arm nehmen? Und was, wenn sie diesen Körperkontakt gar nicht gewollt hätte?

Als Niall sie dann umarmt hatte, war die Eifersucht nur so in mir hochgekocht. Wieso, wusste ich nicht. Aber es hatte irgendwie geschmerzt, die beiden so zu sehen. Dieses Gefühl hatte ich noch nie gehabt. Mochte ich Lacy? Also mehr, als die anderen es taten? Mehr, als ich es eigentlich tun sollte? Sollte ich sie denn überhaupt mögen? Na ja, wieso sollte ich nicht? Ich war mir sicher, dass auch die anderen sie mochten. Das kam mir nämlich so vor. Außerdem tat es uns allen Leid, was sie hier durchmachen musste. Eigentlich hätte es sie ja nicht einmal erwischen sollen. Das heißt nicht, dass es besser gewesen wäre, wenn es Stella gewesen wäre. Oder doch... eigentlich wäre es das gewesen. Stella's Eltern hätten gezahlt und innerhalb von höchstens 48 Stunden wäre sie wieder hier raus gewesen. Für Lacy aber wurde nicht bezahlt. Sie hatte uns gesehen und sie kannte unsere Namen. Wir konnten sie nicht gehen lassen. Weder bevor sie wusste, wer wir waren, noch danach.

Verwirrt schüttelte ich den Kopf und machte mich wieder auf den Weg nach unten. Ich dachte heute wirklich zu viel nach. Wieso schwirrten mir denn solche Dinge im Kopf herum? Aber, wenn ich sie doch mochte. Also so wirklich...
Die Jungs würden mich für verrückt erklären und mich in eine Klapse stecken. Was hatte ich mir da eigentlich eingebrockt? Mochte ich sie denn überhaupt? Machte ich mir da nicht vollkommen unnötigerweise Gedanken?

„Hey Harry", meinte Louis, als ich mich wieder zu ihnen gesellte. „Wie geht es ihr?"
„Ich denke, ihr geht es den Umständen entsprechend gut."
Die anderen nickten und starrten weiter in den Fernseher. Alle schienen ziemlich mit sich selbst beschäftigt.
„Wie soll es denn jetzt weiter gehen?", wollte ich von den anderen wissen. Diese blickten sich kurz gegenseitig an, bis Niall dann mit den Schultern zuckte und Zayn anfing, zu seufzen.
„Ich würde sagen, wir machen ganz normal weiter. Was sollen wir schon tun?", erwiderte Liam dann. „Sie wird hier mit uns leben und wir gehen weiter raus und arbeiten."
Mit Arbeiten meinte er seine Straßenkämpfe und so.
Ich nickte leicht.

Der Abend zog sich dahin wie Kaugummi. Ich hatte das Gefühl, dass alle irgendwie ihren Gedanken nachhingen und sich kaum auf das konzentrierten, was im Fernseher lief, und das, obwohl es einer unserer Lieblingsfilme war. Aber ich konnte es ihnen nicht verübeln. Ich passte ja auch nicht auf. Meine Gedanken gingen eher in Richtung Lacy, Polizei und Geld. Ich versuchte eine Lösung zu finden für unsere Lage. Denn mit unserem „Plan" würden wir sicherlich nicht weit kommen.
Ich seufzte schwer und stand dann auf. Ich hatte keine Lust noch eine weitere Stunde hier zu sitzen und absolut nichts zu tun.

„Ich geh ins Bett", informierte ich die Jungs, die nickten. Louis stand ebenfalls auf.
„Ich komm mit", meinte er zu mir und gemeinsam gingen wir die Treppe hoch. Er war etwa drei Stufen vor mir. Zusammen liefen wir den Flur entlang. Unsere Zimmer waren sich gegenüber und als wir an unseren Türen ankamen und ich meine gerade öffnen wollte, hielt er mich am Arm fest und sah mich prüfend an.
„Ist alles okay mit dir?", wollte er wissen. „Du verhältst dich komisch."
Ich schüttelte den Kopf: „Was soll denn sein?"
Meine Stimme klang recht schroff, doch Louis wäre nicht Louis, hätte er sich davon auch nur annähernd beeindrucken oder einschüchtern lassen. Stattdessen holte er einmal tief Luft, bevor er erneut begann, zu reden: „Seit sie da ist, verhältst du dich so anders. Ich weiß, dass das für uns alle auch schon so, eine sehr angespannte Situation ist und seit wir wissen, dass sie nicht Stella Brown ist, erst Recht. Aber bei dir ist es noch etwas anderes. Ich kenne dich doch. Du bist mein bester Freund."

Ich schluckte schwer und blickte auf den Boden. Wie konnte ich nur glauben, es würde ihm nicht auffallen, dass etwas anders war? Er kannte mich besser, als jeder andere Mensch. Er war immer an meiner Seite und stand zu mir. Aber, wie konnte ich ihm erklären, was los war, wenn ich es doch selbst gar nicht wusste. Was sollte ich den da bitte sagen?
Ahnungslos zuckte ich also mit den Schulter: „Ich weiß selbst nicht, was mit mir los ist. Keine Ahnung."
Louis begann leicht zu lächeln und seine Augen wurden etwas weicher: „Wenn du es weißt und jemanden zum Reden brauchst, weißt du, wo du mich findest."
Ich nickte und drehte mich dann um, um in meinem Zimmer zu verschwinden.

Leise schloss ich die Tür hinter mir. Lacy lag schlafend in der Mitte des Bettes. Die Decke lag bereits halb auf dem Boden. Halb hatte sie sich darin eingeknotet. Die Kleidung, die sie trug, waren ihr viel zu groß. Es sah wirklich süß aus, wie sie da lag. Leicht musste ich lächeln, bevor ich mir mein T-shirt und meine Jogginghose auszog. Ich schlief immer nur in Boxershorts. Das war einfach am bequemsten. Da konnte mir keiner was anderes erzählen.
Vorsichtig ließ ich mich auf das Bett sinken und legte mich hin. Mit dem Versuch, Lacy nicht zu wecken, probierte ich, so gut, wie ich konnte, die Decke zu entwirren, um sie dann über uns zu werfen. Lacy murrte leise irgendetwas vor sich hin, bevor sie dann weiter zu mir rutschte, damit sie noch weiter unter der Decke lag.

Ihr warmer Atem streifte meine Wange und sofort spürte ich, wie die Hitze in mir aufstieg und ich ihren Geruch einatmete. Sie roch wirklich gut. Irgendwie süßlich. Aber auch den Geruch von meinem Duschgel bemerkte ich. Es war eine tolle Mischung und ich lehnte mich zu ihr, um sie noch intensiver zu spüren. Ihre Körperwärme breitete sich unter der Decke aus und erreichte mich. Ich seufzte wohlig auf, bis sie plötzlich noch näher zu mir rückte und ihre Arme um meinen Bauch schlang. So, wie sie es zuvor auch schon mit der Decke gemacht hatte, legte sie je einen Arm und ein Bein über mich, während ich vollkommen erstarrt dalag und mich nicht rührte. Als sie aufhörte, sich zu bewegen, entspannte ich mich wieder. Ihr Gesicht sah vollkommen entspannt aus. Was für ein schöner Anblick. Einen Arm legte ich zaghaft um sie, mit der anderen Hand strich ich ihr eine in die Augen hängende Strähne hinters Ohr, bevor ich diese Hand auf ihren Unterarm legte und mich seufzend zurücklehnte. Es war schön, hier so zu liegen. Ganz entspannt und mit diesem schlafenden Mädchen in meinen Armen. Wenn es doch nur jeden Tag so wäre.

--- Harry POV Ende ---

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