Kapitel 12

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--- Harry POV ---

Die beiden so zu sehen, störte mich. Diese Umarmung störte mich. Er sollte sie nicht umarmen. Louis sollte sie nicht umarmen. Niall sollte sie nicht umarmen. Es war nicht fair, dass sie ihnen so vertraute. Von mir würde sie sich sicher niemals umarmen lassen. Vermutlich hatte ich die beiden gerade ziemlich ungünstig unterbrochen. Wer wusste schon, was die noch alles getan hätten.

„Nein, danke", lehnte ich schließlich ab. Plötzlich wurde Louis' Grinsen größer. Dann stürzte er sich auf mich. Bevor ich registrieren konnte, was er vorhatte, hatte er mich auch schon erreicht und drückte mich fest an sich. Wild begann ich mit meinen Armen zu strampeln. Verdammt! Der war kleiner, als ich und dennoch schaffte ich es nicht, mich aus seiner Umarmung zu befreien.
„Beruhig dich, Hazza", murmelte er, was mich dazu veranlasste, meinen Mund schmollend zu verziehen. Ich wollte mich nicht beruhigen. Ich wollte sauer auf ihn sein, weil er sie umarmen durfte und ich nicht. Andererseits war er mein bester Freund und ich konnte kaum wütend auf ihn sein.

Ein melodisches Lachen unterbrach meine düsteren Gedanken und mein Blick schoss sofort zu Lacy, die kichernd auf dem Stuhl saß.
„Du müsstest deine schmollende Miene mal sehen. Wie bei einem kleinen Kind, dem man einen Lolli geklaut hat", lachte sie. Ihre Augen funkelten dabei verspielt. Sofort beruhigte ich mich. Alle Gedanken an Louis' und Lacy's Umarmung waren vergessen. Nur noch das Bild des fröhlich lachenden Mädchens spukte in meinem Kopf herum.

Lacy war wirklich schön, wenn sie lächelte. Sollte ich ihr das sagen? Lieber nicht. Sie würde mich für verrückt erklären. Aber es war trotzdem schön, dass sie mittlerweile in einigen Momenten vergessen konnte, dass sie entführt worden war.

--- Lacy POV ---

Es tat so gut, dass ich seit langem mal wieder lachen konnte. Es war ein befreiendes Gefühl. Wie wild geworden kicherte ich vor mich hin. Der Gesichtsausdruck von Harry war grandios. Wie er versuchte, den kleineren Louis wegzuschieben, der sich aber weiter an ihn klammerte. Dieses Bild würde sie sich einprägen und nie, wirklich nie nie niemals! vergessen. Sein schmollender Mund setzte dem ganzen noch die Krone obendrauf. Es war wie die Kirsche auf einem Sahnehäubchen. Wie die Streusel auf einem Schokoladeneis. Wie... wie... wie etwas wunderbares eben.

Louis ließ Harry nun mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht wieder los und stellte sich normal daneben. Auch Harry hatte sich wieder etwas beruhigt und seine Mundwinkel zuckten verdächtig. Na also. Er fand es gar nicht so schlimm. Wieso auch? Umarmungen waren ja etwas tolles. Jedenfalls, wenn man von Menschen umarmt wurde, die man mochte.

„Oh... Harry", meinte ich kichernd. „Nicht schmollen, ja?"
„Mach ich gar nicht", widersprach er, machte aber ein gespielt beleidigtes Gesicht.
„Doch!", lachte ich und sprang von meinem Suhl auf. Ganz nah trat ich an ihn heran und zog mit meinen Zeigefinger seine Mundwinkel von unten nach oben. Ich spürte genau, wie er sich kurz anspannte und dann wieder lockerließ, bevor er von ganz alleine anfing zu lächeln. Es war ein schönes Lächeln. Er sah aus, wie ein ganz normaler Junge. Nicht, wie ein Entführer. Was wohl gewesen wäre, wenn ich ihn auf normalem Weg in der Schule kennengelernt hätte? Oder auf einer Party?
Wehmütig dachte ich daran. Aber, was wäre denn passiert? Wären wir vielleicht mal miteinander ausgegangen? Stand er denn überhaupt auf mich? Ganz egal, ob in der Schule oder hier? Denn das wäre ja mal sowieso eine Voraussetzung. Dass er mich mochte. Auf diese Weise.

Magst du ihn denn auf diese Weise?

Ich glaubte schon, dass ich ihn so mochte. Aber wie konnte ich das überhaupt sagen? Ich kannte ihn ja kaum. Oder konnte man das auch sagen, ohne jemanden zu kennen? Wie dieses 'Liebe auf der ersten Blick'? Man kannte die Person nicht, sah sie nur einmal an und war verliebt? Also so war es hier sicherlich nicht abgelaufen? Aber konnte dieses Prinzip denn überhaupt funktionieren?

„Worüber denkst du nach?", wollte Louis wissen und riss mich damit aus meinen Überlegungen.
„Über gar nichts. Nur, was es zu Essen gibt. Habt ihr auch Hunger?", wollte ich von den beiden Jungs wissen? Sofort nickten sie und ich lief zum Kühlschrank. „Ich mach besser für alle was."
„Du musst uns nichts zum Frühstück machen", erinnerte Harry mich. „Du bist nicht unsere Sklavin. Außerdem sind wir große Jungs."
„Ich möchte aber und ich habe sonst eh nichts besseres zu tun", gab ich zurück und begann dann damit Rührei und Bacon in der Pfanne zu braten.

Es dauerte nicht lange, bis auch die anderen Jungs runterkamen. Alle hatten fast das gleiche an. Boxershorts und ein T-shirt. Als Zayn dann aber nur in Boxershorts die Treppe runter spazierte, bekam ich große Augen. E war nicht so, dass ich noch nie einen nackten Jungen gesehen hätte. Mal von Louis abgesehen, aber trotzdem durfte ich ja wohl gucken. Oder? Ich war schließlich auch nur ein Mensch und Zayn sah schon wirklich gut aus. Auch, wenn er nicht wirklich mein Typ war. Aber egal.
„Man Zayn!", meckerte Louis. „Zieh dir was über. Wir haben ein Mädchen hier!"

Oh menno!

Dein Typ ist er wohl schon? Ich grinste in mich hinein, während meine kleine innere Stimme sich über Louis Vorschlag beklagte.
Diese Situation kam mir gerade so normal vor. Als hätte ich noch nie etwas anderes getan. Ich stellte uns alles Frühstück auf den Tisch und dann aßen wir gemeinsam.
Es war, wie ein Déjà vu. Aber irgendwie ein schönes Déjà vu.
Leicht lächelte ich und setzte mich dann zu den Jungs an den Tisch.


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