Kapitel 1

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„Man, heute ist es verdammt kalt" sagte mein Kollege, nachdem wir uns gerade einen Kaffee geholt hatten. Es war einer der kältesten Januar-Monate seit Jahren. Seit bereits 7 Stunden waren die beiden Rettungssanitäter im Dienst, mittlerweile war es 23:20 Uhr bei -12° Außentemperatur.

Die Schicht der beiden verlief bisher relativ ruhig, wobei man in Köln nie wirklich von ruhigen Schichten sprechen konnte.

Franco und Yannick hatten die Opfer einer Kneipenschlägerei verarztet, einer gestürzten Joggerin geholfen und eine kleine Schnittverletzung bei einem Kochunfall versorgt.

So kam es, dass Franco und Yannick ihre erste Pause seit Beginn der Schicht genießen wollten, als sie ein Funkspruch erreichte, um sie zu ihrem nächsten Einsatz zu holen.

Paul Richter und Robin Sturm sind beste Freunde. Die beiden Polizisten sind mit Leib und Seele ihrem Job Treu und hatten an dem heutigen Januar Abend das Vergnügen, auf Streife zu sein. Gegen 23 Uhr erreichte die beiden ein Funkspruch. „Arnold für Arnold 13/25" klang es aus dem Funkapparat. „Arnold hört" ließ Robin die Leitstelle wissen. „Fahrt bitte in die Leibnizstraße 25. Anonyme Anrufer melden eventuellen Hausfriedensbruch in einer Gartensiedlung. Sie haben Geräusche und Bewegungen wahrgenommen. Guckt euch das bitte mal an." Informierte die Leitstelle die beiden jungen Polizisten über ihren nächsten Einsatz.

Ein Hausfriedensbruch in einer Gartensiedlung in der Jahreszeit war nichts Ungewöhnliches, war der Januar doch um ein vielfaches kälter als in den Jahren zuvor.

Wenig später erreichten Robin und Paul den Einsatzort. Sofort sahen sie die Beamten den betreffenden Garten, denn das Tor stand weit offen.

Mit einem Blick zücken beide Beamte ihre Taschenlampe, Robin das Pfefferspray während Paul sich mit seiner Dienstwaffe bewaffnete. „Du gehst links rum" flüsterte Paul seinem jüngeren Kollegen zu. Langsam und in gebückter Haltung tasteten sich die beiden Polizisten vor und leuchteten mit ihren Taschenlampen den Garten aus.

Von den Kegeln erleuchtet sahen sie schließlich einen regungslosen Menschen liegen, eine junge Frau, die offensichtlich schwer misshandelt wurde und stark unterkühlt ist.

„Arnold 13/25 für Arnold. Schickt uns bitte sofort einen RTW an die Einsatzörtlichkeit. Bewusstlose, unterkühlte weibliche Person aufgefunden" sprach Robin in den tragbaren Funkapparat.

„Hallo, hörst du mich? Hier ist die Polizei. Es wird alles gut". Paul sprach mit ruhiger und kraftvoller Stimme auf die junge Frau ein, die sich jedoch nicht rührte.

Wenig später erreichten die beiden Rettungssanitäter Franco Fabiano und Yannick Brandt den Einsatzort. „Hey Jungs, was gibt's?".

„Paul und ich wurden zu einem Einsatz gerufen wegen eventuellem Hausfriedenbruchs. Dabei haben wir dann die junge Frau hier gefunden. Sie sieht stark unterkühlt und schwer misshandelt aus" brachte Robin seine Kollegen auf den neusten Stand.

„Hallo, hier sind die Sanitäter. Hörst du mich?" versuchte Franco das bewusstlose Mädchen aufzuwecken. „Yannick, bestell sofort noch einen NEF nach. Sie hat eine große Kopflatzwunde."

Behutsam öffnete Franco eine der Rettungsdecken und breitet sie hinter dem Mädchen aus. „Keine Angst, das knistert jetzt ein wenig, aber wir wollen doch nicht, dass du uns noch weiter auskühlst. Wir werden dich gleich darin einwickeln, dann wird es dir ganz schnell wärmer werden" redete Franco auf das bewusstlose Mädchen ein.

Mit Hilfe des Polizisten Paul brachte er die Rettungsdecke unter die Frau, da Yannick noch mit dem Anfordern des NEF beschäftigt war.

„Ich muss jetzt erst mal einen Zugang legen. Guckt ihr beiden euch hier mal um, ob ihr eventuell was findet? Wie sie heißt, wie alt sie ist, wo sie her kommt etc.? Sie kann ja nicht vom Himmel gefallen sein."

„Ja, klar machen wir das. Wenn sie aufwacht, sag uns bitte Bescheid. Weißt du schon, wo ihr sie später hinbringt?"

„Kann ich dir jetzt noch nicht sagen. Ich sag dir Bescheid, sobald ich Infos habe."

Yannick bereitete schon alles für eine Infusion vor als die junge Frau mit ihren Fingern zuckte und sie langsam ihre Augen öffnet. Verwirrt schaute sie um sich und versuchte, ihre steifen Gliedmaßen zu bewegen.

„Wo... bin ich?" brachte die junge Frau aus leicht bläulichen Lippen hervor.

„Hey, mein Name ist Franco. Ich bin vom Rettungsdienst. Du wurdest in einer Gartensiedlung gefunden, aber keine Sorge, wir kümmern uns jetzt um dich. Wie heißt du denn?"

„Mila. Ich heiße Mila." Kleine Tränen flossen aus den Augen des Mädchens.

„Mila, weißt du, was passiert ist?"

„Ja..." ist die einzige Antwort, die die beiden Rettungssanitäter nach einer kurzen Pause zu hören bekamen.

Im Hintergrund hörte man bereits das NEF anfahren. Dr. Silke Konrad war heute als Notärztin unterwegs.

Ihr Fahrer, Omar, folgte Dr. Konrad zur Einsatzstelle. Als Mila die Ärztin entdeckte, riss sie ihre Augen auf und die Pupillen weiteten sich.

„Nein, nein... Nein..." wehrte sie sich gegen die Behandlung von Yannick und Franco. „Ich will nicht, bitte!" wurde das Flehen des Mädchens immer lauter.

„Hey, hey, was ist denn los? Dir passiert doch nichts." Versuchte Franco sie zu beruhigen.

„Nein, bitte... Bitte nicht" Mila war kaum zu beruhigen und einem hysterischen Anfall nahe, als Dr. Konrad die beiden Sanitäter und das Opfer endlich erreichte.

„Was gibt's denn, Franco?"

„Ca. 20-jähriges Mädchen. Ihr Name ist Mila. stark unterkühlt, bei Antreffen bewusstlos, mittlerweile ansprechbar. Aber wie du siehst, ist sie gerade in Panik geraten. Wir wissen nicht, warum. Es hat eigentlich begonnen, als du in den Garten kamst."

„Hey, Mila. Ich bin Silke. Ich bin die diensthabende Notärztin und werde mich jetzt um dich kümmern, okay?"

„NEIN, nicht, bitte. Oh, bitte, nicht anfassen" flehte Mila weiterhin. Als Silke das Mädchen am Arm berührte, verfällt Mila so sehr in Panik, dass sie nur noch schreien konnte und sich in Embryostellung zusammenkauerte.

„Silke, geh bitte noch mal einen Schritt weg. Ich weiß nicht, was los ist, aber ich werde es herausfinden."

Die Polizisten nahmen sich der Notärztin an, um sie über ihre bisherigen Kenntnisse aufzuklären.

„Mila, sie ist weg. Was ist passiert? Red bitte mit mir"

Sanft streichelte Franco Mila über die schulterlangen Haare. Yannick beruhigte sie mit leichten Streichlungen auf dem Rücken.

„Ich wurde entführt. Von vier Frauen. Die haben... Sachen mit mir gemacht" brach es aus Mila heraus. „Sachen, die ich nicht wollte.... Sie haben mich angefasst und mich eingesperrt." Zum Ende hin wurde ihre Stimme immer leiser. Ihre zu Anfang noch kleinen Tränen hatten sich zu einem Tränenmeer entwickelt. Paul, der nah hinter Franco stand, blieb erst mal der Mund offen stehen.

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