Kapitel 9

1.1K 36 0
                                    

Paul stand vor ihr, am Fußende des Bettes und sah sie erschrocken an.

„Mila, was ist los?" Sofort war er an ihrer Seite, nahm sie in seine Arme.

„Ich habe von dem Tag geträumt, als man mir sagte, meine Eltern seien tot... Es hat geklingelt und dann standen da die beiden Polizisten. Ich habe es an ihren Mienen schon gesehen, dass irgendwas passiert ist."

„Es hat eben jemand an der Tür geklingelt... Oh Gott... Es war nur ein Traum, okay?"

Mila nickte. Bei Paul fühlte sie sich sicher. Er strahlte Ruhe und Geborgenheit aus.

„Sollen wir mal nachsehen, wer das war?" fragte Paul nach ein paar Minuten.

Nickend stand Mila auf und folgte Paul aus dem Zimmer.

Franco saß gemeinsam mit Robin am Wohnzimmertisch.

„Franco!" rief Mila erfreut, als sie sah, wer da zu Besuch gekommen war.

„Hey, Kleines. Geht es dir gut? Ist was passiert? Du siehst ganz weiß aus." Besorgnis breite sich auf Francos Gesicht aus.

„Ich habe eben von dem Tag geträumt, als man mir die Nachricht mit meinen Eltern überbrachte. Das Klingeln...." Traurig sah Mila zu Boden. Sie fand ihr Verhalten total bescheuert. Es war nun wirklich nichts passiert. Sie wollte auch nicht, dass sich jemand schuldig fühlte, doch es war zu spät.

„Oh nein, das tut mir total leid, Mila. Komm, setz dich neben mich."

„Dir muss das nicht leidtun. Bitte. Keine Schuldgefühle." Sie setzte sich zu Franco und umarmte ihn.

Irgendwie machte dieses Bild Paul eifersüchtig. Das muss ich mir ganz schnell wieder aus dem Kopf schlagen. Franco ist Mitte 30. Er wird nicht an Mila interessiert sein.

Paul setzte sich auf den letzten freien Sessel, der im Wohnzimmer stand.

„Was wollt ihr heute noch machen?" fragte Franco schließlich.

„Keine Ahnung. Weißt du was, Robin?"

„Ne, leider nicht. Heute Morgen haben wir nur einen Film geguckt. Ich wäre dafür, dass wir was zu Essen machen."

„Super Idee. Tom fragte mich vorhin, ob wir heute Abend nicht was zusammen machen wollten. Seine Freundin hat ihn wohl versetzt" scherzte Franco.

„Mila, denkst du, du würdest mit uns ausgehen wollen?" fragte Paul verschmitzt.

„Was soll ich nur anziehen?" war Milas entgeisterte Antwort.

Damit hatte nun keiner der Drei gerechnet und schallendes Gelächter brach aus.

„Hey, was ist daran jetzt so lustig?"

„Das war so eine typische Antwort, die kann nur von einer Frau stammen" brachte Paul unter Lachen hervor.

„Ich habe noch Klamotten von meiner Schwester hier" meinte Robin schließlich.

„Die sollten dir eigentlich passen. Wartet kurz."

Mit diesen Worten verschwand Robin und kam kurz drauf mit einer Jeans und einem schicken Oberteil zurück. Er gab die Sachen Mila, die sich auf den Weg ins Bad machte, um die Sachen anzuprobieren.

Im Spiegel betrachtete sie sich. Sie sah wirklich schlecht aus. Ihr Gesicht war bleich, ihre Augen wirkten eingefallen, doch die Klamotten passten. Kann ich das wirklich? Dort werden bestimmt viele Menschen sein. Aber ich kann mich doch nicht ewig verstecken...

„Du siehst gut aus, Mila." Sie erschrak und drehte sich um, nur um Pauls Gesicht zu erblicken. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus und sie errötete leicht. „Danke" murmelte Mila und versuchte, sich an Paul vorbeizuschieben.

„Ich meine das ernst" sagte Paul noch, eher er sie vorbeiließ.

„Also, wir treffen uns mit Tom in 30min in diesem kleinen Restaurant. Das amerikanisch eingerichtete mit den Sitzecken, die recht privat sind" sagte Robin, der gerade mit Telefonieren fertig wurde.

„Klasse! Sollen wir hinlaufen? Dann sieht Mila noch ein bisschen was von Köln. Heute ist es auch nicht ganz so kalt."

„Klaro" war die Antwort aller auf Pauls Frage hin.

Schnell zogen alle ihre Jacken an, Paul gab Mila noch ein paar Handschuhe, damit sie nicht fror.

Vor dem Haus postierten Franco und Robin sich hinter Mila und Paul. So konnte Mila alles sehen, was vor ihr geschah und musste sich keine Sorgen machen, dass jemand von hinten kam.

Paul hakte ihren Arm in seinen ein und so ging die Vierergruppe recht fröhlich zu dem Restaurant, in dem sie Tom treffen würden.

„Wer ist dieser Tom eigentlich?" fragte Mila schließlich.

„Er ist ein Kollege von Paul und mir. Wir haben alle zur ungefähr selben Zeit hier in der Wache angefangen und kennen uns schon Jahre" kam die Antwort von hinten.

„Ah, da vorne ist er schon" sagte Paul und winkte mit seinem freien Arm.

„Hey, da seid ihr ja. Du musst Mila sein. Ich bin Tom." Mila nahm die ausgestreckte Hand gerne an.

Tom war ihr gleich sympathisch. Er war riesig. Mit ihren 1.65m musste sie ihren Kopf ganz schön in den Nacken legen, um zu ihm hochschauen zu können.

Erneute lachten Paul, Robin und Franco bei dem Bild, das sich da vor ihnen bot.

„Ja, so geht uns das auch" sagte Paul schließlich. „Tom ist schließlich der Riese auf der Wache."

Mila musste lachen. Sie fühlte sich bei den Jungs richtig geborgen, denn alle waren wirklich nett zu ihr. Sie gaben ihr gleich das Gefühl, dazuzugehören. In ihrer alten Heimat hatte sie nicht viele Freunde. Die meiste Zeit des Tages verbrachte sie im Internet mit PC-Spielen oder Musik hören. Darüber hatte sie einige Menschen kennengelernt, die aber alle nicht in Deutschland wohnen.

„Hey, hörst du mich?" fragte Paul und schnipste mit einem Finger vor Milas Gesicht. Verwirrt wachte Mila aus ihrer Starre auf. „Oh, ja, klar. Lasst uns reingehen, ja?"

Paul schaute sie etwas besorgt von der Seite aus an, aber auch ihm wurde es langsam kalt.

Robin hatte zuvor schon eine private Sitzecke per Telefon reserviert. Zu fünft quetschten sie sich um den Tisch. Mila versteckte sich in der hintersten Ecke und hatte Paul neben sich sitzen. Es wurde ein lustiger Abend, denn die drei Polizisten hatten von einer Menge lustiger Einsätze zu berichten.

Mila ist so still, aber sie hat dieses Leuchten in den Augen, dachte sich Paul einige Male. Er hoffte, dass der Abend Mila auch gefallen würde. „Ich denke, wir sollten langsam nach Hause gehen. Unsere Kleine hier kann sich ja kaum noch wach halten" verkündete Paul schließlich, als Mila zum wiederholten Male gähnte.

„Ihr müsst wirklich nicht wegen mir gehen. Es ist doch gerade so lustig..." wollte Mila protestieren, aber die Männer hatten sich schon erhoben. Grummelnd rutschte Mila aus ihrer Ecke, die ihr in den letzten zwei Stunden Schutz geboten hatte.

Paul hielt Mila schon ihre Jacke hin und sie nahm das Angebot dankend an.

„Dann macht's mal gut, Jungs und kommt gut nach Hause" verabschiedete sich Tom vor dem Restaurant. Er hatte die Frühschicht am folgenden Tag und würde nicht so viel Schlaf wie sonst kriegen.

Franco verabschiedete sich ebenfalls und umarmte Mila ein letztes Mal, bevor er sich auf den nach Hause Weg machte.

Robin, Paul und Mila waren heilfroh endlich in ihrer Wohnung angekommen zu sein, denn draußen war es wirklich kalt geworden.

Mila träumte schlecht in dieser Nacht. Sie träumte von den Polizisten, die ihr die schlechte Nachricht überbrachten, von den Frauen, die sie entführten. Dunkelheit breitete sich in ihrer Brust aus. Es hatte sie fast übermannt, doch dann hörte sie Pauls und Francos Stimme. Paul, dieser süße junge Polizist, der sich sehr um sie zu kümmern schien.

Ein Neustart mit Hindernissen | Auf Streife | Auf Streife die SpezialistenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt