Nicht nur Paul blieb der Mund offen stehen. Für einen Moment hielten auch die beiden Sanitäter inne. „Mila, das ist okay. Niemand wird dich anfassen, von dem du nicht angefasst werden möchtest, okay?" brachte Franco schließlich nach einer kurzen Pause hervor. Wie kann man so etwas nur einem jungen Mädchen antun ist das Einzige, an das Franco wirklich denken konnte.
Langsam beruhigte sich die Atmung von Mila wieder. Sie nickte ganz leicht und schien den Worten Francos zu glauben.
„Yannick, rede du bitte mit Silke. Wir müssen sie hier wegkriegen. Sie ist wirklich stark unterkühlt."
Der jüngere der beiden Sanitäter ging daraufhin zu Silke, die sich nicht in Sichtweite von Mila aufhielt. „Silke, du hast das mitbekommen, oder?" Immer noch geschockt von dem, was sie da gehört hatte, konnte die Ärztin nur nicken. „Also, sie ist ca. 20 Jahre alt, Prellungen, Schürfwunden am ganzen Körper. Sie hat eine Kopfplatzwunde. Zugang haben wir ihr gelegt. Sollen wir direkt ins Krankenhaus fahren oder noch einen männlichen NEF nachbestellen?"
„Nein, nein, fahrt ihr ins Krankenhaus. Sie ist soweit stabil, oder?"
„Ja, ist sie."
„Gut, dann fahrt ihr ins Krankenhaus. Ich glaube, in der Klinik am Südring hat Nils heute Dienst. Es sollten auch einige Pfleger anwesend sein, damit sie nicht erneut in Panik gerät. Wir brauchen unbedingt einen Psychologen oder eine Bezugsperson."
„Francos und meine Schicht ist jetzt sowieso zu Ende. Sie scheint Vertrauen zu ihm gefasst zu haben. Vielleicht kann er ja bleiben."
„Das müsst ihr im Krankenhaus entscheiden. Ich bin kein Psychologe. Es ist nicht gut, wenn sie zu stark auf ihn fixiert ist. Aber nun gut. Es ist, wie es ist. Omar, hilf du den beiden, sie auf die Trage zu bringen. Ich gehe schon mal zurück zu unserem Auto, damit sie mich nicht sieht."
„Hey, Mila, es wird alles wieder gut, okay? Guck mal, das sind Robin und Paul von der Polizei. Ist es okay, wenn sie dir einige Fragen stellen?" Franco nickte den beiden Beamten zu.
„Ja..."
„Hey Mila, ich bin Paul von der Kölner Polizei..."
„Köln? Ich bin in Köln?" schrie Mila fast schon hysterisch. „Wie zur Hölle komme ich nach Köln?" brachte sie unter Schluchzen hervor.
„Du kommst nicht von hier?" Pauls Augen wurden größer. Das Mädchen wurde nicht nur entführt und missbraucht, sie wurde auch in eine gänzlich andere Stadt verschleppt.
„Nein! Ich wohne in der Nähe von Karlsruhe."
„Kannst du mir deinen vollen Namen sagen?"
„Mila Bauer."
„Und wie alt bist du?"
„22".
„Jungs, wir müssen sie dringend ins Krankenhaus bringen" unterbrach Franco die Befragung des Mädchens. Yannick hatte in der Zwischenzeit die Trage geholt.
Behutsam hoben die Sanitäter und die beiden Polizisten Mila auf die Trage.
„Wir fahren zur Klinik am Südring" werden die beiden Beamten informiert.
„Alles klar, wir kommen dann dort hin."
"Mila, wir bringen dich jetzt ins Krankenhaus. Dort kümmern wir uns um deine Verletzungen, okay?" Stumm nickte das Mädchen. Die Worte des Sanitäters beruhigten sie.
„Ich habe uns schon angemeldet und die Situation geschildert. Ein Team ist dementsprechend in Bereitschaft" informierte Yannick seinen Kollegen.
„Jetzt wird's gleich wärmer, Mila" informierte Franco seine Patientin, als sie in das Innere des Krankenwagens geschoben wurde. Sie nahm das alles jedoch nur noch halb wahr. Sie war erschöpft und müde und endlich musste nicht jeder Muskel ihres Körpers darauf lauschen, ob wieder eine ihrer Entführerinnen einen sexuellen Gefallen von ihr wollte.
„Halt die Augen offen, Kleine. Ich weiß, dass es schwer ist, aber nicht einschlafen" riss Franco sie aus ihren Gedanken. Sanft drückte er ihre Hand und lächelte sie an.
Der andere Sanitäter muss vorne eingestiegen sein dachte Mila sich, als sich der Krankenwagen langsam in Bewegung setzte. Er bewegte sich so rhythmisch hin und her, so dass es ihr noch viel schwerer fiel, ihre Augen offen zu halten.
„Sollen wir jemanden für dich anrufen?"
„Da gibt es niemanden...." Lautete die traurig klingende Antwort.
„Wie, deine Eltern, die werden sich doch Sorgen um dich machen und wollen wissen, wie es dir geht."
Milas Puls ging in die Höhe. All ihre Emotionen, von denen sie dachte, sie so gut verschlossen zu haben, strömten auf sie ein. Irgendetwas in Milas Gesicht musste sich auch verändert haben, denn der Sanitäter war plötzlich ganz besorgt um seine junge Patientin.
„Hey, was ist denn los? Lassen wir das Thema erst mal" versuchte er sie zu beruhigen. Aber es war zu spät. Mila konnte den Tränenfluss nicht mehr stoppen. Sanft streichelte Franco ihr über die Wange, redete beruhigend auf sie ein, doch es brachte alles nichts. Die Tränen liefen und liefen, bis sie das Krankenhaus erreicht hatten.
„N'abend, Franco" wurde der Rettungssanitäter begrüßt, als Yannick den Wagen erfolgreich zum Krankenhaus manövriert hatte.
„Hey, Nils. Das hier ist Mila Bauer. Sie ist 22 Jahre. Stark unterkühlt, Kopfplatzwunde, Prellungen und Schürfwunden am ganzen Körper, sexueller Missbrauch" brachte Franco den diensthabenden Arzt Nils Mayr auf den neusten Stand. Allein auszusprechen, was dem Mädchen angetan wurde, tat Franco in der Seele weh.
„Dann sehen wir uns das doch mal an. Guten Abend Frau Bauer. Ich bin Dr. Mayr, der diensthabende Arzt" sprach der Arzt freundlich, während er half, die Trage behutsam aus dem Krankenwagen zu ziehen.
Während Mila in das Innere des Krankenhauses geschoben wurde, sieht sie nur auf Franco. Dieser hielt ihre Hand fest in seiner und schaute ihr tief in die Augen. Bei ihm fühlte sich Mila so geborgen und sicher. Niemand könnte ihr etwas tun, so lange Franco in der Nähe war.
Nach dem Umlagern auf eine der Krankenhausliegen fing Dr. Nils Mayr direkt mit der Behandlung an.
„Franco, bitte geh nicht" flehte Mila gerade als der Sanitäter seine Hand aus ihrer befreien möchte.
„Aber natürlich bleib ich, wenn du das möchtest. Lass mich nur eben meine Jacke ausziehen, okay? Ich gehe nicht weg, keine Angst."
„Die Wunde hier oben müssen wir auf jeden Fall nähen. Sind Sie auf irgendetwas allergisch?" fragte Dr. Mayr seine Patientin.
„Nicht, dass ich wüsste. Ich war noch nie im Krankenhaus."
„Okay, dann werden wir Ihre Wunde zuerst säubern und nähen. Keine Angst, sie werden nichts davon spüren. Es sollte auch keine Narbe zurückbleiben. Danach sehe ich mir Ihre restlichen Verletzungen an."
DU LIEST GERADE
Ein Neustart mit Hindernissen | Auf Streife | Auf Streife die Spezialisten
FanfictionMila ist 22 Jahre alt. Sie musste einige schwere Schicksalsschläge hinnehmen. Auch der Start in ein neues Leben verläuft nicht gerade ohne Probleme. Franco Fabiano, Paul Richter und Robin Sturm helfen ihr jedoch dabei, die Schicksalsschläge zu verar...