Kapitel 15

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Paul trug Mila ins Bett, nachdem sie so tief und fest eingeschlafen war. Anschließend machten es sich die beiden Polizisten auf der Couch gemütlich. Sie hatten über den Einsatz in jener Januar-Nacht gesprochen.
Über das Erlebte sprechen war wichtig für die beiden Polizisten. Der Beruf brachte neben der großen körperlichen Belastung auch eine große seelische Belastung mit sich. Alle Kollegen auf der Wache unterstützten sich gegenseitig und tauschten Erfahrungen aus. Ein Fall wie Milas war nicht alltäglich, so hatte jeder der beteiligten Beamten einen erhöhten Redebedarf.

Doch auch den Beamten lagen die letzten Tage in den Knochen, so dass sie irgendwann auf der Couch eindösten.

Es war bereits später Nachmittag, als Paul verschlafen seine Augen öffnete. Er hatte nicht geplant, so lange zu schlafen. Langsam erhob er sich von der Couch, die steifen Gliedmaßen in die Luft streckend. Er gähnte herzhaft und musste über das Bild, das sich ihm bot, lachen.
Robin schlief noch immer auf der Couch. Ein kleines Rinnsal hatte sich aus dem Mund des Schlafenden gelöst und nässte das Couchkissen ein.

„Hey, aufwachen du Schlafmütze." Paul stupste seinen Freund an, der nun langsam zu sich kam. Verschlafen sah er sich im Raum um und bemerkte dann, dass ein Teil seines Mundes ganz kalt war.
Verdattert schaute er auf das Kissen unter ihm und brauchte einen Moment um zu realisieren, weshalb es dort nass war.

Paul lachte währenddessen schon.
„Das Kissen wäschst du" neckte er den noch immer verdatterten Robin.

Noch immer lachend machte sich Paul auf in Richtung Badezimmer. Er wollte sich ein wenig frisch machen und dann nach der jungen Frau sehen. Er hoffte, sie hätte ein paar Stunden Schlaf abbekommen.
Paul betrachtete sich im Spiegel und sah tiefe Augenringe.

Ich brauche dringend mal wieder Urlaub schoss ihm dabei durch den Kopf. Er drehte den Wasserhahn auf und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, um auch die letzten Reste seines Mittagsschlafes wegzuwaschen.

Robin hatte sich derweil von der Couch erhoben und Kaffee gemacht. Er reichte Paul eine Tasse des für ihn flüssigen Goldes. Genüsslich nahm er einen Schluck. Was würde er nur ohne Kaffee tun.

„Sollen wir mal nachgucken, wie es Mila geht?" schlug Robin nach einer Weile vor. Die Beamten hatten ihren Tassen geleert und wussten nun nicht so recht, was sie tun sollten.

„Ich geh mal gucken." Leise, um Mila nicht zu wecken, schlich Paul sich zu der geschlossenen Zimmertür. Sanft Klopfte er. Er wartete einen Moment, doch im Inneren des Raumes regte sich nichts. Er probierte es erneut, dieses Mal etwas lauter, doch noch immer konnte er keine Geräusche aus dem Inneren des Raumes vernehmen.
Langsam und leise öffnete er die Tür. „Scheiße" entfuhr es Paul. Das Bett vor ihm war leer.

„Scheiße, scheiße, scheiße" fluchte Paul. „Wo ist sie nur?" Paul war leicht verzweifelt. Es war bereits am Dunkelwerden. Auch wenn die Freunde in einer recht ruhigen Gegend wohnten, war es in Köln nie auszuschließen, dass etwas geschah. Besonders junge Frauen sollten nachts nicht alleine unterwegs sein.
Paul sah in Robins besorgtes Gesicht.

„Was sollen wir jetzt tun?" fragte er seinen Freund.

Wortlos ging dieser an ihm vorbei zu dem Schlüsselbrett.

„Immerhin hat sie den Ersatzschlüssel mitgenommen." Paul war erleichtert. Immerhin plante sie zurückzukommen. Sonst hätte sie den Schlüssel nicht mitgenommen. Doch sein Kopf rauchte.

„Robin, wir müssen sie suchen. Oder eine Fahndung nach ihr einleiten. Sie hat weder Geld noch Handy bei sich."

„Paul, du weißt, dass das nicht geht. Sie ist keine Gefahr für sich selbst oder für andere. Sie ist volljährig. Wir haben nichts, weshalb wir eine Fahndung einleiten könnten."


Er wusste, dass sein Freund Recht hatte und doch brachte ihn das Nichtstun zur Weißglut. Innerlich rumorte es in dem Polizisten. Er war nicht sauer auf Mila. Er war unglaublich besorgt. Er fühlte sich verantwortlich für sie. Wenn ihr jetzt etwas passieren würde, wusste er, würde er sich Vorwürfe machen. Doch was sollte er tun? Köln war riesig. Er hätte nicht mal gewusst, wo er anfangen sollte zu suchen.

„Lass uns zur Wache fahren. Vielleicht haben die anderen eine Idee, was wir machen können, okay?" schlug Robin letztendlich vor. Auch er war ratlos. Falls Mila nach Hause kommen würde, während die beiden nicht da waren, konnte sie zumindest die Wohnung betreten.

„Lass uns einen Zettel hinlegen mit unseren Nummern, falls sie nach Hause kommt, Paul." Schnell nahm er sich einen Zettel und kritzelte die Nummern drauf mit den Worten ‚Bitte ruf uns an, wenn du das liest'.

„Das soll sie lesen können?" neckte Paul seinen Freund. Die Handschrift des zweiten Polizisten war nicht gerade die schönste, aber Nummern konnte man immerhin ganz gut erkennen.

Freundschaftlich schlug er seinem Freund auf die Schulter und musste lachen.

„Komm, lass uns fahren."

Damit nahmen beide ihre Jacken vom Bügel und begaben sich zu ihrem Auto.

Auch wenn man es Paul nicht ansah: Er war tierisch nervös. Eine Angst wuchs in ihm, die er so gar nicht kannte. Er kannte die Statistiken. In Köln gab es viele Übergriffe. Besonders die Übergriffe in der Silvesternacht ein Jahr zuvor machten ihm zu schaffen. Innerlich betete er, dass Mila einfach nur einen Spaziergang machen wollte und dabei die Zeit aus den Augen verloren hatte...


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