»Wie, du weißt wer sie ist? Sie steht seit vielleicht einer viertel Stunde in unserem Flur und du bist vor einer Sekunde her gekommen, also wie um Hinmelswillen willst du sie kennen?«
Entgeistert schaue ich meine Mutter an. Dann schaue ich zu Maggie, die nicht den leisesten Schimmer hat, wovon wir hier sprechen. Amerikanerin halt.»Ich habe schon mit ihr Telefoniert, sonst würde sie heute noch nicht hier stehen. Reg dich nicht auf, sei froh, dass sie da ist und du jetzt deine Schwester kennst.« Das meint sie jetzt nicht ernst, oder?
»Wie lange bist du schon mit ihr in Kontakt?«
Tolle frage Cara, wirklich... Warum fällt mir in dieser Situation diese Frage ein? Gibt es nicht viel wichtigere? Warum ist sie überhaupt hier? Und noch viel wichtiger, wo ist Grace? Oh mein Gott, Grace! Ich habe zwei weitere Schwestern, neben Valentina und Lena.
»Neue Frage: Wo ist Grace, wo ist meine vierte Schwester? Ihr habt gesagt, es waren Zwillinge.« Ich bin total verzweifelt. Ich werde hier gleich wahninnig. Für eine Schwangere ist das definitiv zu viel.
Nach einer gefühlten Ewigkeit sagen die beiden immer noch nichts. Okay, Maggie sei es verziehen, aber meiner Mutter, nein, ihr nicht. Sie soll endlich reden. Ich schaue sie an mit einem Blick, der sie regelrecht anfleht mir zu sagen, was verdammt nochmal los ist. Aber anstatt sie das tut, guckt sie wiederum mich mit einem knallharten ich-bin-Geschäftsfrau-Blick an. Wäre sie nicht meine Mutter, würde ich sie schlagen, jetzt sofort.
»Sie... nicht... mehr...«, schafft Maggie grade so, bevor sie in Tränen ausbricht. Sie kann anscheinend doch ein wenig deutsch und hat verstanden was wir gesagt haben.
Zum ersten Mal, seit meine Mutter hier aufkreuzte, sehe ich wieder zu meiner Schwester. Ich laufe zu ihr, da ich befürchte, dass sie gleich zusammenbricht. Und kaum bin ich bei ihr angekommen und umarme sie, bestätigt sich mein Gedanke. Sie fällt in meine Arme und wir sinken gemeinsam zu Boden. Ich kann nicht mich, Maggie und meine Kinder auf den Füßen halten, das sind ein paar Leute zu viel für mich.
Nachdem wir zwei Stunden auf unser Treppe gesessen haben, mir gefühlt dreihundert mal der Arsch eingeschlafen ist und ich die grausame Geschichte von Grace gehört habe, bin ich mit meinen Nerven endgültig am Ende. Dieser Tag war einfach zu viel für mich.
Erst bin ich zu dritt in meinem Körper, dann taucht meine verschollene Schwester hier auf und meine andere, ihr Zwilling ist... ich möchte es nicht mal sagen und ehrlich gesagt auch nicht mehr darüber nachdenken. Ich will einfach nur noch ins Bett.
Zwischenzeitig kam Milan zu uns und fragte ob alles okay ist. Ich sagte ihm nur, dass er schon mal in mein Zimmer gehen soll und ich ihm alles nachher erklären würde. Jetzt ist nachher und ich habe leider keine Kraft mehr um mit ihm jetzt zu reden.
Als ich in mein Zimmer komme liegt er schon auf meinem Bett, spielt mit seinem Handy und wartet. Ich gehe einfach wortlos an ihm vorbei zu meinem Kleiderschrank und nehme mir eine Leggings und einen seiner Pullover, die hier überall liegen. Ich zieh mich um und gehe auch weiterhin ohne etwas zu sagen zum Bett und lege mich neben ihn.
»Willst du reden?«, fragt er ganz zart. Ich schüttle nur den Kopf und fange wieder an zu weinen. Er nimmt mich in den Arm und küsst mich auf die Stirn. Keiner von uns sagt noch etwas, das brauchen wir auch nicht. Er versteht auch so, dass ich heute nicht mehr reden werde und ich bin schon fast am einschlafen. Diese Stille in meinem Zimmer ist keines Wegs unangenehm oder so etwas. Sie ist einfach nur schön und alles was ich jetzt brauche.
Milan zieht mich und ich kuschel mich noch weiter an ihn. Und so schlafen wir beide ein, er in einen ruhigen Schlaf und ich in einen voller Albträume, Ängste und Schmerzen.
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2 mit 16
Teen FictionCara ist ein ganz normales sechzehn-jähriges Mädchen, welches das ganze Leben noch vor sich hat. Sie hat Spaß im Leben. Sie hat einen Freund, dem sie vertrauen kann. Sie ist immer gut organisiert. Sie hat keine Probleme. Ihre Familie hat ein hohes A...