Der Tag an dem Milan verschwand

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Warum? Warum klingelt dieser scheiß Wecker jetzt? Ich würde ihn ja gerne an die Wand werfen, aber dann müsste ich einen neuen kaufen.

Ich will nicht aufstehen, nicht jetzt und auch nicht in den nächsten Stunden. Ich will heute einfach nur im Bett bleiben und nichts machen, der Tag gestern war zu Nerven aufreibend, das reicht mir für diese Woche.

Meinen Vater interessiert anscheinend nicht, dass ich keinen Bock habe, denn der zieht mir die Decke weg. Auch auf mein Gemurre geht er nicht ein, sondern meint nur: »Aufstehen. Sofort. Nur, weil du schwanger bist, bekommst du hier keinen Bonus. Du stehst auf wie alle anderen auch und du gehst auch wie alle anderen heute zur Schule. Verstanden?«
Und sobald er mit seiner Predigt fertig ist, verlässt er den Raum.

Meine Decke hat er natürlich mit vor die Tür genommen. Genervt mach ich meine Augen auf und setz mich grade hin. Ich reibe mir mit der einen Hand über mein Gesicht und mit der anderen suche ich neben mir nach Milan, doch ich kann ihn nicht finden. Wo ist er?

Schnell nehme ich meine Hand aus meinem Gesicht und schaue mich nach ihm um. Er ist auch nirgends in meinem Zimmer.

Mit gerunzelter Stirn stehe ich auf, plötzlich ganz munter.

Halluziniere ich jetzt schon? Bin ich gestern Abend gar nicht mit ihm zusammen eingeschlafen? Hab ich mir das alles nur ausgedacht? Oder macht mich die Schwangerschaft einfach nur kürre?

Vielleicht ist er ja auch schon unten und frühstückt. Ich beschließe mich erstmal anzuziehen und dann in der Küche nachzuschauen.

Jetzt stehe ich frustriert vor meinem Kleiderschrank. Zu viele Klamotten sind nicht das Problem, sondern Sachen, die nicht sofort jeden sagen: »Hey, sie ist schwanger, sie wird Mutter und das mit sechzehn!«

Ich nehme ein Teil nach dem anderen raus und werfe es im hohen Bogen über meinen Kopf hinweg in mein Zimmer. Nichts ist weit genug um meinen Bauch zu verstecken. Arg...

Zwanzig Minuten später und einen leeren Schrank später habe ich mir eine schwarze Leggings und ein lockeres, blaues T-Shirt angezogen, dazu noch einen bequemen Stickcardigan, da es doch nich etwas frisch draußen sein kann.

Ich schnappe mir mein Handy und meine Schultasche und laufe gehe durch meine Tür und die Treppe runter.

In der großen Küche halte ich Ausschau nach Milan, aber auch hier kann ich ihn nicht finden. Komisch, er lässt mich seit acht Wochen nicht mal mehr alleine aufs Klo gehen und jetzt ist er unauffindbar?

»Morgen. Hat jemand Milan gesehen?«, frage ich in die Runde. Alle sehen mich an, außer Jason und Spencer, die spielen lieber weiter mit ihrem Frühstück.

Valentina will etwas sagen, hat aber noch den Mund voll, weshalb Lena das Wort ergreift.
»Er ist mega zeitig aus dem Haus, wohin er wollte oder so hat er nicht gesagt. Schreib ihm doch.«

»Okay, danke.«

Ich klaue Valentina ihr Schokoladenbrötchen und gehe aus unserem Haus Richtung Bus.

Während ich meine Mahlzeit esse, tippe ich auf dem iPhone in meiner Hand rum.

»Wo zur Hölle bist du? Ich such dich. Sag dich wenigstens Bescheid, wenn du das nächste Mal einfach so gehst.«, schreibe ich Milan.

Eine Minute später kommt die Antwort:
»Sorry. Müsste los.«

Mehr kam nicht, außer diesen drei Worten und mein Bus.

2 mit 16Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt