Der Tag der halber Offenbarungen

72 2 2
                                    

Auch geschlagene zehn Minuten später bekomme ich keine Antwort von den zwei Personen mir gegenüber. Ich habe so langsam das Gefühl, dass sie diese Unterhaltung extra herauszögern wollen, was mir gehörig gegen den Strich geht.

»Ich will jetzt verdammt nochmal wissen was hier los ist und warum ihr mir was verschwiegen habt.«, schreie ich sie beinahe an.

Die Schwangerschaftshormone gehen jetzt schon mit mir durch. Aber ich glaube in dieser Situation ist das auch ganz normal. Jeder hätte jetzt geschrieen.

Meine Eltern schauen sich, wie schon zu oft an diesem Tag, erneut an. Überlegen sie sich grade ob sie es doch nicht erzählen wollen? Nein, das würden sie nicht machen, nicht nachdem sie grade einmal davon angefangen haben. Und wenn doch, würde ich die Einrichtung auseinander nehmen, einfach nur, weil sie es weiterhin verheimlichen und mich erst heiß drauf machen, um mich dann ins kalte Wasser zu schmeißen.

Würden sie mir jetzt bitte endlich sagen, was vor 20 Jahren war? Und als hätten sie meine Gedanken gelesen, versuchen sie zu antworten, was anfangs nicht so wirklich gelingt.

»Auch wir...«, stammelt meine Mutter.

»Auch ihr, Was?«

»Auch wir haben mit 16 bzw. mit 17 Jahren ein Kind bekommen. Ehm..., genauer genommen zwei.«, beichtet mein Vater.

Mir fällt die Kinnlade runter und Milan geht es da nicht anders.

»Ihr zwei? Ihr? Mateo Steinberger und Annabel Steinberger? Ihr habt zwei Kinder bekommen mit 16/17? WAS???«, fragt Milan mit einem Blick der zeigt, dass er es nicht glauben kann.

Ich kann nichts sagen. Ich sitze einfach nur da. Ich will nicht begreifen was meine Eltern mir grade gesagt haben. Sie wollen mich bestimmt nur auf den Arm nehmen. Als ob sie noch zwei weitere Kinder haben. Aber halt Stopp. Ich bin die Älteste. Wo sollen die anderen zwei vermeintlichen Kinder denn sein?

»Also wenn da noch irgendwo zwei Kinder sind, wo sind sie? Und HÄ? Ich seh hier nicht mehr durch und so wie es aussieht, versteht Cara das ganze auch nicht so wirklich. Cara, geht's dir gut?«, höre ich Milan sagen.

Was für eine dumme Frage. Natürlich geht es mir nicht gut. Ich habe grade erfahren, dass ich mehr als nur vier Geschwister habe oder vielleicht auch nicht.

O mein Gott. Haben sie sie abgetrieben? Nein, sie sagten ›bekommen‹, das heißt sie haben die Schwangerschaft durchgezogen.

Alle schauen mich an, da ich seit einer gefühlten Ewigkeit nichts gesagt habe.

»Ehm...«, krächze ich, weil mein Hals staubtrocken ist. Ich räuspere mich und versuche erneut zu sprechen.

»Wo sind sie?«, ist das erste was ich frage.

Vielleicht nicht meine beste Frage, aber immerhin ein Anfang

»Sie sind in Amerika, bei Adoptiveltern.«, schluchzt meine Mutter.

Man sieht ihr an, dass sie nicht gerne darüber redet, aber ich will meine Antworten haben, da ist es mir grade egal, ob sie darüber sprechen kann oder nicht.

»Erzählt mir mehr über sie. Nein, alles.«, verlange ich.

Es dauert einen Augenblick bis ich meine Frage beantwortet bekomme, zumindest dachte ich, dass meine Frage beantwortet wird.

»Okay, also, auch deine Mutter war mit 16 Schwanger, mit Zwillingen, wie sich herausstellte. Wir wollten die beiden jedoch nicht abtreiben, aber du weißt wie deine Großmutter ist, also hielten wir es geheim. Bis heute haben wir keinen davon erzählt. Ihr beide seid die ersten.«, meint mein Vater und lässt mich somit weitere Minuten mit meiner Frage allein.

2 mit 16Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt