XXXIX

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Ich glaube es waren wieder einige Tage vergangen. Vielleicht auch nur einige Minuten oder Stunden. Langsam verlor ich das Zeitgefühl, aber das spielt auch keine große Rolle schließlich kann ich durchgehend bei ihm sein. Mit dem Kopf liege ich auf seiner Brust. Ich weiß nicht ob es ihm unangenehm ist. Vielleicht spürt er es gar nicht oder es tut ihm weh. Ich will mich von ihm lösen, doch die Macht des Schlafes zieht mich in ihren Bann, lässt meine Augen schwer werden und meinen Körper schlaff werden. Zu meiner Verblüffung träume ich sogar.
Ich erwache aus meinem Schlaf und blicke Jungkook direkt ins Gesicht. Jedoch schlägt er seine Augen plötzlich auf. Voller Schreck rappel ich mich auf, sodass der Stuhl krachend zu Boden geht. Er guckt mich weder ermüdet noch verwirrt an. In seinen Augen spiegelt sich reine Wut wieder. Er reißt sich von den Schläuchen weg und kriecht mit dem weißen Krankenhauskittel aus dem Bett. Seine linke Hand blutet leicht an der Stelle, wo die Nadel mit dem daran befestigten Schlauch gesessen hatte. Er setzt seine Füße auf den Boden und schlurpt auf mich zu. Ich blicke in seine Augen und muss automatisch einen Schritt zurück weichen. Seine Fäuste sind geballt und trotz seines kranken Erscheinens ist er quicklebendig. Seine Haut ist so blass und bildet einen extremen Kontrast zu seinen braunen fast schwarzen Haaren und seinen dunkelbraunen, eigentlich unschuldigen Rehaugen. Doch in diesem Moment wirkt er keineswegs unschuldig. Ich kann nicht mehr zurück weichen, sondern bleibe wie angewurzelt stehen und blicke ihn an. Ich kann noch nicht fassen, dass er wach ist. Plötzlich packt Jungkook mich am Kragen. ,,Du!"sagt er mit zusammengebissenen Zähnen. Seine Stimme lässt mich erzittern und Angst läuft mir eiskalt den Rücken hinunter. So kenne ich ihn gar nicht. ,,Wegen dir bin ich hier! Und ich dachte du könntest dich ändern! Stattdessen hast du mir alles versaut!"spricht er weiter und seine zierlichen Hände legen sich um meinen Hals. Ich lasse es zu. Ich bin viel zu geschockt von der Art, welche ich von Jungkook gar nicht kenne. Meine Augen füllen sich mit Tränen. ,,Jungkook ich verstehe, dass du so denkst und du hast das gute Recht dazu, aber ich bin dir zur Hilfe geeilt, weil ich gemerkt habe, wie falsch das von mir war. Doch da war es bereits zu spät. Ich war jeden Tag bei dir und es tut mir aufrichtig leid. Du kannst mich hassen, aber ich werde dich nie hassen können. Ich habe realisiert, was ich dir die ganze Zeit angetan habe und habe auch gemerkt, dass ich Gefühle für dich habe"versuche ich es ihm zu erklären. Für einen Moment kann ich in seinen Augen das Glitzern erkennen. Doch es ändert nichts an seiner Wut. ,,Dir tut es leid? Das ich nicht lache. Ich hab durchgehend unter dir gelitten und hatte sogar Gefühle für dich, aber jetzt will ich nichts mehr, als das du verschwindest. Aus meinem Leben, denn du bist für mich gestorben Kim Taehyung"

Nassgeschwitzt erwache ich. Ich bemerke, dass ich mich in seine Brust gekrallt habe. Sofort starre ich ihn an. Es wirkt nicht so, als wäre er wach. Mein Herz hämmert laut gegen meine Brust. Ich bemerke meine nassen Wangen. Hab ich etwa geweint? Sofort fahre ich mit meinem schwarzen Ärmel über meine Wangen. Daraufhin gleitet meine Hand an seine Wange. Sie ist ganz kühl. Im Augenwinkel bemerke ich die letzte rote Rose, die langsam ihren Kopf sinken lässt. Ich ziehe die Hand zurück und betrachte ihn nur. Ich versuche den Traum ganz aus meinen Gedanken auszuschließen, doch es gelingt mir nicht. Immer wieder muss ich an seinen Blick denken, seine Wut, die er auf mich gehabt hatte. Was ist wenn er aufwacht und wirklich so handelt? Mich wirklich so verabscheut? Ich werde diesen Gedanken einfach nicht los und berühre seine Hand. Innerlich hoffe ich natürlich, dass er meine Hand ergreift und aufwacht. Das er meine Hand vielleicht nie ergreifen wird, schmerzt in meiner Brust. Und da ist plötzlich das Geräusch von dem ich Tag ein und Tag aus Angst hatte. Das schrille, in den Ohren quietschende Piep des Herzmonitors, der soeben anzeigt, dass sein kleines, süßes Herz aufgehört hat zu schlagen. Herzstillstand. Geschockt stehe ich wie angewurzelt da und berühre nur seine Hand. Das kann nicht wahr sein. Ich träume nur. Und so stehe ich an seinem Bett und betrachte ihn nur, während ich mir in den Unterarm kneife. Doch ich wache nicht auf. In mir drin schreit alles. Das ist kein Traum, das ist kein Traum! Doch ich will es glauben. Jungkook wird leben. Ich bilde mir das nur ein, es kann nicht anders sein. Das Geräusch betäubt meine Ohren. Eine Gänsehaut hat sich gebildet, weil das Geräusch einfach nicht aufhört. Mein Herz setzt kurz aus. Es ist real. Tief in mir, weiß ich genau das es wahr ist. Warum kommt denn kein Arzt? Warum? Warum hilft keiner? Ich mache einen Schritt auf ihn zu. Was soll ich tun? Er ist tot. Er ist wirklich tot. Wie soll ich weiterleben? Ein Leben ohne ihn ...ich bin Schuld, dass er tot ist. Es ist alles meine Schuld. Ich hatte nicht mal die Chance ihm alles zu erklären. Ich konnte ihm nicht einmal meine Liebe gestehen. Was hat es noch für einen Sinn zu Leben, wenn man die einzige Person, die einem noch wichtig war zum sterben verurteilt hat? Wenn man weiß, dass diese Person nie mehr zurückkommt und man schuld ist? Ich ganz allein bin an seinem Tod schuld. Tränen laufen mir mehr denn je die Wangen herunter. Ich kralle meine Fingernägel ins Bett. Es gibt keinen Ausweg aus diesem Teufelskreis. Zu wissen, dass er nie wieder leben wird, nie wieder lachen kann, nie sein Leben zu Ende leben kann wie er es sich gewünscht hätte, dass er nie wieder bei mir sein wird, all das kann ich nicht ertragen. Nicht, wenn ich weiß, dass es meine Schuld ist. Und so drehe ich mich um und hole aus meiner Tasche das Messer, welches ich eingepackt hatte für genau diesen Fall. Weil immer diese Zweifel da waren, dass er es nicht schaffen würde. Und jetzt bin ich hier, unfähig ihn von der Schwelle des Todes zurückzuholen. Es ist kein Augenblick des Zögerns, da habe ich es auch schon aufgeklappt, mir die Ärmel hoch gekrämpelt und mir mit Druck auf die Klinge die Pulsadern aufgeschnitten. Noch nie habe ich so viel Blut gesehen. Und noch einmal versuche ich mit aller letzter Kraft tiefer in die Haut einzudringen. Ich taumle, lasse das Messer fallen und stütze mich an seinem Bett. Sofort färbt sich das Bettlaken rot. Meine Beine geben den Geist auf und ich falle auf die Knie. Mein Kopf ruht auf der Matratze. Ich kann jedoch noch schwer atmend in sein Gesicht blicken. ,,Ohne dich kann und will ich nicht leben. Es tut mir aufrichtig leid. Ich liebe di..."doch bevor ich zu Ende sprechen kann umhüllt mich ein schwarzer Mantel. Der Mantel des Todes.

It hurts ||J.JK x K.TH Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt