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Wieder in diesem Aufzug zu stehen, brachte einige Erinnerungen mit sich. Ob sie positiv oder eher zum negativen tendierten, könnte ich selbst heute nicht wirklich einordnen und dennoch waren alle meine Unsicherheiten von heute morgen wie verblasst. Selbstverständlich stiegen ein paar Sorgen hoch, wie ich nun alles genau organisieren und durchsetzen würde, aber diesmal war es eine andere Art von Sorge. Keine bei der mir die glühende Hitze zu Kopf stieg und sich mein Herzschlag erhöhte.
Das Klingeln des Aufzuges lies mich wieder hoch blicken und aufrecht stellen. Langsam kam der Fahrstuhl zum Halt und die Türen schoben sich zur Seite. Mit einem Mal füllten unzählige Geräusche die Stille von eben und überwältigten mich wie eine Welle. So viel zum Thema, nicht vorhandene Unsicherheiten. Vorsichtig stieg ich aus dem Aufzug aus und beobachtete das Geschehen hinter den Glastüren. Menschen liefen hin und her, die einen hatten Akten unter dem Arm, die anderen Kaffee Tassen in der Hand und wiederum andere saßen konzentriert an ihren Schreibtischen und linsten auf den Bildschirm vor ihnen. Alle trugen einen Hosenanzug. Diese Erkenntnis bewegte mich dazu an mir selbst runter zu schauen. Ein langärmliges schwarzes Kleid Schmiegte sich an meinen Körper welches knapp über meinen Knien endete. Es war schlicht und nicht auffällig, dennoch nicht all zu formell. Immerhin trugen alle Frauen hier ebenfalls high heels. Ich kann sie verstehen, auf hohen Schuhen fühlen wir uns größer und gleichzeitig etwas mächtiger. Das klingeln des Aufzuges ertönte und die Türen öffneten sich erneut. Im ersten Augenblick konnte Ich zwar kein Gesicht erkennen, weil es von einem Hut verdeckt worden ist und trotzdem, wusste ich direkt wer vor mir stand. Kein Agent kleidet sich so stilvoll, schon gar nicht zur Arbeit. Als der Neuankömmling auch noch seinen Kopf hob und ein blaues Augenpaar zu mir blickte, wurde mir erst bewusst worauf ich mich hier eigentlich eingelassen habe.
"Mrs Williams. Ich bin erfreut Sie zu sehen." Ein perfekte Lächeln bildete sich auf seinen Lippen. Viel zu perfekt um echt zu sein.
"Nein sind sie nicht Caffrey."
Ich versuchte ebenfalls so perfekt wie möglich zu lächeln, auch wenn es mir vermutlich nicht so gut wie Neal gelang.
"Wissen Sie Blake-"
"Miss Williams."
Vielleicht war dieser Einwand überflüssig, aber er hatte kein Recht mich beim Vornamen zu nennen.
"Miss Williams. Menschen wie Sie halten sich oft gern für direkt. Vielleicht fehlt euch aber einfach nur der Sinn für Höflichkeit."
Sein Lächeln verschwand dabei nicht, aber nahm eine etwas ernstere Haltung an.
"Vielleicht verfügen Menschen wie Sie einfach über zu viel Sensibilität."
Mein Lächeln verschwand damit komplett. Ich war nicht diejenige die hier die Gunst des anderen Erlangen musste. Es verging nur ein Augenblick des Schweigens, bis Neal wieder seine Sprache fand.
"Also, was führt Sie zu dem berühmten Federal Bureau of Investigation?"
So war das also. Er wusste noch nichts von meiner zukünftigen Mitarbeit. Wenigstens etwas positives brachte das Ganze mit sich.
"Sie meinen, von dem sie nun ein bereichernder Teil geworden sind?"
Ich konnte mir ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen, was dafür sorgte das auch Neal's Lächeln wieder breiter wurde.
"Das bin ich wirklich. Ohne den Einfluss meines bedeutenden Wissens, wären heute viele Fälle ungelöst geblieben. Fragen Sie Peter."
Die Erwähnung Peters Namens rief mir in Erinnerung warum ich überhaupt hier war.
"Das werde ich definitiv machen. Nebenbei. Nicht hauptsächlich. Wo genau finde ich ihn?"
Eine leichte Skepsis huschte über sein Gesicht, ehe er nach vorne schaut und auf ein Büro zeigte welches sich hinter Glastüren befand. Ich hasste Glastüren. Neal's Blick wanderte wieder zu mir.
"Ich kann Sie gerne zu ihm führen."
Das Angebot war höflich gemeint, dennoch traute ich mir zumindest zu das Büro zu finden.
"Weil die Glastüren mir den Einblick in jedes Büro auf dieser Etage verwehren? Ich werde mein bestes versuchen."
Mit einem leichten auflachen, verdrehte ich meine Augen und bewegte mich auf die Tür zu.
"Eindeutig Unhöflich."
Neal war mir dicht gefolgt.
"Viel zu Sensibel."
Ohne mich dabei noch einmal um zu drehen steuerte ich direkt Burkes Büro an. Die Problematik an Glastüren ist die: erstens, anklopfen macht offensichtlich kein Sinn, aber das Unterlassen von anklopfen gilt als ein Leck von Höflichkeit. Zweitens, kann jede außenstehende Person das Gespräch anhand von Mimik und Gestik analysieren, was es schwer macht anständig zu kommunizieren und drittens, Privatsphäre. Trotz allem klopfte ich an die Tür und öffnete sie gleichzeitig. Ein wenig von beiden, schätze ich mal. Burke schaute von seinem Monitor hoch zu mir und augenblicklich formte er ein einladendes Lächeln.
"Mrs Williams, schön dass sie gekommen sind." Er ging einmal um seinen Schreibtisch herum und reichte mir seine Hand. Selbstverständlich nahm ich diese entgegen und schüttelte sie kräftig.
"Die Freude ist meinerseits, Agent Burke."
"Bitte, nehmen Sie doch Platz."
Mit einer kurzen Handbewegung, deutete er auf den Stuhl vor mir, was ich nickend entgegennahm. Er selbst setzte sich wieder auf seinen eigenen Stuhl.
"Gut, dann kommen wir doch gleich zu dem, weswegen Sie hier sind. Del Santo. Ich habe den Fall erst gestern angenommen und bin zugegeben immer noch nicht ganz sicher ob es die richtige Entscheidung war. Del Santo ist ein Hai unter den Fischen. Ich sage es ihnen direkt von Anfang an, keiner würde es Ihnen verübeln wenn Sie sich doch um entscheiden. Gérard Del Santo ist eine ziemlich gefährliche Nummer." Seine Augen studierten meine Reaktion gründlich, doch die Wahrheit war, dass ich vermutlich besser Bescheid wusste als er.
"Ihr Sorge ist wirklich rührend, aber ich bin im Klaren darüber was für ein Mann er ist. Sie vergessen dass ich sein psychologisches Profil erstellt habe."
Meine Mundwinkel zuckten leicht nach oben, doch Peter schien kurzzeitig nachzudenken was mir seine Denkfalte verriet.
"Erstellt? Hughes meinte sie wären nur darüber informiert."
Innerlich könnte ich mich für meinen Ausrutscher Ohrfeigen, wenn Burke erkennen würde dass es zum Teil etwas persönliches ist, würde er sicherlich meine Hilfe ablehnen.
"Ich muss mich wohl versprochen haben am Telefon. Ich habe bei der Erstellung seines Profiles geholfen und meinen Teil beigetragen."
Möglicherweise würde er darüber hinwegsehen. Leider war dem nicht so.
"Und worin bestand ihr Teil des Beitrags?"
Wenn die Skepsis scheinbar schon da wahr, könnte nur noch Klartext helfen.
"Aus nichts persönlichem dass diese Untersuchung gefährden könnte, Agent Burke." 
Die nächsten Sekunden bestanden aus einem kleinen Zweikampf wer seinen Blick aufrecht erhalten konnte, den ich mit einem seufzen burkes aus gewonnen habe.
"Na gut, ich vertraue ihnen da Blake. Ist es in Ordnung wenn ich sie beim Vornamen anspreche?"
Jeder verfügt über eine Fragestellung, vor der er sich fürchtet sie würde in einem Gespräch aufkommen. Dies war meine, denn die Antwort war nein. Nein es war nicht in Ordnung mich beim Vorname zu nennen, denn das löste Unbehagen in mir aus. Burke muss meine Zögern wohl korrekt interpretiert haben, denn sofort nahm er die Frage wieder subtil zurück.
"Wissen Sie was, die Namensnennung ist wohl unser kleinstes Problem. Wie wäre es wenn Sie sich einen Kaffee holen und in 10 Minuten berufen wir ein kleines Meeting ein. Ich stelle solange das Team zusammen."
Dankbar dafür, dass er meine Entscheidung tolerierte, nickte ich zustimmend und richtete mich auf.
"Soll ich Ihnen auch direkt einen Kaffe machen?"
Es war nur höflich ihn zu fragen. Burke schaute erstaunt zu mir hoch und brachte direkt Einwände ein.
"Keineswegs. Für sowas habe ich Neal."
Grinsend zwinkerte er mir zu, ehe ich mich umdrehte und zur Tür ging. Kurz vorm rausgehen, kam ich noch einmal zum Halt und wandte mich ihm zu.
"Stimmt es eigentlich, dass Neal's Erfahrungen und wissen der kriminellen Seite einen großen Beitrag in der Abschlussquote einbrachten?"
Burke verdrehte sichtlich genervt seine Augen.
"Sie haben schon mit ihm gesprochen."
Es war mehr eine Aussage als eine Frage. Abwehrend hob ich meine Hände.
"Ich möchte mich nur vergewissern, dass es auch nötig ist Ihn bei dem Fall dabei zu haben, das ist alles."
Die Miene des Agents wurde sanfter aber gleichzeitig ernster.
"Er ist gut, clever und entschlossen. Glauben sie mir, wir brauchen Ihn."
Ein leichtes Seufzen entwich mir, da ich so eine Antwort schon vermutet habe. Mit einem letzten Lächeln ging ich zur Tür raus und steuerte den Kaffestand an.
Ein kurzer Blick auf das Gerät vor mir und ich wusste dass es ein harter Kampf zwischen mir und der Maschine sein würde. Ist es wirklich zu viel verlangt, in besseren Kaffe zu investieren und das alte Modell um ein neues ersetzten? Leicht überfordert versuchte ich die obere Klappe zu öffnen um den Filter zu wechseln, doch jetzt schon erwies sich diese Prozedur problematischer als vermutet. Die Klappe hing fest, egal in welche Richtung ich versuchte sie zu öffnen.
"Wenn Sie die Maschine beschädigen, werden Sie die halbe Abteilung am Hals haben."
Ein Zucken durchfuhr meinen Körper über die plötzlich Anwesenheit von Neal, doch statt zu ihm zu schauen konzentrierte ich mich weiterhin darauf den blöden Kaffeesatz wechseln zu können. Einen Augenblick dauerte es noch, bis er seinen Blick von mir abwandte und mit einen flüchtigen Lachen näher trat.
"Hier, vielleicht kann der Ihnen ja helfen."
Sein Finger wanderte zu einem kleinen schwarzen Knopf, der die Klappe aufspringen ließ. Großartig. Ich schloss meine Augen und legte meinen Kopf leicht in den Nacken während mir ein leichtes stöhnen entwich. Wie kann man nicht an den Knopf denken?
"Manchmal sind die offensichtlichsten Möglichkeiten, die richtigen."
Nun wagte ich doch einen kurzen Blick zu ihm und entdeckte bedauerlich wieder eines seiner aufgesetzten grinsen.
"Offenbar nicht."
Augenblicklich wandte ich mich wieder ab und machte mich an den Wasserkocher ran. Der Kaffe machte sich schließlich nicht von selbst.
"Blake also. Ungewöhnlicher Name für eine Frau."
Während das Wasser kochte, wechselte ich den Filter und schüttete neuen Kaffe hinein.
"Meine Mutter war eine Sympathisantin von William Blake und fand es scheinbar ziemlich amüsant ihr Kind Blake Williams zu nennen. Unabhängig von dem Geschlecht."
Das abgekochte Wasser kam als nächstes in den Filter rein und während der Kaffe langsam in die Kanne abtropfte schaute ich wieder zu Neal, der mich neugierig beobachtete.
"Hatte Ihr Vater kein gleichberechtigten Anspruch auf den Namen?"
Dieses Grinsen mag andere mit Charme umhüllen, doch bei mir löste es irgendwie nur reine Provokation aus. Es war wirklich schön und genau das war es was mich sauer machte. Wie konnte so etwas schönes, so unecht eingesetzt werden.
"Ich weiß nicht, hatte es ihrer?"
Ich stützte meine Hände auf der kleinen Theke ab und blickt ihm direkt in seine Augen, die sich augenblicklich etwas verdunkelten.
"Das hatte er in der Tat. Und deswegen heiße ich Neal und sie tragen den Nachnamen des Lieblingsdichters ihrer Mutter."
Das nahm ich als persönlichen Angriff an, Weswegen ich ebenso ein künstliches Lächeln aufbrachte und die Klappe der Maschine runterdrückte.
"Was wird das hier Caffrey? Ist das ihre Idee von Teambindung?"
Mein Blick wanderte über die komplette Theke, bis er mir die Schublade öffnete, in der mehrere Tassen zum Vorschein kamen. Ich hielt inne, wagte es aber nicht zu ihm zu schielen, bevor ich zwei Tassen hervor holte und neben der Kanne abstellte.
"Warum ist es Ihnen so wichtig dass wir uns Siezen?"
Zuerst füllte ich die eine Tasse fast bis zum Rand, anschließend die zweite.
"Warum ist es Ihnen so wichtig, dass wir uns duzen?"
Ich dreht meine komplette Körperhaltung in seine Richtung und drückte ihm den Kaffe in die Hand.
"Geben sie den Agent Burke."
Mit diesem Satz macht ich auf Absatz kehrt und ging in einen der großen Meetingräume.

Con (Neal Caffrey)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt