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Nervös blickte ich mich im Spiegel an. Mein Schminke glich dem für die Kleiderwahl vorgeschriebenen Muster und in fünf Minuten müsste ich  runter zu den anderen. Meine Gedanken schweiften wieder zu meine Gespräch mit Burke.

"Ist Ihnen bewusst wie viele Vorschriften Sie mit dieser Entscheidung verletzt haben?! Dafür könnte ich Sie festnehmen und so lange in Haft stecken bis der Fall um ist!"
Burke glühte vor Wut und in dem Moment wusste ich, dass ich früher oder später die Konsequenzen dafür tragen müsste.
"Peter, siehe es positiv. Blake hat Zugang zu den Mitarbeitern und-"
"Wag es nicht dich da einzumischen Neal! Nur weil du der Meinung bist, dass man Anweisungen nicht befolgen muss, hast du noch lange nicht das Recht es als etwas Gutes zu vermitteln!"
Neal verstand nun ebenfalls dass Peter wütender war, als er vermutet hatte denn er schwieg.
"Jetzt ist es etwas zu spät um mich der Sache zu entziehen, ich stecke mittendrin. Also nutzen Sie diesen Vorteil und lassen mich meinen Teil machen Agent Burke."
Er konnte mich hassen, aber nichts an der Situation ändern.
"Glauben Sie mir Mrs Williams, Sie werden damit nicht einfach durchkommen. Sobald ihr Zweck erfüllt ist werde ich meine volle Konzentration auf Sie legen. Das ist zu weit gegangen."

Ein letzter Blick in den Spiegel veranlasste mich aufzustehen und zu den anderen zu gehen. Als ich unten an der Wendeltreppe ankam, wurden mir ein zwei Blicke zugeworfen doch um mehr Kontakt bemühte sich niemand wirklich. Ich stellte mich in die Reihe und Sekunden später erhob sich der Vorhang. Wir tanzten in der Gruppe die vorgesehene Choreographie zu dem Lied, welches die Band spielte bis der letzte Ton erklang. Anschließend ging ich Hüftschwingend zu dem mir zugeteilten Tisch und machte meine Arbeit. Nach einiger Zeit trat der Wechsel ein, in dem ich Zeit hatte mein Aussehen zu ändern. Gerade als ich mich von dem Tisch löste und auf den Weg hinter die Bühne machte, huschte mein Blick rasch über den Club. Mein Blick blieb an dem Barkeeper von letztens hängen und ich beschloss später etwas mit den Mitarbeitern zu plaudern. Ich stieg die Wendeltreppe hoch, griff nach meinem zweiten Outfit und lief in die kleine Kabine. So schnell ich konnte, schlüpfte ich aus meinem schwarzen Body raus und streifte das Korsett und den passenden, knappen, pluffigen Rock über. Dann lief ich zu meinen Schminktisch, wischte mir mit einem Kosmetiktuch die Schminke vom Gesicht und setzte zu dem neuen Werk an. Nach nicht ganzen zehn Minuten war ich fertig und blickte auf die Uhr. Ich hatte theoretisch noch zehn Minuten, die ich in ein kurzes Gespräch mit dem Barkeeper investieren wollte. Ich legte die ganzen Utensilien wieder in die Schublade und ging runter. Als ich neben der Bühne, von der ich einen ziemlich guten Blick in die Vip Lounge hatte, nach Del Santo Ausschau hielt entdeckte ich ihn zusammen mit Neal. Ohne es zu beabsichtigen, atmete ich erleichtert aus. Seit unserem Gespräch im Café heute morgen, fühlte ich mich wohler wenn ich wusste dass jemand da war, der zu mir gehörte.
"Grace."
Ich suchte sofort nach der Quelle der Stimme, bis mein Blick schließlich bei Carlos hängen blieb. Mit einer autoritären Haltung kam er auf mich zu und automatisch verkrampften sich meine Muskeln. Knapp einen Meter vor mir, kam er zum Halt und schaute auf mich runter.
"Du wirst dich heute für einen Kunden entscheiden."
Meine Schüchternheit schlug kurz in Verwirrung um und darauffolgend in Angst. Dass ich für weitere Aktivitäten zugestimmt habe, hatte ich vollkommen vergessen und nun da ich weiß wer Matthew Keller ist, hatte ich auch nicht den Drang näheres zu erfahren.
"Was ist kleines? Hast du dich letztens mutiger gegeben als du eigentlich bist?"
Da hatte er verdammt recht. Nicht nur das, beim letzten Mal hatte ich mich für kurze Zeit verloren. Ich bin dem ganzen Rausch verfallen, doch heute hatte ich einen klaren Kopf. Trotzdem konnte ich nicht leugnen, dass ein Zugang in den hinteren Bereich von Vorteil wäre.
"Keineswegs. Ich hatte nur nicht mit so früh gerechnet."
Carlos Blick blieb völlig emotionslos als er weiter sprach.
"Na dann, Überraschung. Du darfst ab heute eine Nutte sein."
Seine Worte klangen in dem Moment komplett gleichgültig, als würde man jemanden zum Geburtstag gratulieren. Völlig perplex stand ich mit weit aufgerissenen Augen vor ihm und bewegte mich nicht, bis ich eine Präsenz hinter mir wahrnahm.
"Nennen wir die Dinge doch nicht direkt beim Name."
Ich drehte mich um und versteifte beinahe noch mehr unter Gerards Blick. So sehr ich versuchte mich zusammen zu reißen, gelang es mir nicht. Der Schein, der schönen kleinen Welt im Casa Luna, verschwand plötzlich vor meinen Augen und hat mich direkt in die Realität geworfen. Erst als ich zu Neal blickte, der neben Del Santo zu mir schaute, lockerte ich meine Haltung etwas und wandte mich an Del Santo.
"Señor Del Santo."
Begleitet von einem Lächeln, verließen die drei Wörter als einziges meinen Mund.
"Miss Grace, darf ich ihnen Mr. Halden vorstellen? Mr. Halden, dass ist Miss Grace."
Ich streckte meine Hand aus, um sie Neal zu reichen. Dieser nahm sie an und küsste meinen Handrücken.
"Sie sind eine wirklich atemberaubende Frau."
Ich musste mir angestrengt ein Lachen verkneifen, als ich darüber nachdachte wie sehr ich ihn damit aufziehen werden kann.
Jedoch schenkte ich ihm stattdessen ein Lächeln und bewunderte erneut diese schönen Augen.
"Tanzen Sie für mich."
Ich blickte zu Del Santo, der kurz auf seine Uhr blickte und sich dann kurz an seinen Kollegen wandte.
"Carlos, ruf Alvarez an und sag ihm ich bin in 10 Minuten da."
Anschließend drehte er sich kurz zu Neal.
"Mr. Halden, Sie hören von mir. Ansonsten lade ich Sie herzlich ein sich zu amüsieren und zu vergnügen!"
Dabei warf er mir einen kurzen Blick zu und verschwand.
"Morgen, neun Uhr. Du kriegst deinen Arbeitsplan und für eine Antwort die Schlüsselkarte."
Carlos verabschiedete sich noch mit einem Nicken von Neal und verschwand anschließend ebenfalls. Ich folgte ihm mit meinen Augen, bis er durch die Tür verschwand und nicht mehr zu sehen war.
"Du wirst denen morgen sagen, dass du dich für Nick Halden entschieden hast."
Irritiert schaute ich wieder nach vorne zu Neal, der vor mir stand und mich anlächelte.
"Wie bitte?"
Ich zog ihn zu einem Tisch, denn so wie wir hier standen, zogen wir viel Aufmerksamkeit auf uns. Keiner sollte auf die Idee kommen, dass wir uns schon kannten. Neal setzte sich auf einen der Sessel, während ich einen Schritt auf ihn zuging und mich mit einem Bein links und dem einen rechts auf ihn setzte. Es war ein seltsames Gefühl ihm so Nahe zu sein, doch wir waren zwei reife Erwachsene in einer undercover Operation. Langsam begann ich meine Hüften zu kreisen. Neal starrte mich völlig perplex an.
"Nun schau nicht so. Willst du dich lieber mitten im Club stehend unterhalten, als würden wir etwas geheimes besprechen?"
Er weitete sein Augen verteidigend und und schüttelte leicht seinen Kopf.
"Nein, ich wusste nur nicht dass du soweit gehen würdest, dass ist alles."
Nun schlich sich ein Grinsen auf seine Lippen und ich schaute automatisch Grinsen weg.
"Hör zu, du musst nur die Schlüsselkarte beschaffen, den Rest erledige ich."
Verwundert hob ich eine Augenbraue.
"Wie war das, kein 'Danke Blake'?"
Meine Augen funkelten amüsant, während Neal mich ebenfalls sichtlich belustigt anstarrte.
"Die Schlüsselkarte war Kellers Drohungen absolut wert, vielen Dank Blake."
Ich wusste dass er mich nur aufziehen wollte und dennoch, sobald die Worte seine Lippen verließen versteifte sich mein Körper augenblicklich und das Lächeln verschwand aus meinem Gesicht. Pure Schuldgefühl nahmen meine Gedanken ein und ich löste mich von Neal.
"Tut mir leid, das war unangebracht."
Er sah mich entschuldigend an und ich merkte dass er meine Reaktion falsch interpretiert hatte.
"Nein, du hast ja recht. Die Sache mit Keller hatte ich ganz verdrängt."
Neal erhob sich ebenfalls von dem edlen Ledersessel und ließ seinen Blick durch den Club schweifen, bis dieser im Endeffekt auf mir liegen blieb.
"Komm morgen nach deinem Gespräch mit Carlos unverzüglich ins Büro. Es wird Zeit dass wir an ein und dem selben Strang ziehen."
Er schielte auf seine Armbanduhr und schaute mir dann wieder ins Gesicht. Ich nickte bloß und schenkte ihm ein Lächeln, welches er nicht erwiderte. Stattdessen verzog er seine Miene etwas besorgt und nahm einen ernsten Ausdruck an.
"Sei bitte vorsichtig. Diese Menschen sind gefährlich."
Erneut brachte ich nicht mehr als ein nicken raus und für einen Moment schaute ich zu Boden.
"Ich muss jetzt weiter arbeiten. Del Santo hat seine Augen überall, selbst wenn er nicht da ist."
Aus mir unerklärlichen Gründen, musste ich über meine Bemerkung leicht schmunzeln und als ich zu Neal schaute, sah er mich mit hochgezogener Augenbraue an.
"Wir sehen uns morgen."
Ich schüttelte leicht meinen Kopf um ihm zu vermitteln, es sei nichts woraufhin er mir noch verwirrter drein schaute.
"Wir sehen uns morgen."
Er wiederholte bloß meine Worte und wandte sich dann von mir ab. Ich schielte zur Uhr über dem Tresen der Bar und stellte erleichtert fest dass es sich bereits um 23 Uhr handelte. Die Arbeit würde mir nicht so schwer fallen, mit dem Wissen in einer Stunde wieder in der Wirklichkeit zu sein. Mit schweren Schritten ging ich zu meinem Tisch wo sich ein neuer Kunde in den Ledersessel fallen lassen hat und schwang für den Rest des Abends meine Hüften, als würde mein Leben davon abhängen.

Con (Neal Caffrey)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt