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"Wie ich schon erwähnte Mr. Griffith, entweder wir vereinbaren einen Termin für nächste Woche oder sie müssen jemanden anderen das Gutachten schreiben lassen."
Ich versuchte so höflich wie möglich zu bleiben, doch das meine Nerven strapaziert waren könnte man sicherlich heraushören.
Ein lautes Klopfen ertönte doch ich blieb stumm. Momentan konnte ich mich nicht mit zwei Leuten beschäftigen.
"Mir ist klar dass sie eine Frist haben, aber die müssen Sie selbst einhalten. Nächste Woche, oder eben gar nicht."
Die Tür öffnete sich ein Spalt und Zoeys Kopf lugte hindurch. Ich lächelte ihr freundlich zu und signalisierte mit einem Finger einen Moment zu warten, was sie nur mit einem Grinsen entgegen nahm und verschwand. Kurz darauf öffnete sich die Tür komplett und Neal trat ein. Augenblicklich stieg Freude in mir auf und ich deutete ihm sich auf den Platz gegenüber zu setzen.
"Mr. Griffith, ich kann ihren Frust nachvollziehen, aber es ist ihre Aufgabe das Gutachten zu besorgen und wenn ich sage dass es nun mal diese Woche nicht geht dann bleibt es auch dabei."
Ein Augenrollen entwich mir, während Neal mich aufmerksam beobachtete.
"Das ist aber nicht mein Problem, das müssen sie verstehen...nein, das ist nichts persönliches. Mr. Griffith mein zwölf Uhr Termin ist da, ich werde mich jetzt verabschieden. Genau, nächste Woche. Ja."
Ich griff nach meinem Terminkalender, und hielt das Telefon zwischen Schulter und Ohr um mir den Termin zu notieren.
"Dienstag, neun Uhr. Gut Mr. Griffith bis dann."
Sichtlich genervt nahm ich den Hörer wieder in meine Hand und legte auf, bevor ich mich endlich Neal widmete.
"Anwälte. Überzeugt und egoistisch."
Neal nickte nur und schaute mich an, was mich etwas nervös machte.
"Wie kann ich Ihnen helfen Mr. Caffrey."
Meine Absicht war es die Stimmung etwas zu lockern, doch stattdessen verdunkelte sich seine Miene und er stütze seine Ellbogen auf den Knien ab, während er seine Hand durch sein Gesicht strich.
"Ich belaste dich ungern mit solchen Sachen während der einzigen Zeit wo du dein normales Leben führst, aber ich meine rausgefunden zu haben worum es sich bei Kellers Plan handelt."
Bei seinen Worten wurde ich sofort hellhörig und ohne es kontrollieren zu können spannte sich jeder Muskel in meinem Körper an. Mein Schweigen reichte ihm als Antwort um fort zu fahren.
"Nach reichlichen Nachforschungen bin ich auf  etwas gestoßen was die beiden in Verbindung bringt. Keller schien damals mit einem Fälscher zu arbeiten, als er dringend Papiere brauchte, war aber nicht flüssig um das nötige Geld aufzubringen. Dieser bot ihm damals an, die Papiere kostenlos für ihn fertig zu stellen für einen Gefallen den er einlöst."
Er setzte sich wieder aufrecht hin und verlor mich keine Sekunde aus den Augen.
"Keller ist normalerweise kein Mensch der einen Gefallen als Tausch anbietet, woraus ich schließe dass er damals die Ausweise dringend nötig hatte. Jedenfalls muss sich der Fälscher bei ihm gemeldet haben um den Gefallen einzulösen."
Ich schloss meine Augen und atmete durch.
"Und Del Santo ist von diesem etwas in Besitz."
Fälscher, Betrüger, Mafiose..kein Leben welches ich jemals erwartet hätte, als ich Kriminalpsychologie studiert hatte. Verbrecher analysieren und beurteilen, ja. Mit ihnen zu arbeiten? Eher nicht. Ich öffnete wieder meine Augen und sah wie Neal's immer noch auf mir lagen.
"Dieses etwas ist eine alt griechische Schrift. Auf den ersten Blick scheint sie nicht wertvoll, doch für den richtigen Käufer könnte sie Millionen wert sein."
Mir fiel wieder ein, wie mich zu Beginn Neal's unechtes Lächeln gestört hatte, doch genau in dem Moment fehlten mir genau diese hochgezogenen Mundwinkel.
"Was ist das für eine Schrift?"
Neal überlegte kurz und fixierte einen willkürlich ausgesuchten Gegenstand auf meinem Schreibtisch.
"Ich weiß es nicht genau, aber Mozzie ist an der Sache dran."
Er hob seinen Kopf und schaute wieder zu mir.
"Hat er schon was wegen des Zahlensystems rausgefunden?"
Eine gute Nachricht würde mir schon etwas den Tag versüßen, doch viel Hoffnung steckte ich da nicht rein.
"Bis jetzt konnte er leider noch nicht viel in Erfahrung bringen, es heißt also abwarten."
Wir hatten also nichts bis jetzt. Mit der griechischen Schrift, hatten wir nichts anzufangen, das Zahlensystem war nutzlos und Keller hing uns immer noch ohne Peters Wissen im Nacken.
"Was machen wir Neal?"
Meine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, doch durch die Stille in meinem Büro hörbar. Sie war eine Mischung aus Verzweiflung, Hoffnung, Angst und genau das muss Neal ebenfalls rausgehört haben, denn dieses halbehrliche Lächeln zierte wieder seine Lippen.
"Wir, meine Liebe Miss Williams, gehen heute zu den Burkes essen."
Wir. Neal und ich. Ein Laut welches einem spöttischen Lachen ähnelte, verließ meinen Mund was Neal wiederum dazu brachte, eine Augenbraue fragend zu heben. Ich schüttelte schnell meinen Kopf um diese Gedanken loszuwerden, doch sowas bringt selten etwas.
"Welche Uhrzeit wurde denn eingeplant? Ich muss noch bis 18 Uhr im Büro bleiben. Habe die ganze letzte Woche meine Arbeit vernachlässigt."
Mein Blick wanderte zu dem Stapel Akten die vor mir lagen. Zwar hatte ich keine neuen Fälle angenommen aber es standen noch ein paar offen die ich nicht mehr geschafft hatte vor dem Del Santo Fall abzuschließen.
"Peter sprach von 20 Uhr. Scheinbar hat Elizabeth es sich zur Aufgabe gemacht ein Festmahl vorzubereiten um Neal Caffreys neue Freundin kennen zu lernen."
Meine Augen weiteten sich, doch dann fiel mir der heutige morgen wieder ein.
"Wollen wir Peter wirklich in dem Glauben lassen? Du scheinst eine vertraute Bindung zu ihm zu haben, vielleicht ist eine Lüge belastend für diese."
Neal grinste zunächst nur, doch schnell wandelte sich das Grinsen in ein Lachen um und ich war erstaunt wie viel Freude darin steckte.
"Blake, seit ich dich kenne tischen wir ihm nur Lügen auf. Ich glaube diese richtet die wenigsten Schäden an."
Obwohl an der Situation nichts lustiges vorzufinden war, musste ich genau in dem Moment doch schmunzeln und das erste mal sah ich ein Funkeln in Neal's blauen Augen.
"Was ist?"
Nervös strich ich mir eine meiner welligen Strähnen hinters Ohr und wartete seine Antwort ab. Seine Augen behielten das Funkeln während er lächelte.
"Ich habe mir Sorgen gemacht dass du zu viele Gewissensbisse hast und es ist schön endlich zu sehen dass du etwas entspannter geworden bist. Das ist alles."
Ich nickte nur und wir schauten uns schweigend an. In den letzten Tagen ist Neal ein enger Vertrauter geworden, ich würde sogar fast behaupten der engste. Es gab nicht viele Personen in meinem Leben und schon gar nicht welche denen ich meine Geheimnisse anvertrauen konnte. Jacob war einer, doch selbst ihm habe ich auch nie etwas von Dr. Martin erzählt.
"Danke Neal."
Zum ersten Mal seit Jahren fühlte ich mich nicht allein. Dabei ging es mir nicht um Einsamkeit, denn diese wurde mir in die Wiege gelegt. Ich war nicht mehr alleine mit Geheimnissen und das war es im Endeffekt was mich beruhigte. Neal setzte sich aufrecht und schaute mich fragend an.
"Danke dass du mir vertraust."
Ich schaute ihn intensiv an doch bekam keine richtige Reaktion. Sein Lächeln verschwand und er schaute kurz runter.
"Auch wenn ich nicht alles preisgebe."
Es war nur ein murmeln, doch dadurch dass wir nur zu zweit im Raum waren und es still war, gelang es an Neal's Ohren. Sofort blickte er zu mir hoch und weitete seine Augen.
"Was meinst du?"
Er sagte es weder vorwurfsvoll noch neugierig. Seine Stimme klang eher als würde er mir anbieten mich anzuvertrauen und zu unterstützen. Meine Lippen öffneten sich einen Spalt und für einen Moment überlegte ich ihm wirklich alles zu erzählen und die Last von mir abzulassen. Nervös blickte ich auf meine Hände und räusperte mich kurz bis ich den Mut fasste um zu antworten.
"Ich habe Peter belogen."
Meine Finger wanderten zu meinem Ring, den ich umfasste und anfing zu drehen.
"Naja, nicht wirklich belogen, aber die Wahrheit etwas verdreht."
Jetzt schaute ich endlich zu ihm hoch, doch sein Gesicht veränderte sich nicht.
"Mein Plan war es nie mich wirklich in den Del Santo Fall einzumischen. Es ging um etwas anderes. Etwas viel persönlicheres."
Ich ließ von meinem Ring ab und stütze meine Ellbogen auf dem Tisch ab.
"Vielleicht fange ich damit an dass ich mir letztes Jahr nicht willkürlich Dr. Martins Praxis ausgesucht habe um zu arbeiten und dass ich Thomas auch schon vorher kannte."
In dem Moment ertönte ein Klopfen und mein Blick huschte zur Tür. Ohne etwas zu antworten, wurde sie aufgerissen und Christopher Montgomery stolzierte rein.
"Montgomery, ich habe ihnen gesagt dass Mrs. Williams gerade beschäftigt ist!"
Zoey kam direkt hinter ihm zum Vorschein, völlig aufgebracht und wütend. Jegliche Emotionen wichen aus meinem Gesicht und meine Augen verharrten auf Christopher, welcher Zoey nur abwinkte. Sein Blick war starr auf mich gerichtet und er kam erst vor meinem Schreibtisch zum Halt.
"Blake wir haben etwas zu besprechen."
In den ersten Sekunden schauten wir uns nur an, bis ich meine Augen von ihm löste und zu Zoey schaute, die entschuldigend den Raum verließ.
"Und Sie sind?"
Meine Aufmerksamkeit glitt wieder zu Christopher der Neal skeptisch beäugte.
"Neal Caffrey."
Neal erhob sich von seinem Platz und streckte die Hand zum Gruß aus, welche jedoch von Christopher nicht beachtet wurde und er sich wieder an mich wandte.
"Können wir uns unterhalten?"
Ich stand nun ebenfalls auf und starrte ausdruckslos zu ihm.
"Mit einem Termin, ja."
Er lachte auf und schüttelte den Kopf.
"Es geht um Thomas."
Seine Augen huschten kurz zu Neal und er versuchte mir somit zu vermitteln, dass es ein Gespräch unter vier Augen werden sollte. Doch das würde nicht passieren.
"Gerne."
Ich lächelte, was Christopher nur dazu brachte hochmütig sein Kinn zu heben.
"Mit einem Termin."
Damit fing ich an meine Akten zu sammeln und ein zu packen. Ich spürte wie Christopher mich mit seinen Blicken durchbohrte, welche ich jedoch gekonnt ignorierte.
"Er will ein Treffen vereinbaren."
Die Letzte Akte verschwand in meiner Tasche und vergeblich versuchte ich meinen Autoschlüssel raus zu fischen.
"Auf einer Skala von eins bis zehn, was meinst du wie überrascht er war zu erfahren, das seine kleine Assistentin nun eine angesehene Kriminalpsychologin ist?"
Ich hielt inne und schaute zu ihm hoch, ehe auf meinen Lippen ein höfliches Lächeln lag.
"Eine gute 18 schätze ich."
Damit nahm ich meine Tasche in die Hand und umrundete den Tisch, bis ich direkt vor ihm stehen blieb.
"Und jetzt bitte ich dich freundlich mein Büro zu verlassen, bevor ich das Sicherheitspersonal rufe."
Christopher schaute immer noch mit einem hinterhältigen Grinsen zu mir und bewegte sich keinen Zentimeter. Mir war es furchtbar unangenehm dass Neal noch neben uns stand und das Szenario beobachtete.
"Weißt du Blake, du bist eine beeindruckende Frau. Nein wirklich, dich nur innerhalb eines Jahres so hochzusteigen..ich sag es dir kleine, du hast eine gute Karriere vor dir."
Ich verharrte in meiner Position und sagte kein Wort. Dass Christopher gekränkt war als ich ihm eine Absage zu einem Date gegeben hatte war mir bewusst, doch dass die Ausmaße davon doch so frustrierend waren hätte ich nicht erahnen können.
"Umso fragwürdiger werden deine Absichten gegenüber Thomas und das sieht er ganz genauso. Also Blake, entweder du triffst dich mit ihm und führst nur eine blöde einfach Unterhaltung um seine Paranoia zu stillen oder du lässt es drauf ankommen."
Hab ich das gerade richtig gehört? Ich nahm einen kleinen Schritt Abstand und funkelte ihn schief an.
"Soll das eine Drohung sein?"
Christopher lachte auf und blickte kurz zu Neal um sich zu vergewissern ob er immer noch bei uns stand. Dann verstummte sein Lachen und seine Miene wurde ernst ehe er wieder zu mir schaute.
"Es ist eine Möglichkeit Blake. Eine Möglichkeit die alten Streitigkeiten zu begraben."
Nun war ich an der Reihe zu lachen, doch gab ihm keine Antwort darauf. Stattdessen festigte sich mein griff um meine Tasche und ich überlegte krampfhaft wie ich aus dieser Situation fliehen konnte.
"Du hast noch meine Nummer schätze ich, falls nicht-"
Er hielt zwischen seinem Zeige- und Mittelfinger eine Visitenkarte und legte sie anschließend auf meinen Schreibtisch ohne mich ein einziges Mal aus den Augen zu verlieren.
"Ich will bis morgen Abend eine Antwort wissen."
Sein Blick wanderte ein letztes Mal von oben herab über mein ganzes Erscheinungsbild, bis er sich umdrehte und das Büro verließ. Erst das Klicken der schließenden Tür ließ mich ausatmen und entspannen. Neal räusperte sich und zog somit wieder meine Aufmerksamkeit zu ihm. Für einen Augenblick sagte ich nichts und schaute ihn nur an, als würde sein Anblick mir helfen meine Gedanken zur Seite zu schieben und die Situation zu vergessen. Doch dem wahr nicht so. Christophers Worte hallten endlos in meinem Kopf und ich wusste dass sich das Problem nicht durch bloße Ignoranz beseitigen ließ. Neal legte seinen Kopf leicht schief und zog seine Augenbrauen nachdenklich zusammen, was mich dazu brachte endlich aus meiner Starre zu erwachen und ein Lächeln aufzubringen.
"Zwanzig Uhr. Wir treffen uns dort."

Con (Neal Caffrey)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt