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Der nervtötende Klang meines Handys riss mich aus meinem Schlaf. Obwohl, Schlaf konnte man das von heute Nacht ohnehin nicht wirklich nennen. Ein kurzer Blick auf meine Uhr sagte mir, dass es genau zwei Stunden her ist dass meine Augenlider runterfielen. Genauso fühlte es sich aber auch an. Mein Handy klingelte und klingelte und hörte gar nicht mehr auf. Tastend griff ich danach und nahm mit geschlossenen Augen ab.
"Ja?"
Vermutlich klang ich ziemlich verschlafen, denn mehr als ein murmeln brachte ich nicht heraus.
"Mrs. Williams! Peter hier. Könnten Sie in einer Stunde in meinem Büro sein?"
Eine Stunde? Das kam ganz darauf wie viel wert er auf mein Erscheinungsbild legte.
"Eine Stunde. Ich werde da sein."
Meine Augen hielt ich immer noch geschlossen.
"Perfekt. Neal meinte er hätte einen möglichen Plan. Ich fände es gut wenn Sie dabei wären, da Sie am besten wissen wie Del Santos tickt."
Ich öffnete genervt meine Augen. Neal hatte einen Plan. Das klang ja vielversprechend.
"Ich auch."
Damit legte ich auf und warf meinen Kopf in mein Kissen. Die ganze Nacht durchzuarbeiten ist nie eine gute Idee, aber es hatte sich gelohnt. Nach über knapp einer Stunde und 3 Tassen Kaffee hatte ich endlich einen Zusammenhang zwischen Garcia und den Del Santos gefunden. Den Rest der Nacht nutzte ich anschließend für die Martins Akte, welche mir jedoch weniger brachte als erhofft. Außer ein paar Details mehr von dem was ich schon wusste, gab sie nicht mehr her.
Müde strich ich mir meine hellen Haare die wild wellig überall hindeuteten, aus meinem Gesicht. Das einzige was mich jetzt wach machen würde, war eine kalte Dusche. Ich schlüpfte in meine Pantoffel die an meinem Bett lagen und schlenderte trotzig ins Bad um mich fertig zu machen.

Ich stieg aus dem Aufzug, als mich wieder die Welle des Lärms einnahm. Genau wie am Tag zuvor schon, war das gleiche hektische Gewimmel los. Ich strich meinen weißen Blazer glatt und stellte mich aufrecht hin.
Der Fahrstuhl kam erneut oben an und heraus trat ein breit lächelnder Neal.
"Guten Morgen, Mrs Williams."
Er blieb neben mir stehen.
"Den habe ich soeben aufgegeben."
Sein Lächeln verschwand deswegen nicht.
"Seien Sie nicht so grimmig, das passt nicht zu Ihnen."
Er reichte mir einen Kaffee, welchen ich skeptisch annahm.
"Na wenn Sie das sagen Caffrey, dann wäre ja jeder Widerspruch ein Meineid."
Ich lachte kurz auf.
"Witzig, verstehen Sie? Weil sie wegen Betruges vor Gericht waren."
Nippend steuerte ich die Glastüren an. Neal folgte mir elegant.
"Und trotzdem stehen wir beide um 9 Uhr hier und leisten die selbe Arbeit. Lustig, verstehen Sie? Weil ich noch vor knapp über einem Jahr in Gefängnis saß."
Ich drehte mich nicht um während ich zu Peters Büro ging, aber ich wusste dass er siegessicher hinter mir her lief. Zugegeben, konnte ich ein leichtes Schmunzeln nicht zurückhalten.
"Wussten Sie, dass Sie sogar einer meiner ersten Fälle waren? Naja nicht direkt Sie, eigentlich Ihr Boss, aber in gewissermaßen auch Sie."
Wir liefen die Treppe hoch und blieben kurz vor Peters Büro stehen. Ich wandte mich an Neal und schaute ihm direkt in die Augen. Er grinste immer noch.
"Deswegen haben Sie mich auch nur fast um den Finger gewickelt und meinen sozialen Ruf und alles wofür ich gearbeitet habe, samt meiner Beziehung in den Sand geschmissen"
Dabei hielt ich meinen Finger direkt vor sein Gesicht.
"Fast."
Flüsternd berührte ich seine Lippen mit dem Finger und wandte mein Blick nicht ab. Er schaute leicht überrascht aber bewegte sich nicht. Nicht einmal blinzeln, tat er. Nach einem Augenblick des Schweigens fing ich an über beide Ohren zu strahlen und Neal schaute genervt zur Seite.
"Fast?"
Es war eher eine Aussage, in der er sich selbst bestätigte dass sein jetziger Charme genau wie auch früher, keine komplett einnehmende Wirkung zeigte.
"Fast."
Lachend betrat ich das Büro, dicht gefolgt von Neal.
"Morgen Peter."
Als hätte der Kummer von eben nicht existiert, begrüßte Neal fröhlich seinen Vorgesetzten. Sein Plan muss also gut sein.
"Morgen Neal, Mrs Williams."
Er nickte mir kurz zu. Ich nahm auf einem der Stühle Platz und Neal tat es mir gleich.
"Jones und Burrigan treffen auch gleich ein dann können wir die Einzelheiten durchgehen, doch vorher möchte ich den Plan hören Neal."
Peter schaute Neal streng an, sodass dieser unschuldig die Hände hob.
"Es ist nichts Illegales, ich verspreche es."
Mein Blick wanderte wieder zu Peter, welcher sein Augen verdrehte und sich müde über das Gesicht strich.
"Na dann schieß los."
Neal hatte jetzt unser beider volle Aufmerksamkeit und ich hoffte inständig dass er diese nicht vergoldete.
"Von dem was ich gestern mitbekommen habe, führt del Santos ja auch einen Edelstripclub. Was wir aber nicht wussten-"
Dabei schaute er erst zu mir, dann zu Peter.
"Ist dass dieser Edelstripclub auch ein Bordell ist. Die Tänzerinnen stellen sich auch für mehr als nur anzügliches Tanzen bereit."
Ich beobachtete ihn skeptisch. Wenn es noch ein Bordell wäre, dann hätte Jakob es gewusst.
"Überlegt doch mal, wir wussten dass er ebenso mit Prostitution handelt. Statt im Casino treibt er es im stripclub."
Ich zog meine Augenbrauen über seine Wortwahl hoch, was er schnell bemerkte und sich kurz räusperte.
"Die Geschäfte..nicht das..Vergnügen."
Er verstummte. Ich seufzte laut auf und schloss kurz meine Augen. Ich war viel zu müde für ein drum herum reden.
"Kommen Sie zum Plan Caffrey."
Ein kurzer genervter Blick reichte, dass er fortfuhr.
"Na gut jedenfalls jetzt wo wir wissen dass es ebenso ein Bordell ist, dachte ich, dass ich, eventuell, wenn Peter mir erlaubt, mich einschleuse wegen der Mädels und dann ins Gespräch komme wegen weiteren illegalen Machenschaften. Ihr wisst schon, von einem illegalen Handel zum nächsten. Die ganzen Kunden tanzen nach Del Santos Pfeife und ich werde einer sein der den Spieß umdreht."
Stille. Peter schien kurz zu überlegen ehe er eine klare Antwort gab.
"Nein."
Neal schaute überrascht auf.
"Nein? Aber Peter warum denn nicht? Es ist ein schneller effizienter Plan."
"Und du vergisst gefährlich, spontan, riskant. Ich möchte dass weder du noch die Operation gefährdet wird."
Als nächstes gab Neal eine schlagfertige Antwort, woraufhin Peter konterte. Das ging eine Weile so bis mir eine bedeutende Frage aufkam.
"Woher wissen Sie das mit dem Bordell im stripclub."
Warum wusste Jakob nichts davon, aber er. An solche Informationen kommt man nicht einfach durch Google ran.
Neal hielt abrupt die Luft an und schaute runter. Peters Augen zogen sich fragend zusammen, ehe er einen wissend empörten Ausdruck aufsetze.
"Du warst schon da! Verdammt Neal!"
Völlig entgeistert und genervt wandte uns Peter den Rücken zu und strich sich wütend übers Kinn. Ein Moment der Stille trat ein ehe er sich wieder zu uns drehte.
"Was dachtest du dir dabei? Moment nein, du dachtest ja nicht, denn dass macht Neal caffrey eben, er ergreift die Gelegenheit und nutzt sie zu seinem Vorteil."
Ein leichtes unschuldiges Grinsen wurde auf Neal's Lippen sichtbar und Schulterzuckend blickte er zu Peter.
"Ich bin eben ein Opportunist."
Bevor Burke die Gelegenheit hatte Neal den Kopf abzureißen mischte ich mich ein.
"Ich werde mich als Tänzerin bewerben und Neal"
Ich blickte zu Neal.
"Sie werden mir helfen da rein zu kommen. So können Sie sich gleichzeitig als Geschäftspartner erweisen."
Beide öffneten den Mund um etwas zu sagen, doch ich war schneller.
"Und ich kann sowohl ein Auge auf Mr. Caffrey werfen, als auch behilflich sein. Die Menschen plaudern eher bei einer Stripperin, als bei einem Geschäftsmann."
Neal schaute mich eine Weile unsicher an, wandte sich aber schließlich an Peter.
"Mir gefällt es nicht dass sie da eingeschleust werden soll, aber Sie hat in gewissermaßen recht Peter."
Burke schaute uns beide an, als hätten wir ihn gerade um seinen Segen gebeten zu heiraten.
"Ihr meint das ernst. Das ist kein Witz oder so."
Verwirrt schaute ich zu Neal. War der Plan etwa so schlecht?
Peter warf seine Hände nach oben und stürmte aus dem Büro in Richtung Konferenzsaal.
Gleichzeitig sprangen Neal und ich ebenfalls auf und folgten ihm.
"Ach Peter, na komm schon. Das wird klappen, vertrau mir."
Ohne sich nur ein einziges Mal umzudrehen, lachte Peter auf.
"Oh ja das tue ich immer wieder Neal."
Neal grinste förmlich.
"Und immer wieder aufs Neue präsentierst du Hughes einen gelösten Fall auf dem Schreibtisch."
Neal zwinkerte mir zu. Ohne einen Halt einzulegen, deutete Peter Jones und Diana zu, ihm ebenfalls zu folgen.
"Und immer wieder aufs neue riskiere ich bei deinen Plänen meinen Job und du das Gefängnis."
Mittlerweile kamen wir im Konferenzsaal an und hinter mir waren zwei weitere paar Schritte zu hören.
Vor dem großen Tisch kam ich zum Halt.
"Agent Burke"
Burke unterbrach mich.
"Nennen Sie mich Peter."
Ich ließ mich nicht beirren.
"Agent Burke, mir gefällt es genauso wenig wie Ihnen Neal da rein zu schicken damit er es vermasselt."
Neal schaute augenblicklich beleidigt hoch.
"Hey!"
"Aber es ist eben die beste Option die sich uns bietet. Wir kriegen Del Santos nicht mit nächtlichen Überwachungen oder Kontrollen. Das wissen Sie. Also lassen Sie uns das tun was wir eben können."
Jones und Burrigan schauten uns alle drei, sichtlich verwirrt, abwechselnd an. Ein Moment der Stille trat ein wo wir uns alle nur anschauten, bis Peter sich zu Diana wandte.
"Diana, Sie werden Neal verdeckt als Stripperin begleiten, für den Del Santos Fall."
Ich riss meine Augen auf und schaute entgeistert zu Peter.
"Aber das war-"
Peter hob einen Finger und schaute mich streng an.
"Nein! Da ist kein Aber. Sie sind hier um uns mit dem psychologischen Profil zu helfen, denken Sie nicht eine Minute daran, dass ich Sie irgendwo unvorbereitet reinschicke."
Ich starrte immer noch, mittlerweile aber etwas genervt und wütend. Peter sah nicht anders aus. Von der Seite spürte ich zusätzlich die Blicke der anderen, die scheinbar bemüht waren sich zurückzuhalten, um weder mir noch Peter den letzten Rest zu geben.
"Agent Burke, wenn Sie-"
"Nein. Das wird nicht diskutiert."
Er wollte mich also wirklich nicht einbeziehen.
"Dass alles ergibt-"
Er schüttelte genervt seinen Kopf und kam zu einem Punkt wo es ihm wirklich scheinbar zu viel wurde.
"Ich wusste Ihnen wird das zu persönlich! Sie werden von ihren Gefühlen kompromittiert bei diesem Fall! Sie sind weder ausgebildet, noch dazu befugt in einer verdeckten Operation offiziell zu ermitteln, also überlassen Sie sowohl die Mordaufklärung Sheppards, als auch die anderen Verbrechen Del Santos dem FBI."
Man konnte es nicht wirklich schreien nennen, aber Peters Stimme ist deutlich über den normalen Maß an Lautstärke gestiegen. Ich stand einfach nur mit weit aufgerissenen Augen da und schaute voller Schock im Gesicht  zu ihm. Der Moment, indem er realisierte dass er aus der Fassung gefallen ist, war deutlich in seinen Ausdruck zu erkennen. Ich schaute kurz zu den anderen Agents, dann zu Neal und schließlich auf den Boden. Was tat ich hier, je weniger ich beteiligt sein würde, desto besser war es doch im Endeffekt für mich. Ich brauchte nur den Zugang zu den Martins Akten und das FBI auf meiner Seite. Erstes hatte ich schon, zweites machte ich mir soeben mit meinem aufdringlichen Fehlverhalten zu Nichte.
"Blake, vielleicht gehen wir kurz in mein Büro."
Mein Blick wanderte wieder hoch und ich setzte mein professionelles Gesicht auf, welches ich immer bei der Arbeit trug.
"Mrs Williams bitte. Es tut mir leid, ich habe mich tatsächlich reingesteigert weil ich gerne helfen wollte, aber Sie haben recht. Ich bin nur für das Profil zuständig und das werde ich Ihnen liefern."
Sogar ein Lächeln brachte ich zustande, welches Neal von meinem seitlichen Blickwinkel skeptisch beäugte.
"Ich würde Sie trotzdem gerne in meinem Büro sprechen."
Peter deutete schon an zu gehen doch ich hielt nicht viel davon ihm zu folgen.
"Agent Burke, wir sollten vielleicht wirklich langsam zu dem Fall kommen. Jede nicht genutzte Zeit ist verlorene Zeit."
Er blieb stehen und schaute mich an.
"Sie hat nicht ganz unrecht Peter."
Neal sprach ernst und zuckte leicht mit seinen Schultern.
Peters Blick wechselte immer noch nicht überzeugt, zwischen Neal und mir.
Ich seufzte leicht.
"Anschließend, wenn alles besprochen ist, können wir uns immer noch unterhalten."
Das schienen die richtigen Worte gewesen zu sein, denn Peter nickte und stellte sich nach vorne.

Con (Neal Caffrey)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt