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Der Konferenzsaal füllte sich immer mehr, bis zu einem Punkt wo mir der Gedanke kam dass dies die ausreichende Anzahl von Agenten für ein Team für diesen Fall war. Bei Del Santo hieß es hier vielleicht je mehr desto sicherer, doch bei mir definitiv je weniger desto unauffälliger. Nur hatte ich das nicht zu bestimmen, denn erstens wurde Burke zum leitenden Ermittler ausgesucht und zweitens fungierte ich wie Caffrey nur als Berater für diesen Fall. Doch als immer mehr Agents eintrafen und mir klar wurde dass wir so nur die Operation gefährden würden, richtete ich mich von meinem Stuhl auf und ging unauffällig auf Burke zu. Erst direkt vor ihm kam ich zum Halt, was ihn von seinen Akten hochblicken ließ.
"Mrs. Williams, gibt es ein Problem?"
In seinem Ausdruck lag Verwunderung. Ich räusperte mich kurz und merkte wie nervös ich wurde. Keineswegs wollte ich dass er denkt ich würde ihn belehren.
"Nun ja, halten sie es wirklich für nötig so viele Agents zu dem Fall zu ziehen?"
Wie immer wenn ich Nervosität verspürte, rutschte meine Lippe zwischen meine Zähne. Er hob sein Linke Augenbraue und schaute überrascht durch den Raum.
"Del Santo sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen."
Sein Blick blieb wieder an mir hängen. Zunächst kam mir der Gedanke mich einfach wieder auf meinen Platz zu setzen, aber das war sonst nicht meine Art und die würde sich jetzt nicht ändern.
"Das verstehe ich, aber Sie müssen auch beachten dass Del Santo ein sehr vorsichtiger und präziser Mann ist. Möglicherweise könnte ein großes Team seine Aufmerksamkeit erregen."
Ich versuchte soviel Vorsicht und Zurückhaltung in meine Statue und Stimme zu bringen, um zu zeigen dass ich immer noch hohe Achtung vor seinen Befehlen und Entscheidungen hatte. Burke kniff seine Augen leicht zusammen und schien für einen Moment zu überlegen, doch schließlich lockerte sich seine Miene und er hob sein Hand.
"Alle mal her hören! Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. Ich hab soeben beschlossen dass wir uns doch mit der Anzahl von Beteiligten zurückhalten sollten!"
Der Raum war plötzlich mit einer unglaublichen Stille gefüllt, die ich bei so vielen Personen nie für möglich gehalten hätte.
"Burrigan, Jones, Donovan, Martinez und Mitchell. Sie bleiben hier, der Rest kann sich wieder seinen alten Fällen widmen."
Ein paar stöhnten enttäuscht auf, wiederum anderen war Gleichgültigkeit anzusehen. Während die meisten gerade zur Tür raus gingen, kam ein verwirrter Neal herein der den rausstürmenden Agents hinterher blickte.
"Muss ich mir Sorgen machen deswegen?"
Seinen Finger richtete er auf das Getümmel, doch sein Blick lag auf Peter. Mit einem provozierenden Grinsen.
"Du kannst ihnen gleich folgen. Pünktlichkeit gehört wohl nicht zu den Tugenden der anderen Seite des Gesetzes."
Peters Bemerkung sorgte ebenfalls für ein Grinsen auf meinen Lippen. Vielleicht würde es doch interessanter werden, als in meiner Vorstellung.
"Wir haben dort leider kein 7-schritt-Quantico-Programm."
Im eleganten Gang, bewegte er sich auf eines der Stühle zu, auf welchem er sich niederließ.
"Oder ein Sinn für Anstand."
Ich warf Neal ein ironisches Lächeln zu.
"Dafür haben wir Charme, Manieren und eine Menge Spaß"
Ein mahnender Blick von Peter, ließ sein grinsen verschwinden.
"Meistens."
Ich zog den Stuhl gegenüber von Neal zur Seite und nahm ebenfalls Platz.
"Ich möchte euch allen Dr. Blake Williams vorstellen. Sie wird uns im Fall Del Santos beraten und unterstützen."
Neal's Hand schoss in die Höhe, was Peter mit einem genervten Ausdruck quittierte.
"Nimm die Hand runter Neal." 
Einer der Agents lachte kurz auf.
"Ich dachte ich wäre euer Berater."
Wie ein drei jähriger, verzog Neal seine Miene.
"Und Gott behüte uns, wenn Sie zum Einsatz kommen Caffrey."
Alle Blicke richteten sich zur Tür, wo nun Agent Hughes eintrat und mich freundlich anlächelte.
"Schön dass Sie da sind Mrs. Williams."
Ich nickte zustimmend, ehe er sich an Peter richtete.
"Burke, kann ich Sie kurz in meinem Büro sprechen?"
Sein Ausdruck wurde ernst. Peter schielte kurz zu mir und sprach schließlich in die Runde.
"Mrs Williams wird Ihnen die Akte des Falles vorstellen, ich bin gleich wieder da."
Damit verließ er seinen Posten und folgte Hughes aus den Raum. Alle Augen waren auf mich gerichtet und der Einstieg zur Vorstellungsrunde ist gleich um einiges schwieriger geworden. Vorsichtig schob ich meinen Stuhl nach hinten, erhob mich und versuchte so viel Selbstbewusstsein in meinen Gang zu legen, wie mir möglich war.
Vorne schaute ich in jedes einzelne Gesicht bis auf das von Neal. Noch mehr Unsicherheiten waren schließlich Fehl am Platz.
"Hallo alle zusammen, mein Name ist Williams und ich habe mich bereit erklärt dem FBI Unterstützung bei dem Del Santos Fall zu leisten."
Ich nahm mir die Fernbedienung und schaltete den Monitor an. Das Bild von Gérard Del Santo flimmert über die Wand hinter mir, worauf ich schließlich den Rücken zu meinem Publikum kehrte.
"Gérard Del Santo. Er betreibt das Crown Casino in Downtown Manhattan, welches für Waffenschmuggel, Prostitution und fast jede weitere illegale Machenschaft verantwortlich ist. Bis jetzt konnte man ihm nichts nachweisen weil nie eine direkte Verbindung zu Gérard hergestellt werden konnte."
Ich drückte auf den Knopf der die nächste Folie aufzeigte.
"Das hier ist der Ort wo er angeblich die Geschäfte mit seinen Partnern abwickelt. Es ist eine Edelbar im Stil von den 20ern gehalten. Guter Scotch, Zigarren, Blues und Jazz, Burlesque Tänzerinnen-"
"All der ganze Bad Boy Charme, der eine Frau eben zum dahinschmelzen bringt."
Mein Blick schoss zu Neal, der sichtlich amüsiert in die Runde grinste.
"Ist dass eure Art von dem 7-schritt-Quantico Programm, Caffrey?"
Aller Aufmerksamkeit lag auf dem jungen Agent am Ende des Tisches, der zu meiner Überraschung sogar schon die Akte von Del Santo offen liegen hatte.
"Ich kann es nicht wissen, ich gehöre schließlich zu den Guten Jones."
Es war schwer einzuschätzen, wie viel von Neal's gesagten als Witz und wie viel ernst gemeint war. Zumindest kannte ich schon einmal den ersten Namen unseres Teams.
"Wirklich? Was genau hat dich das denken lassen? Nein lass mich raten. Die Fußfessel war es."
Diesmal sprach die junge Frau, die ihren Platz direkt neben Jones hatte. Sie legte einen gespielten Schock in ihren Ausdruck der mich zum Schmunzeln brachte. Neal rollte stattdessen genervt seine Augen.
"Immer die Fußfessel. Ihr hackt immer auf der Fußfessel rum."
Nun wollte ich meinen Senf dazu geben.
"Sie meinen das kleine Ding, das darüber entscheidet ob Sie hier mit uns sitzen dürfen oder mit Leute in Orangen Overalls? Die Lady hat recht, Caffrey."
Ich schielte zu Jones und der jungen Dame, die beide anfingen, Neal breit anzugrinsen.
"Die Lady heißt Diana Burrigan. Freut mich Sie kennenzulernen Mrs. Williams."
Ein freundlich lächelndes Gesicht blickte mir entgegen, was mich direkt auch auflockern ließ.
"Ebenfalls."
Für einen Moment schaute ich noch einmal in die Runde, diesmal auch zu Neal, der aber scheinbar mit seinem Stift beschäftigt war.
"Na gut, wo waren wir?"
Ich drehte mich noch einmal um und sah die Bar vor mir.
"Genau, das Casa Luna. Dort wickelt Del Santo die Geschäfte ab. Leider ist es so, dass er dort immer Geschäfte mit legalen Geschäftspartnern abschließt. Diese Geschäftspartner sind aber nebenbei noch als Mittelsmänner zuständig. Schlagen Sie also die Hände für einen Deal ein, dann wird gleichzeitig ein zweiter gemacht mit einem weitern Kerl im Hintergrund."
Eine ziemlich verzwickte Sache, weswegen es bis jetzt immer schwer war ihn für etwas dran zu kriegen.
"Also nur noch einmal zum Verständnis wie sowas abläuft. Jemand, nennen wir ihn mal den dude. Der Dude möchte ein Geschäft mit Del Santos machen. Er geht zu einem seiner Geschäftspartner, arrangiert mit ihm den Deal. Dieser geht dann zu Del santo um ihren legalen Geschäften nachzugehen, macht aber gleichzeitig ein zweiten Deal aus für den dude. So bleibt alles unauffällig aber dennoch nicht straffrei."
Jones schaute alle fragend an.
"Womit wir zum zweiten Punkt kommen. Wenn wir reinplatzen würden, während er den Deal macht, würden wir nichts nachweisen können weil dort offiziell ein legaler läuft. Man müsste beim Austausch zugreifen. Leider ist es nie bekannt wann der Austausch abläuft."
Ich klickte auf die nächste Folie.
"Nikolàs Alvarez. Gerard's Neffe. Wenn der Deal mit Del Santos abgeschlossen wurde, wird er an Nikolàs weitergegeben. Er ist der Mittelsmann, für den Mittelsmann. Nikolàs stellt den Vertrag auf und gibt ihn samt Adresse und Datum an den unbekannten Mittelsmann weiter. Dieser gibt den Vertrag dem Mittelsmann des Kunden der sich ebenfalls meistens bedeckt hält bis er schließlich beim Kunden ankommt. Es gibt ein bestimmtes Codesystem, mit welchem Sie sich verständigen. Bis jetzt wurde jedoch nicht rausgefunden wie."
Die Tür ging auf und Burke kam hindurch.
Er blickte streng zu mir rüber und deutete mit zwei Fingern ihm zu folgen. Verwirrt blickte ich hinter mich, mit der Hoffnung die Fingern hätten doch nicht auf mich abgezielt.
"Den Blick und die Finger zur gleichen Zeit kriege ich auch oft. Es ist dann meistens ein "du kommst vielleicht wieder ins Gefängnis" Grad von Problem."
Wütend schaute ich zu Neal, der scheinbar mal wieder nicht wusste wann etwas unpassend war zu kommentieren. Mit gehobenen Kopf und einer aufrechten Haltung, stolzierte ich aus dem Konferenzsaal und ging rüber in Burkes Büro. Angekommen schloss ich erstmal die Tür hinter mir, bevor ich völlig ernst zu Peter blickte.
"Setzen Sie sich, Mrs Williams."
Er versuchte etwas weicher zu schauen, was jedoch keineswegs eine beruhigende Wirkung diesmal hatte.
"Ich stehe lieber, vielen Dank."
Eigentlich hatte ich kein Recht wütend zu sein. Ich wusste noch nicht einmal worum es ging.
Peter schaute mich einen Augenblick lang an, ehe er seufzte und sich dann in seinem Stuhl nieder ließ.
"Sie haben uns den wahren Grund verschwiegen weshalb sie hier sind." Innerlich stutze ich, doch es war gefährlich sich was nach außen hin anmerken zu lassen. Es ist unmöglich dass sie was von Dr. Martin mitbekommen haben.
"Der wahre Grund ist, dass ich helfen möchte."
Mein Ausdruck blieb monoton.
"Aber was genau waren ihre Beweggründe. Doch nicht nur weil sie denken dass Del Santo ein gefährlicher Mann ist." Er zog eine Augenbraue hoch.
"Das tue ich."
Dieses Spielchen gefiel mir überhaupt nicht.
Peter atmete einmal tief ein und wieder aus.
"Es hat also nichts mit Jakob Sheppard zu tun?"
Jakob. Natürlich. Ich hab Thomas Martin so in den Vordergrund gerückt dass mir nicht in den Sinn kam, dass sie Jakob als Problem sehen. Das habe ich selber gar nicht. Bis jetzt. Mein Mich kompromittierender Hass gegenüber Del Santos breitete sich langsam wieder aus, was ich jedoch schnell wieder unter Kontrolle kriegte.
"Was mit Jakob Sheppard passiert ist war furchtbar, aber das heißt nicht dass mein Urteilsvermögen davon beeinflusst wird. Ich bin vielleicht einfach nur etwas überzeugter als andere dass er hinter Gitter gehört."
Ich meinte das so. Solange es um ein allgemeinen Fall ging, war es nicht provokant. Burke schien jedoch nicht überzeugt.
"Ich denke ich werde Ihnen diesen Fall entziehen müssen, Mrs. Williams."
Verdammt. Das durfte er nicht. Na gut, die einzige Möglichkeit war jetzt noch die Wahrheit. Ich lockerte meine Haltung, die vorhin noch aufrecht war und nahm auf dem Stuhl gegenüber Platz.
"Jakob Sheppard und ich, wir waren damals zusammen auf Princeton. Im Gegensatz zu den anderen hat uns der Ehrgeiz auf eine brutale Weise am Kragen gepackt und zu Sachen gebracht, für die wir noch nicht bereit waren."
Ich machte ein kurze Pause und schaute auf meine Hände. Es war zwar nicht die Martin Sache, aber trotzdem etwas was mich damals ziemlich fertig gemacht hat.
"Es gab mehrere Projekte die man machen konnte um nochmal was für extra credits auf dem Abschluss zu tun und Jakob kam irgendwann auf die Idee ein psychologisches Profil zu erstellen. Wir durften uns selbst eine Person aussuchen und als Jakob Del Santos auswählte wurde dies von unserem Professor abgelehnt. Er meinte es wäre viel zu gefährlich. Doch Jakob war so fasziniert davon, dass er nicht abließ. Ich sagte ihm dass er die Finger davon lassen solle, wir wären noch nicht bereit und er hörte auf mich."
Peter hörte mir geduldig zu, ohne mich zu unterbrechen. Es dauerte einen Moment ehe ich mich wieder zusammenriss und ihm in die Augen schaute. Mit einer kräftigeren Stimme als vorher fuhr ich fort.
"Jedenfalls haben sich nach unserem Abschluss unsere Wege getrennt, bis wir letztes Jahr, nach meinem Jobverlust als Assistentin, in der selben Praxis anfingen zu arbeiten. Jakob hat mir erzählt er hätte angefangen sich wieder mit Del Santo zu befassen, da er nun erfahrener und bereit dafür wäre. Ich habe ihm ein bisschen geholfen und mir seine zusammengestellte Akte angeschaut, bewertet etc. Leider ist es wie eine Besessenheit für ihn geworden und eines Tages hat er zu hoch gepokert. Er steckte seine Nase in Angelegenheiten, aus denen er sich hätte raushalten sollen. Man konnte Del Santo zwar nichts nachweisen, aber wir alle wussten dass er den Mord in Auftrag gab."
Meine Erzählung nahm ein Ende, jetzt musste der Teil kommen wo ich Burke überzeugte dass er meine Hilfe braucht.
"Ich kenne Gérard Del Santo besser als jeder andere, bis auf Jakob. Der kann Ihnen aber leider nicht mehr helfen. Hören sie, ich verstehe sehr gut dass sie denken, der Fall wäre zu persönlich, aber ich versichere ihnen dass ich einfach nur mit meinem Wissen helfen möchte dass seine Grausamkeit ein Ende findet. Bis jetzt hab ich mich stets professionell verhalten und ich versichere ihnen, sobald Sie den Eindruck haben dass mich die Situation zu sehr beeinflusst, werde ich mich des Falles entziehen. Nur geben Sie mir vorher die Chance das Gegenteil zu beweisen."
Burke schaute mich intensiv an und überlegte wohl, wie er als nächstes entscheiden würde.
In dem Moment wurde die Tür aufgerissen und Neal platzte rein.
"Hey Peter, deine..." er wechselte seinen Blick zwischen mir und Burke und verstummte.
"Ich kann auch gleich nochmal kommen."
Gerade drehte er sich um, mit der Absicht stumm zu verschwinden, doch Peter hielt ihn zurück.
"Nein ist in Ordnung, wir sind eigentlich fertig. Mrs Williams, sagen sie Neal welche Akten benötig werden damit wir die gleich genauer betrachten können. Schließlich müssen wir mit unserem Fall irgendwie voran kommen." Er lächelt mir bestätigend zu und wandte sich dann an Neal.
"Was war es dass du sagen wolltest?"
Leicht stutzig schaute er erst zu mir, dann zu Peter.
"Elizabeth ist da."
Bei dem Namen leuchteten Peters Augen auf.
"Wunderbar, schick sie doch rein."
Neal wandte sich zum gehen als die Stimme seines Vorgesetzten noch ein letztes Mal erklang.
"Ach und Neal, hör darauf was Miss Williams sagt."
Neal lächelte gezwungen, ehe er endlich komplett aus dem Büro ging, dicht gefolgt von mir.

Con (Neal Caffrey)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt