Kapitel 11

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Die Dunkelheit verschluckte Amelia, als sie durch die Korridore schlich, vorbei an den schlafenden Bildern und den gedämmten Fackeln. Um diese Zeit waren die Gänge von Hogwarts sehr unheimlich und als sie in den Kerker abbog, fröstelte Amelia leicht. Nicht vor Kälte, sondern vor den unheimlich, hallenden Schritten, die sie verursachte.

Nach wenigen Metern stand sie vor seiner Tür und ihr Herz klopfte laut. Was würde er sagen? Sie wollte sich einfach dafür entschuldigen, dass sie ihm so viel Ärger eingehandelt hatte und schluckte kurz. Was wäre, wenn er sie wegschicken würde? Bestimmt hatte McGonagall ihn genauso verwarnt – würde er nun wegen Ihr gefeuert werden?

Bei dem Gedanken zog sich alles in ihr zusammen.

Ihr Herz raste, ihr Atem ging stoßweise und schwankend schloss sie die Augen. Sie lehnte sich an die kühle Steinmauer und atmete tief ein und aus.

Selbst wenn er sie wegschicken würde – wäre ihr das nicht egal?

Nein!

Wieso nicht? Was empfand sie für diesen Mann, den sie nicht kannte, der zwanzig Jahre älter war als sie und den sie auf irgendeine Weise attraktiv fand?

Was wäre, wenn er sie wegschicken würde? Nichts. Dann würde sie wieder in ihr Bett kriechen und sich das weitere, letzte Schuljahr wie eine normale Schülerin verhalten. Sie würde Harry kennen lernen, mit ihren Freunden nach Hogsmeade gehen und Butterbier trinken und sie würde ihn einfach vergessen.

Aber...irgendetwas in ihr drin sagte ihr, dass das nicht mehr so einfach möglich war...

Ständig kehrten ihre Gedanken zu ihm zurück – zu dem Kuss, den er erwidert hatte – war es nur die Tatsache, dass sie  Lilys Tochter war oder mochte er sie wirklich? Nutzte sie diese Tatsache aus? Weil sie sich selbst alleine fühlte?

Was empfand sie wirklich für diesen Mann?

Seufzend öffnete sie die Augen. Sie konnte es nur herausfinden, wenn sie klopfen würde.

Also nahm Amelia all ihren Mut zusammen, klopfte an seine Tür und hielt den Atem an.

Snape saß in seinem Sessel, die Beine hatte er leicht gekreuzt übereinander geschlagen und seine Augen waren geschlossen. Er rieb sich die Stirn und seufzte tief. Amelias Gesicht ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Wieso hatte sie ihn geküsst? Wieso konnte er sie nicht mehr vergessen?

Snape erhob sich aus seinem Sessel und zauberte sich ein Glas Wein herbei. Mit gerunzelter Stirn stand er vor seinem Bücherregal und wollte sich grade ein Buch aussuchen, als es plötzlich an der Tür klopfte.

Wie erstarrt verharrte er in seiner Position und schluckte heftig. Es war kurz vor Mitternacht. Wer würde um diese Zeit an seine Tür klopfen?

Sofort ging ihm Amelia durch den Kopf, aber das war unmöglich. McGonagall hatte ihr wohl ebenfalls ausdrücklich gesagt, dass sie sich von ihm fern halten müsste.

War es nochmals Minerva?

Schnell schritt er die Kerkertreppe empor und blieb vor der geschlossenen Tür stehen. Wieder klopfte es und er schloss die Augen.

Bitte lass es nicht Amelia sein, dachte er sich.

Er öffnete die Tür mit einem Schwung und vor seinen Augen verschwamm plötzlich alles.

Da stand sie – erschrocken zurückgewichen. Die Dunkelheit verschluckte ihre Silhouette nun komplett, doch er konnte sie an ihrem Geruch erkennen. Sofort klopfte sein Herz wie wild, sein Atem ging flach und er presste die Lippen aufeinander.

Liebe kennt keine Grenzen | AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt