Als ich am Samstagmorgen aufwachte, war ich ziemlich glücklich. Der Abend – oder eher das Date - mit Alex war richtig schön gewesen. Als mir dann einfiel, dass ich heute noch mit Bianca ins Schwimmbad gehen wollte, konnte meine Laune durch nichts wieder zerstört werden.Ich war ausgeschlafen, als ich aufstand und nach unten ging. In der Küche holte ich eine Schüssel, Milch und Cornflakes. Meine Mutter war zum Glück schon am Abend nicht mehr da gewesen und so hatte ich meine Ruhe. Die Cornflakes löffelnd setzte ich mich auf den Balkon im ersten Stock.
Das Wetter war super schön und es war schon ziemlich warm. Ich beschloss Bianca anzurufen. Nach einigen Sekunden Freizeichen nahm sie ab.
„Vee! Gut, dass du anrufst. Ich muss mit dir reden.", sagte sie ernst.
„Was? Okay, wann und wo?", fragte ich.
„In einer halben Stunde bei unserer Bank.", antwortete sie.
„Alles klar, ich bin gleich da.", meinte ich noch, bevor sie auflegte.
Meine gute Laune tauschte mit einer schlechten Vorahnung.
B war super schlecht darin, mich zu pranken und sie klang wirklich besorgt. Ich zog mich sofort an und trug ein bisschen Mascara auf. Dann musste ich auch schon los, damit ich rechtzeitig zu der Bank im Stadtpark kam, wo wir öfter picknickten.
Ich schwang mich aufs Rad und machte mich auf den Weg. Da ich mich beeilte, war ich innerhalb von 10 Minuten angekommen und sogar noch 5 Minuten zu früh.
Außer Atem lehnte ich mein Rad an die Parkbank und setzte mich erstmal hin.
Dann sah ich Bianca, wie sie mit schnellen Schritten auf die Bank zukam. Sie sah richtig aufgelöst aus und ihre blonden Haare wehten im Takt ihrer Schritte.
Als sie bei mir ankam, drückte ich sie ganz fest. Ich wusste, dass irgendwas mächtig schiefläuft, wenn B so darunter litt.
„Hey, was ist los?", fragte ich und strich ihr durchs Haar.
Wir lösten uns voneinander und sie setzte sich neben mich auf die Bank.
„Es ist so, dass ab nächster Woche weg bin.", sagte sie.
„Was?", rief ich entsetzt.
„Meine Tante ist bei einem Autounfall gestorben und deswegen fahren meine Mutter und ich hin, um meinen Cousinen und Cousins beizustehen.", erklärte sie mir.
„Sag mir bitte, dass das bei deiner Cousine Luna ist, die nur paar Kilometer von hier wohnt.", meinte ich mein gerunzelter Stirn.
„Ich hab dir ja mal von meinem Cousin Olaf erzählt.", sagte sie zähneknirschend.
„Olaf, wohnt in Berlin.", sprach ich es aus.
Bianca trafen meine Worte genauso wie mich. Eigentlich hatten wir geplant, diesen Sommer lang komplett zusammen zu verbringen. Nun saßen wir völlig planlos auf einer Parkbank und starrten auf den Busch gegenüber.
„Wann fahrt ihr?", fragte ich nach einigen Sekunden.
„Heute Abend.", antwortete sie mir.
„Scheiße!", zischte ich.
Sie nickte. Uns beiden war klar, dass sie mindestens die ganzen Ferien dort bleiben würde. Sonst würde sie gar nicht erst hinfahren. Ich kannte ihre Mutter, sie sparte vor allem an Spritkosten.
Eine Weile saßen wir noch still auf der Bank.
„Okay! Ihr fahrt heute Abend. Also helfe ich dir bis dahin beim Packen und wir verbringen die Zeit noch zusammen.", entschied ich.
„Ja. Und ich überrede meine Mutter auch mal wieder zwischendurch hier vorbei zu schauen.", fügte sie hinzu.
Immer noch überrumpelt fuhren wir sofort zu B nach Hause. Dort drehte ich dann die Musik auf und öffnete ihren Kleiderschrank.
„Ab jetzt wird nicht mehr Trübsal geblasen, sondern nur noch gelacht! Wir werden den besten letzten Tag verbringen, den es gibt.", rief ich.
B lächelte.
Und tatsächlich hatten wir noch richtig viel Spaß, als wir zu den Songs mitsangen und Klamotten zusammenlegten. Nach einigen Stunden hatten wir so gut wie jedes sommerliche Kleidungsstück in Biancas zwei Koffern neben den ganzen Schuhen verstaut. Während sie im Bad ihre Schminksachen zusammenpackte erstellte ich ihr ein Care-Paket für die Fahrt. In ihrer großen Handtasche verstaute ich ihre Kopfhörer, erstellte an ihrem Handy eine Playlist mit unseren liebsten Songs, legte Zeitschriften rein, packte Getränke und Knabbereien. Dann schrieb ich noch schnell einen Zettel mit „Ich vermisse dich, Vee <3", den ich in ein Buch legte, welches auch seinen Platz fand. Zum Schluss legte ich ihren Laptop oben rauf, da die Tasche sonst nicht zuging.
Nachdem sie ihr Beautyzeug gepackt hatte, kümmerten wir uns um Ladekabel und andere Elektronik. Wir waren richtig unter Stress, da ihre Mom immer wieder reinschaute, uns fragte ob wir dieses oder jenes hätten und sagte, dass wir alles, was fertig war, ins Auto räumen sollten.
Nach insgesamt 3 Stunden packen, hatten wir alles verstaut. Erschöpft gingen wir in Biancas leergeräumtes Zimmer.
„Wie soll ich das ohne dich aushalten?", fragte sie verzweifelt.
„Hey, das wird schon. Wir schreiben einander jeden Tag. Und jede freie Minute wird geskypt.", beschloss ich.
Es munterte sie ein wenig auf. Wir saßen noch eine Weile auf ihrem nicht bezogenen Bett und quatschten nur über uns. Das tat uns mal wieder richtig gut.
Dann kam ihre Mutter, die los wollte. Bianca und ihre Mom verabschiedeten sich von ihrem Dad. Ich stand neben ihrem Vater auf dem Bürgersteig vor dem Haus und drückte Bianca mindestens eine Minute lang.
„Ich werde dich so vermissen!", sagte ich mit Tränen in den Augen.
„Ich dich auch!", schluchzte sie.
Die Sonne ging unter und ihre Mom war schon eingestiegen, als B und ich uns aus der Umarmung lösten.
„Danke, dass du den letzten Tag so unvergesslich gemacht hast.", meinte sie dann, bevor sie schweren Herzens einstieg.
Ich heulte mittlerweile wie ein Schlosshund und sah dem wegfahrenden Auto hinterher.
Biancas Dad Thomas nahm mich in den Arm. Und versprach mir, an einem Wochenende mit mir mal nach Berlin zu fahren. Thomas war für mich wie mein zweiter Vater, weshalb ich mich wahnsinnig über dieses Angebot freute.
Einige Minuten später saß ich auf dem Fahrrad und war auf dem Weg nach Hause. Heulend versuchte ich, von möglichst wenig Leuten gesehen zu werden. Ich war froh, als ich zuhause meinen Heulkrampf in Ruhe ausleben konnte. Das war es also mit der guten Laune vom Morgen.
Nachdem ich mich eine gute Stunde lang in der Phase des Heulens befand, begann die Phase, in der ich mich selbst bemitleidete und danach die, wo ich einfach nur deswegen scheiße drauf war.
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Take my pain away
Teen FictionViola führt ein relativ normales Leben, bis sie plötzlich, im wahrsten Sinne des Wortes, über den geheimnissvollen Jungen Alexander stolpert, dessen Geschichte ihr nicht mehr aus dem Kopf geht.