21 | "Perfect" couldn't keep this love alive

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>> F E L I X <<

Ich fragte mich, ob er mich vermisste. Ich meine, warum sollte er? Ich bin es überhaupt nicht wert, nach all dem, was ich ihm angetan habe.

Durchgehend dachte ich an ihn. Obwohl ich mir doch so sicher über meine Gefühle war. Ich dachte, ich brauche ihn nicht mehr. Ich dachte, ich liebe ihn nicht mehr. Aber irgendwie war das doch nicht so. Ob es Mitleid war? Oder ob ich ihn vielleicht doch mehr in meinem Leben benötige als ich es dachte? War es nur eine Phase? Oder einfach die Pubertät? Man, ich werde 18 und verhielt mich schon wieder wie 13 oder besser gesagt wie meine kleine Schwester.

Ich fühlte mich schlecht, dass ich meine Oma angelogen habe. Ich hatte ihr versprochen anzurufen, zuhause Bescheid zu sagen, dass ich hier war. Doch ich hatte es nicht getan. Weil ich feige und ängstlich war und versuchte so stark wie möglich zu sein. Ich probierte so wenig wie oft an ihn zu denken (was allerdings nicht mal ansatzweise funktionierte) und vor meinen Großeltern glücklich zu wirken.

"Felix, Schatz? Wir müssen mit dir reden", sagte meine Oma. Ich nickte und stand von der Couch auf um mich zu meinen Großeltern an den Tisch zu setzten. "Peter hat mich vorhin angerufen. Sie suchen dich."

Ich schluckte. Nein. Ich wollte nicht nachhause. Ich wollte hier bleiben. Ich wollte mich hier verstecken. Ich bin gerade all meinen Gedanken entkommen, wenn ich nachhause komme wird alles schlimmer!

"Sogar die Polizei sucht schon wie verrückt nach dir und alle sind ganz krank vor Sorge", erzählte sie. "Und sei mit jetzt nicht böse, aber ich musste ihnen sagen dass du hier bist. Zumal ich sehr überrascht über den Anruf war. Immerhin dachte ich du hättest Bescheid gegeben, dass du hier deine restlichen Ferien verbringst." Sie sah mich mitleidig an. Ich spürte wie sich Tränen in meinen Augen bildeten. Ich würde nachhause müssen. Ich muss Rewi sehen. "Wann holen sie mich?" Fragte ich und wischte mir meine Tränen weg. "Sie könnten jeder Zeit kommen. Deswegen pack bitte deine Sachen, Schätz'chen", sie strich mir über den Oberarm.

Wie hypnotisiert stand ich auf und lief in das Gästezimmer in dem ich die letzten Nächte geschlafen hatte. Ich war nicht böse auf meine Oma. Ich konnte es verstehen. Ich hatte es verkackt, sie hatte alles für mich getan was ich gebraucht hatte. Erschöpft ließ ich mich auf das Bett fallen. Dann sollen sie mich halt holen. Ich hatte sowieso keine Kraft mehr mich zu wehren oder irgendeine Art von Widerstand zu leisten.

Ich bin schwach.

Ich vergrub meinen Kopf in meinem Kissen und kuschelte mich mehr in meine Decke.

Tagsüber wollte ich nicht weinen. Ich wollte ja stark rüberkommen. Auch wenn ich wusste, dass ich das nicht war. Nur Nachts in meinem Bett, wo ich endlich alleine war, erlaubte ich mir selber zu weinen. Manchmal muss man sich einfach komplett ausheulen um in seinem Herzen Platz für positives zu machen. Allerdings schaffte ich damit keinen Platz sondern nur noch mehr Belastung auf meinem Herzen.

Rewi war der Mensch, der mich nach all den schlimmen Dingen in meiner Vergangenheit zu dem Mensch gemacht hat, der ich wirklich bin. Das ich mich vor meiner eigenen Schule, meinen Freunden und Klassenkameraden so verstellt habe, damit ich gemocht wurde ist wenn man es so im Nachhinein betrachtet, unglaublich traurig. Ich wollte doch nur 'cool' sein. Und das hatte ich geschafft, auf eine Art und Weise die falsch und verlogen war. Doch als ich mich so früh in Rewi verliebte, der mich nicht mal mit dem Arsch angesehen hatte, änderte sich alles. Ich verhielt mich wie ein Arschloch. Ich selber akzeptierte mich nicht dafür, dass ich mich in das selbe Geschlecht verliebt hatte und hatte ungefähr mit jedem zweiten oder dritten Mädchen meiner Stufe etwas. Für nichts mehr als für diese Zeit, schämte ich mich.

Doch ich glaube es war Schicksal. Es muss Schicksal gewesen sein, dass ausgerechnet er zu meinem Stiefbruder wurde und wir in einem Haus lebten. Rewi hat Struktur in mein Leben gebracht. Er hat mir so viel Selbstbewusstsein zugesprochen. Er hat sich für mich Zeit genommen, obwohl er keine hatte. Er hat mir zugehört, obwohl er selbst so viel zu erzählen hatte. Er war immer für mich da und hat so viel für mich getan.

Das entscheidende war allerdings, dass er mir zeigte was Liebe ist.

Dieses kleine Wort. Liebe. Darüber werden so viele Bücher geschrieben und Filme gedreht? Klang für mich immer so idiotisch. Doch genauso fühlte es sich an.

Er zeigte mir, wer ich bin. Ich soll mich selbst lieben und akzeptieren. Es war ihm egal, dass ich meinen Vater angelogen habe, im zarten Alter von 14 angefangen habe mit rauchen, dass ich mich verstellt habe oder mit so vielen Mädchen rumgemacht habe. Er liebte mich, weil ich der bin, der ich bin. Nämlich Felix Hardy.

Ich lächelte als ich daran zurück dachte, wie er mir das gesagt hatte. So liebevoll und mit so viel.. Ehrlichkeit.

Jeder hätte mir das sagen können, doch niemandem außer Rewi hätte ich es geglaubt.

Durch ihn habe ich gelernt wer ich bin. Ich bin halt einfach 'nur' Felix. Und das ist okay, das ich 'nur' Felix bin. Für mich bin ich auch 'nur' Felix. Doch ich war für ihn alles. Er hatte gesagt, ich bin für ihn seine Zukunft.

Ich fasse es nicht, dass ich einen derartig wichtigen Menschen in meinem Leben wirklich gehen lassen habe.

Manchmal wird einem eben erst dann bewusst wie dringend man jemand braucht, wenn er nicht mehr da ist.
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