Kapitel 17

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"Wir ziehen um." Ich merkte, dass sie versuchte, meinem Blick auszuweichen. "Oh..." Die Worte waren wie Schläge ins Gesicht. Mehr brachte ich nicht heraus. "Und es ist noch etwas entscheidendes passiert über das du bescheid wissen solltest..."
Gab es denn heute keinen guten Nachrichten für mich?
"Nächste Woche habe ich einen Termin beim Rechtsanwalt.... Ich..." Was?? Omg?? Was hat sie denn angestellt?? Mum und das Gericht. Einfach nicht vorstellbar... "Ich lasse mich scheiden." Punkt. Das wars. Alles wurde mir zuviel. Geschockt zog ich meine Arme weg und ging ein paar Schritte rückwärts. "Sag das nochmal. Nein... lass es lieber. Ach..." Verzweifelt drehte ich mich um und rannte die steilen Treppen hinauf in mein Zimmer. Ich schmiss mich aufs Bett und weinte in mein Kissen.

Es war spät abends. Ich habe mich seit dem Gespräch in mein Zimmer verzogen und entweder geweint oder an die Decke gestarrt.
Vorsichtig nahm ich eine blaue, mit Schnörkel verzierte Kiste aus meinem Regal und setzte mich aufs Bett. Ich öffnete sie. In dieser Kiste habe ich alle Fotos mit meiner Familie aufbewahrt.
Oben auf lag ein Foto von meinem 12 Geburtstag. Ganz links auf dem Bild standen Omas und Opas, rechts Mama und Papa und in der Mitte strahlte ein Mädchen mir braunem, schulterlangem Haar und einer Zahnlücke in die Linse. Ihre dunklen Augen glänzten im Blitzlicht der Kamera.
Damals schien alles noch so einfach. Alles so leicht und unbeschwerlich. Alle anderen lächelten auch in die Kamera.
Ein schönes Foto.
Das nächste zeigte mich mit ca. 5 Jahren auf meinem ersten knallgrünen Fahrrad, hinter mir stand stolz mein Dad und sah mir zu, wie ich die erste Runde ohne Stützen drehte.
Ich konnte mir keine Leben ohne meinen Dad vorstellen. Klar hatten wir so unsere Meinungsverschiedenheiten, aber ich verstand mich schon immer gut mit ihm. Er war einfach ein wichtiger Teil meines Lebens. Und das soll sich ändern?
Ich legte die Schachtel beiseite. Wenn ich zu Josy fahre?
Aber es ist schon ziemlich spät.
Ich schaute auf Leo's Profil.

Zuletzt online um 22:15

Mein Freund konnte mir auch nicht weiterhelfen. Zu weit weg. Warum hatten andere das Glück eine Beziehung mit jemanden zu führen der vier Häuser weiter wohnt?
Und mein Freund wohnt Kilometerweit entfernt.
Ich sank in mein weiches Kissen und schlief ein.
Am nächsten Tag schlurfte ich ohne Motivation in die Schule. Nichts konnte mich aufheitern.
Ich wollte es Josy zwar sagen, aber der richtige Zeitpunkt war noch nicht gekommen und sie war so gut drauf. Ich wollte ihr einfach nicht die Laune verderben.
"Was ist denn los Lexy? Heute so still?", fragte meine Erdkundelehrerin. Frau Braun konnte mich nochnie leiden und ich sie auch nicht. Sie nutzt sozusagen jede Gelegenheit, um mich vor der Klasse bloßzustellen. Normalerweiße würde ich ruhig irgendwas kontern. Doch sofort stieg Wut in mir auf und etwas tropfte auf den Tisch. Ich schniefte und wischte die Tränen weg. "Alles in Ordnung?" "Natürlich ist alles in Ordnung!", schrie ich sie an. "Meine Eltern lassen sich scheiden! Mein Freund wohnt Meilenweit weg! Sie provozieren mich ständig und stellen mich andauernd bloß! Klar! Alles Bestens! Und wenn sie mir jetzt mit einem Verweis drohen, dann tuen sie das! Machen sie das, was sie schon immer wollten! Das kann mir aber egal sein, weil umziehen tu ich nähmlich auch noch! Aber danke der Nachfrage." Ich bemerkte das ich aufgestanden war und meine Klassenkameraden hielten die Luft an. Frau Braun kam langsam auf mich zu. "Ich glaube sie haben Verständnis dafür, dass ich kurz aufs Klo gehe." Somit verließ ich den Raum.
In der Pause biss ich gerade ohne Appetit in mein Marmeladenbrot, als eine Durchsage kam.
"Lexy Anders soll bitte am Anfang der zweiten Stunde ins Sekretariat kommen. Danke." "Ich sags dir... wenn die mir jetzt echt einen Verweis gibt dann kann die mich sowas von am Arsch lecken, die blöde Kuh!" "Wow... Lexy jetzt beruhig dich wieder. Aber warum Verweis?" Ich erzählte Josy alles.

Ich zog die Tür zum Sekretariat schwungvoll auf. Fr. Braun drehte sich um. Sie wartete wohl schon auf mich. "Hallo Lexy. Ich wollte dir nur sagen, dass es mir leid tut. Ich wollte das nicht erreichen, was in der letzten Stunde geschah. Ich wunderte mich wirklich warum du so still warst." Klar. Jetzt hat sie wieder vor allen eine super tolle Ausrede. Aber ich hatte keine Lust weiter zu diskutieren. "Ist schon okay.", sagte ich kurz. "War das alles?" "Ja. Du kannst gehen. Ich wollte nur, dass du das weist."

"Lexyyy! Ich hab eine Überraschuuung!" Trällerte meine Mum als ich die Haustür ins Schloss fallen ließ.
Was sollte mich jetzt noch aufheitern können. Ich war fix und fertig. Mit Josy habe ich mich ausgesprochen. Mit meiner Lehrerin ist auch alles geklärt und geheult habe ich die letzten zwei Tage, wie schon lange nicht mehr. Meiner Mum ging ich eigentlich auch aus dem Weg. "Alsoo...", fing sie an, ohne zu wissen ob ich es hören wollte. "Ich habe heute mit jemandem Telefoniert. Es war ein sehr wichtiges Telefonat! Uund... Ich hab den Job und eine Wohnung!" "Toll." Glaubte sie ernsthaft, dass es mich aufheitern würde wenn sie mit mir übers Umziehen sprach? "Aber jetzt kommts... Wir ziehen nach England!"...
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Das und das letzte Kapitel waren ohne viel Bezug auf Bars and Melody, sondern haben eher aus dem Leben von Lexy erzählt. Aber ich möchte versuchen diese Geschichte so realistisch wie möglich zu schreiben, sodass die Kapitel dazwischen auch spannend  sind. Ich hoffe es gefällt euch trotzdem.😊

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