Kapitel 26

464 17 11
                                    

Ich schlief beruhigt ein. Es wird sich alles klären.

Am nächsten morgen schwang ich mich motiviert aus dem Bett. Fast etwas zu motiviert, denn beinahe wäre ich vor übermut die Leiter heruntergefallen. Ich ging in die Küche und bereitete das Frühstück zu. Meine Mum kam auch herunter aber etwas später. "Ist dir was verbrannt Spatz?", fragte sie. "Nein nein." Ich war vorher so mit dem Rührei beschäftigt, dass ich den Speck in der Pfanne vergessen habe. Daher der Geruch aber er ist ja noch geniesbar. (Hoffentlich)
"Ich muss nach dem Frühstück in die Stadt. Ach und Cassi hat angerufen und gefragt ob du, Nadia und sie in den Stadtpark kommen wollt." "Ja schon... aber.." "Schön schön. Oh... etwas kross der Speck.", sagte sie und warf einen besorgten Blick auf den Herd. Hallo? So schlecht bin ich nun auch nicht im kochen.

"Tschüss Spatz." Sie gab mir ein Küsschen auf die Wange und schwang sich in ihr Auto. Ich schloss derweil die Haustür ab und machte mich dann auf den Weg zum Stadtpark.
Es ist kühl geworden. Ich machte Zähneklappernd doch den Reisverschluss meiner Jacke zu. Besser scheiße aussehen als zu frieren und krank zu werden.

Von weitem sah ich die zwei schon. Aufgeregt kamen sie auf mich zu. "Naaa? Alles klar?", fragte Nadia mit einem Blick zu Cassi. "Jap. Warum fragt ihr?" "Ach nur soo.", entgegnete Cassi und hakte sich bei mir unter. "Ihr seid echt schlecht im Lügen." An ihren Blicken zufolge wusste ich, dass ich ins schwarze getroffen habe. "Wir und lügen? Ach so ein quatsch. Komm wir gehen jetzt shoppen.", sagte Nadia nachdrücklich und zog mich vorwärts.

Als ich im New Yorker in der Umkleidekabine stand und das dunkelblaue, knielange Kleid kritisch im Spiegel betrachtete, riss plötzlich jemand den Vorhang zur Seite. Aus reflex schnappte ich mir das nächst beste (in dem Fall mein roter Hoodie) und hielt es an mich gedrückt. Doch es waren nur Cassi und Nadia die mit offenem Mund dastanden und mich anstarrten. "W... ow.", sagte Nadia langsam. "Findest du?" "Das fragst du noch??? Das Kleid steht dir perfekt!!!" Cassi war völlig aus dem Häuschen. Naja, es war wirklich schön. An den Ärmeln mit etwas Spitze besetzt und die Taille wurde von einem eingenähtem Band geziert, das vorne ein kleines aber auffälliges Muster von Glitzersteinen aufwies. "Stimmt. Ist wirklich schön. Ich glaub das nehme ich.", sagte ich und zog den beiden wieder den Vorhang vor der Nase zu.
Jetzt war Cassi an der Reihe. Erst hatte sie eine rosé - farbene Bluse zu einem schwarzen Rock kombiniert. Aber die Bluse stand ihr sowas von überhaupt nicht. "Oke... das is es wohl nicht.", sagte sie als sie unsere Blicke sah.
Bei dem dritten Outfit stand nicht mehr unsere Cassi vor uns sondern eine junge gutaussehende Frau. Das schwarze, etwas enganliegende Kleid stand ihr super und betonte ihre tolle Figur. Mit einer kleinen silbernen Tasche und schwarz-glänzenden Pumps war sie fast nicht wieder zu erkennen. "Oh. Du siehst echt hübsch aus.", sagte ich. Nadia wollte sich auch zu mir stellen aber fiel über die Handtasche einer Frau, die vor der Kabiene stand und vermutlich auf jemanden wartete. Mit einer hochgezogenen Augenbraue schaute sie auf Nadia hinab. "Tschuldigung.", murmelte sie nur und rappelte sich wieder auf. "Du siehst echt umwerfend aus.", sagte sie total ernst. Trotzdem brachen wir alle in Gelächter aus.
Nadia hatte ein hellrosa Kleid das am Ausschnitt mit Glitzersteinchen besetzt war und somit irgendwie ihre Augen viel mehr betonte.
Später freute sich die Kassiererin warscheinlich über den tollen Umsatz und wir uns über unsere Kleider.

"Jetzt müsst ihr mir aber schon mal erklären warum wir uns solche protzigen Kleider gekauft haben.", sagte ich als wir alle drei jeweils mit einer großen Tüte beladen den Heimweg antraten. "Ist... nicht so wichtig. Mach dich einfach richtig hübsch für heute Abend." Nadia atmete erleichtert auf. Man könnte meinen, sie dachte, Cassi würde etwas ausplaudern. "Hab ich was verpasst? Gibts eine Party?" "Nein... Egal... Zieh einfach das Kleid an." "Oke."
"Bis später!", rief ich als ich in meine Straße einbog. "Tschüüss!", riefen die beiden und warfen mir einen Luftkuss zu.

Seit ich Zuhause angekommn war versuchte ich herauszufinden was für ein Spiel hier gespielt wird. Mum wurde sofort ganz hibbelig als sie sah, dass ich wieder Zuhause war.
Jetzt stehe ich in dem Kleid vor meinem Spiegel und lies die letzte, gerade fertiggedrehte Locke über die Schulter fallen. Ich lockerte den Lockenkopf noch etwas auf und trug anschließend noch etwas Wimperntusche und einen Hauch Lipgloss auf. Eigentlich mag ich das Zeug überhaupt nicht, weil es klebte und immer wenn man trinkt eine Lippenabdruck auf den Gläsern hinterlässt, was mich fürchterlich aufregt und sehr schlecht abzukriegen ist.
Ich drehte mich einmal vor dem Spiegel und dann klopfte es. "Lexy? Bist du fertig?" Meine Mum öffnete vorsichtig dir Tür ohne eine Antwort abzuwarten. Sie starrte mich an. Aber es war kein unangenehmes starren. "Bist du aber hübsch." "Danke Mum." Ich versuchte einen Blick ins Wohnzimmer zu erhaschen aber es gelang mir nicht. "Da kann dein Dad mal sehen was für eine hübsche Tochter er hat." "Was??", sagte ich nun völlig verwirrt. Doch als ich in den Flur hinaustrat stand unten an der Treppen mein Dad mit ausgebreiteten Armen. Er riss die Augen auf als er mich sah. "Dad!", rief ich und stürtze die Treppe hinunter. Einen eleganten aber schnellen Treppenabgang auf Schuhen mit Absatz hinzukriegen war schwerer als erwartet. "Meine Prinzessin.", sagte er und schloss mich in die Arme. "Ich hab dich so vermisst Dad." "Ich dich doch auch." Ich löste much aus seiner Umarmung. "Hallo Lexyyy!", ertönte es aus richtung Küche. Ich traute meinen Augen kaum. Dort standen Maison und Josy. "Omg!" Ich lief auf sie zu und umarmte sie so fest wie ich nur konnte. "Lexy. Meine Süße.", sagte Josy und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
Dann nahm ich noch eine Bewegung im Wohnzimmer war. Aus dem Schatten der Treppe traten Leo, Charlie, Vic, Carmen, und Tilly hervor. "Heyy Leute.", rief ich erfreut. Ich umarmte alle und gab ihnen links und rechts ein Küsschen. Nur bei Leo zögerte ich kurz.
Als Cassi und Nadia auch noch kamen, waren wir alle komplett. "Überraschung!", riefen alle zusammen. "Oh wie schön!" Mir standen Tränen in den Augen.

Nicht weinen Lexy. Sonst war dein ganzes MakeUp und die Wimperntusche umsonst.

Ich riss mich zusammen und verdrängte die Tränen.

Später am Abend zündeten wir alle noch Wunderkerzen an. Es war so toll meine ganz Familie und meine Freunde um mich zu haben. Was richtig toll war: Josy und Maison blieben hier in England für eine Woche und Cassi und Josy verstanden sich prächtig mit ihnen. Wenn da zwischen Nadia und Maiso nicht etwas mehr liefe. So wie die sich anschauen.
Vielleicht habe wir ja bald wieder eine Fernbeziehung. Na Herzlichen Glückwunsch!

Als es dämmerte und alle Gäste außer Dad, der auf der Couch schlief, wegwaren, ging ich zu meiner Mum und umarmte sie ganz fest. "Womit hab ich das alles verdient Mum?" "Ein einfaches 'Danke' würde genügen." "Vielen vielen Dank Mum."


Ich klappe das Tagebuch zu. Immer wenn ich stress Zuhause habe lese ich es mir durch. Es ist so schön so viele tolle Erinnerungen an meine Jugend zu haben.
Ich stehe vom Sofa auf und gehe zur Tür. "Mamiii? Papa hat gesagt ich darf kein Fernsehn schauen.", sagt meine kleine Tochter Emily zu mir. Mir vorgeschobener unterlippe und ihren großen blauen Augen schaut sie mich an. "Dann spiel doch etwas mit Papa." "Aba ich mag Fernsehen!", nörgelt sie. Genervt öffne ich die Haustür. "Mausi ich komm gleich wieder oke? Und Papa spielt bestimmt mit dir was ganz tolles. Du musst ihn nur Fragen." "Papaa??", ruft sie und tapst wieder ins Wohnzimmer zurück.

Ich gehe durch den Park und schiebe das heruntergefallene Laub mit den Füßen beiseite. Manchmal habe ich das Gefühl es wächst mir alles über den Kopf. Zuhause, Arbeit und Kind.
Ich ließ mich auf eine Bank unter einem Baum fallen. Hier saß ich auch an meinem ersten treffen mit Cassi und Nadia. Meine alten Schulfreundinnen. Ich schließe die Augen und lasse mir die Herbstsonne ins Gesicht scheinen.
Ich muss wol eingeschlafen sein, denn als ich aufwache sitzt neben mir ein ältere Herr. Was heist älter. Er war in meinem Alter, hat dunkelblondes, kurzes Haar und trug einen braunen Herbstmantel. Oh gott. Hoffentlich habe ich nicht geschnarcht!
Peinlich berührt schaue ich ihn an. "Na? Alles gut bei Ihnen?" "Natürlich. Ich brauche nur etwas Entspannung." "Jaja... Mütter haben es nicht leicht, stimmts?" "Richtig. Ein Mann der das mal versteht. Daran könnten sich die anderen Männer mal eine Scheibe abschneiden. Naja... ich habe nur zurzeit sehr viel Stress. Ach was erzähle ich ihnen das eigentlich. Ist sowieso uninteressant." Beschämt schaue ich zu Boden. Ich kann doch nicht einfach einem Fremden von meinen Problemen erzählen. "Nein nein. Alles in Ordnung." Irgendwie habe ich das Gefühl das ich den Mann schon ewig kannte. "Entschuldigen sie aber... sie kommen mir so bekannt vor. Kennen wir uns?" Er schaut mir in die Augen. "Ich denke schon Lexy." "Was... woher..." Doch dann erkannte ich ihn. Die braunen, großen Augen, das etwas rundliche Gesicht. "Leondre Devries?" "Hi Lexy."

Es ist Leondre... Meine alte und erste große Jugendliebe.
-----
(Bild: Cassi, Nadia & Lexy)

Lg Melli💜😊

Never Without You Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt