6. Kapitel - Anna

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Dieses Leben in der Welt ist, mit allem, was es enthält, ein Traum. Das Erwachen aus diesem Traum der Tod. - Khalil Gibran.

 Nach dem Training wartete Anna bei den Umkleiden auf James. Er wollte sie nach Hause fahren und später für die Party wieder abholen. Die Party. Endlich, ihr letztes Jahr an der Highschool. Und nächstes Jahr würde sie aufs Collage gehen, endlich raus aus diesem Nest. Sie würde endlich ihr eigenes Leben führen - ein Leben mit James an ihrer Seite. Sie hatten sich das selbe Collage rausgesucht, denn sie hatten jeweils ein Stipendium für Sport bekommen. Das nächste Jahr würde perfekt werden. Einfach nur perfekt.

Von hinten legten sich starke Arme um Anna und sie musste lächeln. "Hallo, Schönheit." James gab ihr einen Kuss in den Nacken und Anna schloss die Augen. Das tat so unbeschreiblich gut. "Hi." Das war das einzige was sie gerade im Stande war zu sagen. James nahm ihre Hand und sie gingen zu den Parkplätzen. "Freust du dich auf heute Abend?" Er verstaute gerade ihre Taschen im Kofferraum und lächelte sie an. "Und wie, das wird bestimmt gut." Sie lächelte zurück und küsste ihn kurz auf den Mund. "Du bleibst nach der Party wieder bei mir, oder?" Sie stiegen ins Auto. "Wenn dir das nichts ausmacht, gerne." James lachte. "Also mir macht das bestimmt nichts aus." "Dann ist ja gut." Anna grinste ihn an und legte ihre Hand auf seinen Oberschenkel.

Während der Fahrt spekulierten sie, wie die Party werden würde und was unerwartetes wohl passieren würde. Als sie in die Straße fuhren, in der Anna wohnte, sah sie wie ein großer Mann aus ihrer Tür kam. Anna hielt den Atem an und ihre Augen weiteten sich. "Was ist los?" James schaute sie besorgt an. "Jack."

-Flashback-

"Mum, ich bin wieder da." Anna ging die in die Küche, aber ihre Mutter war nirgends zu sehen. "Hallo? Jemand zu Hause?" Als sie an der Tür ihrer Mutter vorbei kam, hörte Anna lautes Stöhnen. Okay, jetzt wusste sie warum ihre Mutter ihr nicht geantwortet hatte. Jack war da. Anna verzog sich in ihr Zimmer, was direkt neben ihrer Mutter lag. Um die Laute von nebenan nicht hören zu müssen wollte sie gerade die Musik anmachen, als sie eine schallendes Geräusch hörte. So als würde jemand geschlagen werden. Anna verzog den Mund, sie wollte lieber nicht wissen, auf was ihre Mutter im Bett so stand, also machte sie die Musik besonders laut.

Einige Stunden später ging sie in die Küche, ihre Mutter stand in einem einfachen weißen Hemd am Fenster und rauchte. Als sie hörte wie Anna die Küche betrat, drehte sich ihre Mutter um und Anna stockte der Atem. Das Gesicht ihrer Mutter sah furchtbar aus. Ihre Unterlippe war geschwollen und man konnte sehen, dass sie geblutet hatte. Es war jegliche Farbe aus ihrem Gesicht verschwunden und unter ihren Augen waren lila Ringe zu sehen.

Plötzlich machte es in Annas Kopf Klick. Ihre Mutter hatte in letzter Zeit viele blaue Flecken gehabt, und immer wieder gesagt, dass sie bei der Arbeit oder irgendwo anders passiert seien. Aber offensichtlich war das gelogen. "Wie lange schlägt er dich schon?" Anna ballte ihre Hände zu Fäusten und ihr Kiefer spannte sich an. "Ich weiß nicht wovon du redest." "Du weißt nicht wovon ich rede?! Dann schau gefälligst in den verdammten Spiegel! Dein Gesicht sieht aus, als hätte er es mit einem Boxsack verwechselt!" Jetzt war Anna richtig sauer. Der Freund ihrer Mutter schlug sie schon seit Wochen und ihre Mutter wehrte sich nicht dagegen. Und sie deckte ihn auch noch. "Er kommt nicht mehr hier her!" Anna schaute ihre Mutter ernst und mit eisernem Willen an. "Ich mein es ernst, der Mistkerl kommt nicht mehr in diese Wohnung und triffst dich gefälligst nicht mehr mit diesem Arschloch!" Mal wieder eine dieser Situationen, in der Anna die Rolle der Mutter übernahm, obwohl sie eigentlich die Tochter war. Ihre Mutter nickte bloß.

-Flashback Ende-

Anna saß immer noch im James Auto, ihr Herz schlug viel zu schnell, ihre Handflächen waren feucht und sie merkte wie ihre Unterlippe bebte. Sie hatte James nichts von Jack erzählt, da sie zu dem Zeitpunkt noch nicht zusammen waren und danach wollte Anna einfach nicht an das Gesicht ihrer Mutter erinnert werden. Also hat sie geschwiegen.

Wenn Träume fliegen lernenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt