DREIUNDDREISSIG | Wenn Der Whisky Dann Mal Nachlässt...

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Ich habe jetzt schon zu viel getrunken, dabei sind wir erst zwei Stunden hier. Die 'Verlobungsfeier' von Luke und Arzaylea steigt in einem kleinen, aber angesagten Club. Natürlich bin ich eingeladen, wie man das unter Freunden so macht. Warum ich Luke nicht längst hasse? Keine Ahnung. Ich liebe ihn einfach immer noch, obwohl er so ein Arsch zu mir ist...
Trinken auf Kosten anderer. Das ist genau das was ich gerade brauche. Ich selbst habe nämlich das Geld um maximal angetrunken zu sein.
„Xen! Du bist ja jetzt schon fertig!", lacht meine beste Freundin und ich erkenne, dass auch sie angetrunken ist.
„Bei sowas bleibt mir ja nichts, als mich zu besaufen", knurre ich.
Sie lacht und wirft auch wieder an Cals Hals, um mit ihm zu tanzen.
Ich grinse und bestelle mir einen neuen Drink.

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„Ich möchte mich bei euch allen bedanken", beginnt Luke seine Rede, nachdem wir kurz den Club verlassen haben, um ihm zuzuhören. „Bei euch, die mit mir auf Tour waren, dass ihr uns so toll unterstützt." Er prostet seinen Bandkollegen und Ally zu, die es zögerlich erwidern. Ich bekomme nicht allzu viel mit. Meine Ohren sind halb taub von der lauten Musik und es rauscht einfach nur. Außerdem denke ich bei jedem einsetzenden Bass, dass ich mich übergeben muss und ich kann kaum stehen, sodass ich mich gegen eine Laterne gelehnt habe. Ich weiß wirklich nicht, was alle immer so toll daran finden, betrunken zu sein... Ich finde es scheiße... Es fühlt sich nicht gut an...
Doch Luke zieht meine Aufmerksamkeit dennoch mit den nächsten Worten auf sich: „Besonderen Dank möchte ich dir aussprechen Xenia. Hättest du mich nicht abserviert, dass hätte ich mich nie wirklich in sie verliebt."
Er blickt mich von oben herab diabolisch grinsend an und dreht sich anschließend zu seiner Verlobten und küsst sie innig. Er weiß, dass er mir weh tut. Er weiß es genau. Und es ist ihm einfach nur egal. Diesmal geht es mir zu weit. Besoffen zu offen... Wie man so schön sagt...
„Jetzt hör mir mal zu du Arsch...", fahre ich ihn, mit erstaunlich fester Stimme, an, „Du weißt genau, dass ich dich liebe und ich weiß auch, dass das zwischen euch nicht echt ist. Und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mir wünsche dich zu hassen, doch es geht einfach nicht. Ich kann dich nicht hassen. Und du liebst mich, das weiß ich und das weißt du auch tief in dir drin. Du bist so ein Arschloch geworden und deshalb werde ich jetzt auch eins...!" Ich schnappe mir den erstbesten Typen in meiner Nähe und küsse ihn. Blöd nur... Dass dieser Typ mein bester Freund ist... Dass dieser Typ Ash ist... Dass er mich von sich wegstößt und mich entsetzt ansieht... Dass das alle tun... Dass ich mich noch mehr hasse als vorher...
„Scheiße!", fluche ich, als ich sehe, wen ich da geküsst habe. „Es tut mir leid", weine ich, doch er schüttelt den Kopf. Ich habe verkackt... Endgültig... Bei allen... Fuck...
Ich laufe langsam rückwärts, über meine eigenen Füße stolpernd, wieder in den Club. Da ich mich wieder nüchtern fühle, setze ich mich erneut an die Bar und trinke... Und trinke... Und trinke... Und weine... Der Barkeeper sieht mich schief an und schiebt mir misstrauisch das nächste Glas hin. Doch prompt wird es mir weggenommen und das leere Glas knallt vor mir wieder auf die Theke. Ich will den Übeltäter gerade vertreiben, als ich bemerke, dass es Ally ist.
Sie sieht mich sauer an. „Was wird das? Was denkst du dir eigentlich? Ash ist am Boden, alle geschockt und du machst hier Komasaufen oder was?", schreit sie mich an. „Ich bringe dich nach Hause."
Ich will sie wegschieben und weiter trinken, doch sie hat Recht, am Ende bringt es mir nichts.
Ich bekomme nicht viel vom Weg mit, so konzentriert bin ich darauf nicht über meine eigenen Füße zu stolpern.
Im Zimmer angekommen schiebt Ally mich mitsamt Sachen unter die Dusche und dreht sie kalt auf. Ich wäre hingefallen, hätte sie mich nicht festgehalten.
Aber ich muss sagen, dass es mir danach besser geht, und noch besser geht es mir, nachdem ich mich tropfnass über der Toilette ausgekotzt habe. Ally hält meine Haare, sie gibt mir Wasser, sie zieht mich um und stockt.
„Du hast ein Tattoo?", fragt sie mich erstaunt.
Ich weiß zuerst nicht was sie meint, blicke an mir herunter und sehe das Logo an meinem Knöchel.
„Ja...", murmle ich leise, „Es erinnert mich daran, wer ich mal war..."
Ich schaffe es gerade so mich zum Bett zu schleppen, bevor ich darauf zusammenbreche.
Ally deckt mich zu und ich frage mich zum wiederholten Male, warum sie so lieb zu mir ist, denn ich weiß, sie ist stinksauer. Doch ich schaffe es nicht mehr zu fragen, da ich so schnell einschlafe.

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Ich wache auf und denke, ich muss sterben... Scheiße ich hätte nicht so viel trinken sollen... Doch dann fällt mir der Grund wieder ein und meine Kopfschmerzen und meine Übelkeit verdoppeln sich noch einmal. Shit... Warum habe ich das gemacht? Ich muss mit Ash reden... Unbedingt...
Ich will aufstehen, doch die Schmerzen lähmen mich.
Die Tür geht auf und Ally betritt mein Zimmer. Wortlos geht sie ins Bad und holt mir Wasser. Sie setzt sich neben mich und hält mir mit strengem Blick zwei Kopfschmerztabletten hin. Ich schlucke sie brav und beschließe so lange liegen zu bleiben, bis sie wirken. Ich schließe die Augen und öffne sie gleich wieder, weil mich die Übelkeit zu übermannen droht. Ich sehe Allyson flehend an, als ob sie etwas tun könnte.
„Ich habe Scheiße gebaut", sage ich, als wüsste sie das nicht.
„Und ich bin verdammt sauer auf dich", stellt sie ihrerseits fest, als ob ich es nicht wüsste.
„Warum hilfst du mir dann?", frage ich kleinlaut.
Ihr Blick bohrt sich in mich. „Meinst du ich schmeiße das hier einfach weg?", fragt sie und deutet auf uns, „Nur weil ich sauer bin, heißt das nicht, dass wir keine Freunde mehr sind. Du bist immer noch meine beste Freundin und das bleibt auch so, egal was du machst und ich hoffe auch egal was ich mache."
Toll, jetzt fühle ich mich noch schlechter... Ich nicke und versuche zu lächeln.
Doch mein eben erkämpftes Grinsen verschwindet, als sich die Tür öffnet. Luke... Und direkt muss ich wieder die Tränen bekämpfen, weil ich ihm nicht die Genugtuung geben möchte.

Berlin Love AffairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt