"Ist doch jetzt sowieso egal." Antwortete Alice genervt auf die gefühlt 100. 'Warum-Frage', die Shura ihr in der letzten Stunde gestellt hat. Ihre Lehrerin hatte das ohnmächtige Mädchen mit in den Vatikan genommen und in einen Raum gebracht, bis sie aufwachte. Seit dem wurde Alice verhört.
Auf die Fragen, die mehr Befehle waren, erzählte Alice die ganze Geschichte, seit Amaimon ihr seine Identität eröffnet hatte; das Dämonenmal, den Plan, die Missionen und einfach alles.
Was machte es auch jetzt noch für einen Unterschied?
Am Ende sah Shura ein, dass es nicht mehr zu erfahren gab und brachte die Gefangene in eine der Zellen, die es im Vatikan zur Genüge gab.
Alice konnte Shuras Gedanken absolut nicht deuten. Die Frau hatte eine dermaßen neutrale Miene aufgesetzt, dass es einfach unmöglich war. Wahrscheinlich eine Mischung aus Wut, Enttäuschung und Bedauern.
Und sie konnte das ihrer Lehrerin nicht mal verübeln. Was sie alles für Amaimon getan hatte, war schrecklich. Das Dämonenmal war weg und Alice überflutete eine Welle von Schuldgefühlen seit dem. Amaimon hatte nicht gelogen, als er meinte, das Mal würde ihr ganzes Wesen verändern.
Shura schloss die Zelle und wollte gerade gehen, als eine Frage aus dem Mädchen heraus schoss. Eine Frage, die sie sich bis jetzt noch nicht traute zu stellen, welche aber schon die ganze Zeit in ihrem Kopf herumgeisterte: "Was ist mit Amaimon passiert?"
Ohne zu antworten, lies die pinkhaarige Frau Alice allein.
Diese lies sich auf den Boden sinken und starrte ins Leere. Wie sollte es jetzt weiter gehen?
Doch bevor sie einen wirklichen Panikzustand deswegen erreichen konnte, stand auf einmal Mephisto vor ihr und öffnete die Zellentür.
"Also, du bist frei. Keine Angst, ich hab' Alles geklärt und du kannst gehen, darfst dich nur nie wieder hier blicken lassen, aber ich denke, das dürfte kein Problem sein."
Überraschte sprang Alice auf und folgte ihrem Schuldirektor.
Dank einem der geheimnisvollen Schlüssel, mit denen man beliebige Türen zu bestimmten Orten öffnen konnte, waren sie schnell in seinem Büro, wo er sich hinter seinem Schreibtisch nieder lies.
"D-Danke." War alles, was Alice heraus bekam, sie war so erleichtert frei zu sein.
Mephisto hatte sein gewöhnliches Grinsen im Gesicht. "Sagen wir, es war deine Belohnung, eine Hand wäscht die andere." Sagte er mit einem Zwinkern. "Allerdings wirst du der Schule verwiesen, dein Vater ist informiert, du wirst unten erwartet, um nach Hause gebracht zu werden."
Alice nickte. Nervös spielte sie an ihren Fingern herum, bis sie endlich sprach: "Geht es Amaimon gut?"
"Er konnte gerade noch entkommen. Nur dank deinem Einsatz. Ziemlich guter Einfall übrigens."
Ein schwaches Lächeln erschien auf dem Gesicht des Mädchens. "Und wo ist er jetzt?"
"Gehenna. Seine Mission hier ist beendet, er ist sofort nach Hause zurückgekehrt." Mephistos Hände waren über dem Tisch gefaltet und er hatte sein Kopf auf ihnen abgesetzt.
"Achso. Das ist gut." Was hatte sie auch erwartet? "Dann werde ich mal gehen. Danke nochmal."
"Ich habe zu Danken."
Damit verließ Alice das Büro. Sie war anscheinend länger ohnmächtig, als gedacht, denn zu ihrer Überraschung war schon ein neuer Schultag angebrochen und gerade Mittagspause, da viele Schüler auf den Gängen unterwegs waren.
Am Schulhoftor fand sie Männer ihres Vaters. Er war Geschäftsmann und deshalb nicht oft persönlich anwesend.
Sie steuerte auf die ihr bekannten Typen in Anzügen zu, als sie stechende Blicke in ihrem Nacken spürte. Unsicher drehte sie sich um und fand nach kurzem Suchen ihre ehemaligen Freunde aus dem Exorzistenunterricht, die sie anstarrten.
"Hast du hier noch was zu klären?" fragte Thomas, ein dunkelhäutiger Mann, welcher ihren Blick bemerkte.
Das Mädchen schüttelte nur den Kopf und stieg schweigend ins Auto. Was sollte sie auch sagen? Sie hatte ihre Freunde verraten, sie hatten jedes Recht stinksauer zu sein. Eine Entschuldigung würde da nichts nützen.
Eine Woche später kam Amaimon in das Büro seines Bruders.
"Ah, Amaimon, immer noch nicht in Gehenna? Was machst du nur die ganze Zeit hier?" Wurde der grünhaarige Dämon begrüßt.
Dieser ging gar nicht darauf ein, sondern kam, wie gewohnt gleich zum Punkt: "Du hast mich doch her bestellt."
"Das stimmt, weil du, wie ich höre immer noch hier in Assiah rum lungerst. Und es wird auf meine Kappe gehen, wenn du Blödsinn anstellst."
Amaimon sagte nichts dazu, worauf Mephisto seufzte. "Also, wann wirst du deine kleine Gehilfin wieder holen?"
"Gar nicht. Sie ist wieder menschlich, ich brauche sie nicht mehr. Ich will nicht, dass sie überhaupt weiß, dass ich noch hier bin."
Skeptisch zog der ältere Bruder eine Augenbraue nach oben. "Deshalb habe ich sie auf deinen Wunsch auch angelogen. Mir stellt sich nur die Frage...warum? Du könntest ihr wieder ein Mal verpassen und..."
"Warum sollte ich das tun, Bruder?" Unterbrach Amaimon ihn.
Mephisto zuckte scheinbar gleichgültig die Schultern. "Ich ging davon aus, du hast sie gerne um dich, aber wenn dem nicht so ist, dann ist das halt so." Sagte er.
"Habe ich nicht, sie ist ein Mensch. Ich hasse Menschen."
"Natürlich." Grinste der dunkelhaarige Dämon. Natürlich Amaimon, rede dir das nur weiter ein.
Und tatsächlich; kurze Zeit später saß Amaimon auf einem Baum, von dem man gut in ein nahe gelegenes Zimmer sehen konnte, wie er es so oft tat.
Die Gardinen waren immer zu gezogen und er sah nur ihren Umriss. Sie hatte ihr Zimmer heute wieder nicht verlassen. Der Fernseher flackerte nach wie vor. Besorgnis erregend. Natürlich nur, wenn das ihn kümmern würde.
Nachdenklich kaute der Dämon auf seinem Daumennagel herum. Er wusste selbst nicht, weshalb er so oft hier saß. Es zog ihn einfach immer wieder hier her.
Manchmal nahm er sich vor, dem Rat seines Bruders zu folgen und das Mädchen wieder zu sich zu holen, kämpfte stundenlang mit sich, tat es am Ende aber nie.
Ich brauche keinen blöden Menschen um mich. Das war so tief in seinem Inneren verwurzelt, dass er sich einfach nicht überwinden konnte.
So ging er auch heute einfach wieder, ohne Alice.
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Amaimon FF
FanfictionAlice ist neu an der Heiligkreuz Akademie und verknallt sich sofort in einen der 'Schüler', den sie dort trifft. Auch als sie seine wahre Identität rausfindet, ändert das für sie nichts; er scheint das Abenteur zu sein, auf das sie ihr ganzes Leben...