Kapitel 9: „Üble Flocken"

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Währenddessen saß Prinzessin Anna von Arendelle am Mittagstisch. Gegenüber von sich hatte sie ihre große Schwester Elsa und ihre neugewonnene Tante Serafina.
Am gestrigen Tag, wo sie ihre Tante aus einer sagenumwobenen Büxe befreit hatten, waren sie am späten Abend zurück im Schloss gewesen. Anna ging es zu dem Zeitpunkt nicht besonders gut, weshalb sie ein paar Dienerinnen auf ihr Zimmer begleitet hatten, aber Elsa musste mit ihrer Tante eine ausgesprochen aufregende Nacht gehabt haben. Zumindest schienen die beiden sich köstlich zu amüsieren, befand die rothaarige Prinzessin für sich, während sie eine letzte, verbliebene Weintraube auf ihrem Dessertteller hin und her schob, auf dem mal ein erstaunlicher Stapel an Obst aufzufinden war. Anna konnte sich ihren derzeitigen Heißhunger, auf eigentlich alles, was essbar war, auch kaum erklären.
Stand sie unter Stress? Nein.
War sie in irgendeiner Weise aufgebracht oder traurig? Naja, vielleicht!
Feststand, dass sie ihren Mann vermisste. Kristoff fehlte ihr schon nach 2 Tagen.
„Warte, 2 Tage sind schon rum?!", überkam es Anna nun und auf ihrem Gesicht erschien plötzlich wieder ein breites Grinsen. Die beiden, blonden Frauen ihr gegenüber nahmen dies nur so aus dem Augenwinkel her war.
„Ja, Anna?", sprach Elsa sie an und hob dabei eine ihrer schlanken Augenbrauen. Die Rothaarige überhörte den spitzen Unterton in der Stimme ihrer Schwester und kicherte bloß verlegen. „Ach, ich hab' nur laut gedacht!", meinte sie schließlich und lächelte stumm in sich hinein.
Bei dem Gedanken, dass ihr Mann noch am heutigen Tage wieder bei ihr sein würde, fing etwas in ihrem Bauch an zu kribbeln. Sie konnte es kaum erwarten, ihren blonden Eismann in die Arme zu schließen. Und sie würde, so hoffte Anna, ihn nie mehr wieder loslassen. Nicht, bis sie es irgendwann tun musste jedenfalls.
„Übrigens...", unterbrach die Rothaarige sich selbst und wandte sich ihrer Tante zu, „Wir, also Elsa und ich, wollten dich noch zu deinem alten Zimmer im Nordflügel begleiten. Was hälst du davon, wenn wir das gleich nach dem Mittagessen machen?"
„Das geht wohlmöglich leider nicht!", wehrte Serafina höflich ab und verschränkte ihre langen, schlanken Finger vor sich auf dem Tisch ineinander. Schließlich lächelte sie tröstlich. „Denn Elsa hat mich heute Morgen schon dorthin geführt. Ich dachte mir dabei nichts, aber wir hatten doch eine Menge Spaß – wenn man es denn so nennen kann. Genau wie gestern Abend noch."
„Verstehe...", gab Anna leicht abschätzig von sich, ehe sie sich rasch die Hand an den Mund legte, um nicht zu würgen. Wortwörtlich.
Nicht, weil sie es schlimm fand, dass ihre Schwester und ihre Tante mehr Zeit innerhalb von zwei Tagen miteinander verbrachten, als sie und Elsa in den letzten 18 Jahren. Sondern vielmehr, weil ihr einfach auf einmal so plötzlich übel wurde. Anna konnte sich das selbst nicht so recht erklären. Ihre Gedanken kamen noch kurz zum Essen, dass dieses vielleicht schlecht gewesen sein könnte, obwohl sie das nicht wirklich glaubte...
Und dann brach es schon aus ihr heraus. Ein Schwall gelber, stinkender Mageninhalt ergoss sich vor Anna auf ihrem Teller. Daraufhin führte sie ihre zitternden Finger erneut an ihren Mund, um sich nicht noch einmal übergeben zu müssen, doch ehe sie sich versah, wurde sie auch schon von Krämpfen geschüttelt. Es sickerte etwas von dem stückchenweise Erbrochenen zwischen ihren, noch immer vor den Mund gehaltenen Fingern hindurch. Kein Wort brachte die Rothaarige nach diesen zwei Schreckminuten heraus, nur ihr Atem ging schnell und zügig, so als dachte sie, es würde sie sogleich ein weiterer Würgreiz schütteln.
Doch es kam keiner, das war ihr Glück. Deshalb gestattete Anna sich einen Blick auf ihren Schoß. Ihre Augen weiteten sich merklich schockiert. Von ihrem roten Rock, der an einer schwarzen Korsage haftete, unter der sie eine grüne Bluse mit langen Ärmeln trug, tropfte eine riesige, gelbe Pfütze, die aus ihrem Mageninhalt bestand, auf den Boden. Darin schwammen noch immer Teile des Mittagessens und des Obstes, das es als Dessert gab.
Ihr Atem beschleunigte sich wieder, in ihrem Kopf hatte ein ohrenbetäubendes Hämmern eingesetzt und so langsam verschwamm das Bild ihres Mageninhaltes auf ihrem Schoß und Teller vor ihrem inneren Auge.
Anna versuchte noch kurz den Blick zu heben, um den beiden, blonden Gestalten, die auf sie zukamen, zu sagen, dass es ihr gut ging, doch dann wurde es schon schwarz vor ihren Augen. Sie nahm nur noch den Sturz vom Stuhl wahr, und dass sie auf dem Boden aufschlug. Dann nichts mehr.

Frozen & Tangled II: Unforeseen ObstaclesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt