Kapitel 18: „Flammen über Corona"

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Auf der Hauptstraße, die zum Schloss führte, liefen derweil John Lainer und Gwendula Marchand entlang. Sie waren nun auf dem Weg zum großen Fest, dem sie vorher nur wegen des Trubels nicht beiwohnen wollten. Gut, Gwen wollte ihm nicht beiwohnen.
„Hoffentlich ist das Essen vom Bankett noch nicht komplett verputzt, das wäre doch zu schade!", bemerkte der braunhaarige Schriftsteller, während er das kleine Bündel von einem Kind in seinen Armen hin und her wiegte.
Dieses hatte Gwens siebenjährige Tochter Paige ebenfalls erst neugierig und dann freudig lächelnd bestaunt. Nun lief diese jedoch ebenfalls an der Hand ihrer Mutter auf den Eingang des Schlosses zu.
Gwen strich sich stattdessen die Haare mit ihrer anderen Hand aus dem Gesicht und blickte ihren Gesprächspartner grinsend an. „Ach, hat da jemand Angst, sein Kind könnte das ganze Fest zusammenbrüllen?"
John rümpfte empört die Nase. „Nein! Nur... was nicht sein muss, muss man ja nicht noch herausfordern."
„Stimmt, muss man nicht!", gab die Braunhaarige ihm Recht und lächelte nun auch ihre Tochter Paige an. „Hast du auch Hunger, Süße?", fragte sie an diese gewandt.
„Nenn' mich nicht Süße, ich bin sehr wohl schon groß!", verschränkte die Kleine ihre Arme vor der flachen Kinderbrust. Gleich darauf fiel sie ihrer Mutter aber auch schon um den Rock. „Und ja, ich hab' Hunger...", murmelte sie in den Rock des Kleides von Gwen hinein. Diese schmunzelte entzückt. „Das habe ich mir doch fast schon gedacht." Sie beugte sich zu ihrer Tochter herunter und küsste sie sanft und behütend auf die Stirn.
„Ähm, ich will ja die Rührseligkeit nicht unterbrechen, aber ich glaube, wir sollten uns wirklich beeilen, dass wir ins Schloss kommen. Wo es sicher ist." John sprach mit einer Eindringlichkeit, die Gwen stutzig machte.
„Was meinst du damit, wo es sich~", doch sie wurde mitten im Satz, mitten im Wort, unterbrochen, denn ein Feuerhagel ging über sie hinweg.
„Mama!!", schrie Paige noch verzweifelt, als John sie wegzerrte, als eine Flammenbrunst auf die Braunhaarige hinabregnete. Ihre Glieder fingen Feuer und Gwens Schmerz musste unbeschreiblich sein. „Mama!!!"
John drehte den Kopf und trat in den Torbogen des Schlosshofes, wohin er auch Paige ziehen wollte, um sie abzuschirmen, doch diese stand noch am Eingang des Torbogen, von dem sie mit ansah, wie die braunen Haare ihrer Mutter verkohlten, die Flammen auf deren Kopfhaut überging und dabei ihr Gesicht entstellten. Ihre Augen quollen heraus, die Haut pellte sich von ihrem Körper und Gwen sank auf den Boden, wo bald nur noch ein Häufchen Asche von ihr übrig sein würde.
Voller Trauer rannte Paige auf die Überreste ihrer Mutter zu, doch eine weitere Flammenwand stellte sich ihr in den Weg und bevor diese die Kleine erfassen konnte, zerrte sie John zurück. Ein paar versenkte Locken musste sie dennoch einbüßen, was ihr im Anbetracht ihres Verlustes, der ihre Augen nicht nur von der Hitze des nahenden Feuers brennend feucht machte, ziemlich egal war. Sie wollte ihre Mami zurück, sie wollte, dass sie sie in den Arm nahm und jetzt tröstete, aber das würde sie nun niemals wieder tun. Der Kuss auf die Stirn vor nicht mehr als ein paar Minuten würde die letzte, liebe Berührung sein, die sie von ihrer Mutter bekommen hatte.
Schluchzend presste Paige sich an sie Hose des braunhaarigen Schriftstellers, der sein eigenes Kind ebenfalls an seine Brust drückte, während er zaghaft über den Schopf des kleinen Mädchen streichelte, das innerhalb von wenigen Bruchteile zu einer Waise geworden war. Diese Tat des Grauens ließ selbst ihn hart schlucken.
Langsamen Schrittes taumelten sie immer weiter in den Schlosshof hinein, wohin ihnen die Flammen noch nicht folgten. Allerdings mussten sie dies auch gar nicht, sie hatten für ein kleines Mädchen schon längst ihre ganze Welt verbrannt. Vor Paige lag nur noch ein einziger Scherbenhaufen an Familie.
Einige Wachen schlossen rasch das Tor des Innenhofs und sperrten das Feuer, das in der Unterstadt wütete und zerstörte, erst mal komplett aus, wenn es damit auch hieß, die Menschen dort im Stich zu lassen. Nun hieß es, jeder für sich selbst. John hatte nur das Glück, das er in unmittelbarer Nähe zum Schloss gewesen war, deshalb packte er Gwens kleine Tochter an der Hand und rannte so schnell es ging mit ihr ins Schloss hinein.
In der Eingangshalle hielt er inne, da Paige leise erneut anfing zu schluchzen. Daraufhin kniete er sich vor sie und legte mitfühlend eine Hand auf ihre Schulter, musste er doch mit der anderen sein eigenes Kind festhalten. „Ich weiß, es ist schwer, aber um deiner Mama willen, musst du jetzt weitergehen, in Ordnung?"
Paige schniefte, fing nach einer Weile aber, ganz leicht und vorsichtig, zu nicken an.
„So ist's gut, dann komm!", murmelte John ihr aufmunternd zu und umfasste ihr kleines, zitterndes Händchen erneut. Sie stand vermutlich unter Schock, wer konnte ihr das auch verübeln. Aber der braunhaarige Schriftsteller wusste, er musste die Gesellschaft, die sich gerade beim Bankett aufhielt, warnen.

Frozen & Tangled II: Unforeseen ObstaclesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt