Zugfahrten. Die einzigen stressfreien Stunden.
Nachdenkliche Stunden.Wie so oft sass ich im Zug. Eine Stunde in die Uni, eine Stunde wo ich endlich meine Ruhe hatte.
So früh morgens waren die wenigsten Leute unterwegs, sodass ich, wie so oft, ein Abteil für mich allein hatte.
Die Tasche links von mir und den Kopf an die kühle Scheibe gelehnt, sah ich dabei zu, wie die Welt an mir vorbei zog.
Menschen, Strassen, Häuser, Bäume, Wiesen.
Sah ich zu, wie die unzähligen Regentropfen gegen das Fenster geschleudert wurden, um von dort aus als kleiner, süsser Regentropfen, vom Fahrtwind gedrängt, über das Glas zu mir kriechen konnte.Meine Augen verfolgten dieses Schauspiel, während meine Gedanken schon längst woanders waren.
Ich dachte viel nach im Zug. Da hatte ich Zeit.
Es mochte trostlos aussehen, mit Kopfhörern in den Ohren an einem Zugfenster gelehnt in den Regen zu starren, aber mich störte das nicht.Ein Tunnel. Die Aussenwelt wurde dunkel und mein Ebenbild spiegelte sich verzerrt im Fenster wider. Immer noch nach draussen schauend, musterte ich die Spiegelung der unbesetzten Sitze vor mir.
Nur ab und an nahm ich eine kurze Lichtquelle von Ausserhalb wahr.Wenige Sekunden später war die Spiegelung so gut wie verschwunden und hatte Wiesen und Bäumen Platz gelassen.
Eine weibliche Stimme schepperte aus den Lautsprechern und verkündete die nächste Haltestelle. Ich rührte mich nicht.
Ich musste hier nicht aussteigen.Der Zug hielt mit einem Ruck und ich beobachtete, wie Leute hektisch von einem Zug auf den nächsten hetzten.
Nur flüchtig nahm ich die Leute wahr, die an mir vorbei in den Zug einstiegen.
Ein kurzes Aufsehen, mehr widmete ich dem jungen Mann nicht, der sich mir gegenüber mit einem begrüssenden Kopfnicken auf den freien Platz setzte.Mein Blick fokussierte sich wieder auf die Aussenwelt.
Dann auf die Tropfen, die wie ein Vorhang über die Scheibe gelegt waren.
Ich folgte den faszinierenden Muster, die sie auf die Scheibe zeichneten. War fasziniert davon, wie sie das Bild von draussen in sich selbst spiegelten und die Farben miteinander verschmolzen.Bis ich den Fokus weder auf die vorbeiziehende Landschaft, noch auf die spannenden Regenmuster fixierte.
Mein Blick blieb am Verzerrten Spiegelbild meines Sitznachbars hängen.
Fuhr seinen Konturen nach. Zu seinen, trotz etwas rundem Gesicht, ausgeprägten Wangenknochen.
Seine wirren, braunen Haare umschlossen sein Gesicht und sein Kopf lehnte, wie meiner, am Fenster und er starrte nach Draussen.
Das goldene Licht des Sonnenaufgangs beleuchtete eine Hälfte seines Gesichtes und verliehen ihm einen etwas wärmeren Touch.Bei jeder anderen Person hätte ich vom Spiegelbild abgelassen, aber ich traute mich nicht. Ich hatte Angst, danach etwas sagen zu müssen und es zu bereuen wenn ich es nicht täte.
Langsam traute ich mich trotzdem, ihn nicht mehr nur durchs Fenster zu beobachten und riss meinen Blick von seinem Spiegelbild los.
Meine Augen schweiften zaghaft über sein Gesicht, seine Statur. Musterten ihn kurz, unauffällig, seine ruhige, schon fast schüchterne Art.
Er wirkte bleicher und müder. Und seine Augen waren nicht ganz so strahlend wie erhofft.
Ein sanftes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Ich hatte ihn sofort erkannt, Zombey. Aber ich war zu schüchtern etwas zu sagen. Meinem besten Freund zu sagen, dass ich maudado war.Ich merkte wie auch er immer wieder durch die Spiegelung zu mir sah, um dann verlegen seinen Blick wieder abzuwenden.
Ob er mich erkannt hatte?
Hätte er was gesagt?Die weibliche Stimme ertönte wieder aus den Lautsprechern und verkündete meine Haltestelle.
Noch ein letztes Mal versuchte ich mir sein Gesicht in Reallife einzuprägen, im Wissen, dass ich es nie wieder so sehen würde. Und insgeheim hoffte ich, dass er sich auch meines gut einprägte. Dass er wusste wie ich aussah, selbst wenn er nicht wusste, dass ich, ich war.
Auch er löste seinen Blick von draussen und schaute jetzt mich an. Seine Augen scannten kurz mein Gesicht und ein Lächeln zuckte über seine Lippen, aber es war kein Lächeln wie man es einem Fremden schenkte, es war ein Lächeln wie man es einem Freund schenkte. Aufrichtig und warm. Vertraut.
Automatisch lächelte ich kurz zurück und nickte kurz zum Abschied, eh ich meine Tasche packte und aus dem Zug hetzte.
Noch einmal schaute ich zurück zu dem Fenster. Unsere Blicke trafen uns noch ein letztes Mal und beinahe automatisch winkte ich ihm kurz lächelnd zu.
„Guten Morgen 💜", kam die Nachricht von Zombey über Whatsapp und ich lächelte.
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YouTuber - OneShots.
FanfictionEine kleine OneShot-Sammlung. Ich schreibe hier irgendwelche OneShots, die mir gerade so im Kopf rum schwirren. Ich schreibe unglaublich gerne und gebe auch mein bestes, aber bitte erwartet hier keine Autor-gleichen Geschichten. Es ist lediglich...