Bad times ~ [#zomdado]

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Noch ein kurzes Kichern meinerseits und Manu stimmte lachend mit ein.
Mir war nicht nach lachen zumute. Absolut nicht. Aber das wusste niemand. Und das würde auch nie jemand erfahren.

„Uh, mein Essen ist da, Leudde", meinte Paluten. Manu stöhnte schon genervt auf und wir beschlossen die GTA V Aufnahmen für heute zu beenden.
Wie sooft führte ich zu dieser Entscheidung nicht viel bei, stimmte nur ab und an jemandem zu.

Zombey disconnecte vom Ts und auch ich verliess danach Manus Ts-Server.

Instant entspannte sich meine Gesichtsmuskulatur und liess meine Mundwinkel weit nach unten hängen.
Ich merkte immer erst, wie anstrengend es war, meine Fassade aufrecht zu halten, wenn ich sie nicht mehr halten musste. Unter Menschen war ich der niedliche, glückliche maudado, alleine der traurige, depressive, Kackhaufen Maurice.
Ich wäre gerne maudado.. aber den gab es nicht. Er war nur eine Illusion, eine Hülle, eine Erfindung meinerseits.
Manu hatte seine Maske, ich hatte maudado.
Aber ich konnte mich mit maudado nicht identifizieren.

Erschöpft warf ich mich aufs Bett.
Ich wollte weinen. Ich wollte all meine Enttäuschung, Selbsthass, Trauer und Nutzlosigkeit aus meinem Kopf schaffen.
Ich konnte und wollte nicht mehr.

Aber es kamen keine Tränen.
Warum kamen keine Tränen?! War ich etwa nicht traurig genug?!
Musste ich etwa noch mehr Leid ertragen?! Mich noch mehr hassen?! Oder am Besten einfach direkt aus dem Fenster springen!

Ich warf das erste Kissen gegen die Wand.
Meine Hand ballte sich zu einer Faust und ich presste meine Zähne aufeinander.
Ich wollte doch damit aufhören. Ich wollte mir nicht wehtun.
Aber ich wollte weinen. Ich musste weinen, ansonsten würde ich dem Druck nicht standhalten können.
Fest bohrten sich meine Fingernägel in meine Handflächen, dass meine Gelenke zu schmerzen begannen. Aber ich erhöhte den Druck nur stetig weiter.
Tränen stiegen mir in die Augen und endlich konnte ich weinen. Endlich konnte ich den salzigen Geschmack der ersten Träne auf meiner Zunge schmecken.
Ich entspannte meine Hand wieder und betrachtete die tiefen Kerben in meiner Haut. Fuhr mit meinem Finger darüber.
Ich war schon eine richtige Missgeburt voller  Nutzlosigkeit und armseligen Selbstmitleid.

Warum tat ich das überhaupt? Was sollte es bringen?
Warum lebte ich überhaupt noch? Würde ja eh niemanden jucken wenn ich morgen tot in einer Ecke rumliegen würde!

Ich kauerte mich in eine Ecke, Ohnezahn fest umklammert, und weinte.

Plötzlich leuchtete mein Handy auf und mein Klingelton erklang. Ein Anruf?
Ich nahm das Handy in die Hand, konnte den Display nur schwer erkennen durch meinen Tränenfilm, und wollte schon auf 'ablehnen' drücken, als ich bemerkte, dass Zombey anrief. Es musste irgendetwas Wichtiges sein, denn er rief sonst nie an, da er nicht gerne telefoniert.
Also nahm ich den Anruf an.

„Oh, du bist ja doch wach..", meldete sich Zombey am Hörer, „hab mich gewundert, warum du so lange nicht online warst, da wir ja mit Wintercracker und Karl noch Skribbl aufnehmen wollten.." - „Ja.. ich, hab bis eben.. noch was gemacht.. sorry" Man hörte deutlich am Zittern meiner Stimme, dass ich bis eben geweint hatte.
„Ähm... ist alles in Ordnung, maudado?"

Maudado. Nein, gerade war ich nicht maudado.
„J-jaja.. alles gut.."

Instinktiv wischte ich mir über die feuchten Augen und setzte meine Maske auf. Jetzt war ich maudado.

Meine Lippen zu einem Lächeln verzogen, wurde auch meine Stimme etwas höher und glücklicher.
„Ehrlich. War nur.. müde. Ich habe vor 5 Minuten noch geschlafen..", ich kicherte um meine Lüge, ich hätte geschlafen, ein wenig zu vertuschen.

Er glaubte mir nicht. Das merkte ich, ohne dass er überhaupt was gesagt hatte. Er glaubte mir kein bisschen, aber er fragte nicht nach. Dafür liebte ich ihn gerade.

„Sorry, falls ich dich geweckt habe.. Skribbl oder heute nicht mehr?", fragte er und ich spürte wie unsicher er war.
Er war mein bester Freund, sollte ich ihm von meinen unnötigen Problemchen erzählen? Er hatte bestimmt seine eigenen Probleme, da musste ich ihn doch nicht mit meinen vollheulen...?
„Doch, ich komme gleich auf den TeamSpeak"

Direkt nach der wieder einmal sehr amüsanten Aufnahme verabschiedeten sich Wintercracker und Osaft auch schon wieder. Sie hatten beide noch was vor, weshalb ich mit Zombey jetzt alleine auf dem Server war.
Auch Zombey wollte sich gerade verabschieden, als ich doch das Wort ergriff.

„Zombey..?", hielt ich ihn zurück, „hast.. du noch kurz Zeit?" - „Äh, ja klar", er schien sichtlich verwirrt, „was ist los?"
Ich merkte, wie ich leicht zu zittern begann.
„Wegen vorhin...", ich hatte keine Ahnung, wie ich anfangen sollte. Was hatte ich mir überhaupt dabei gedacht? , „ich hab' nicht geschlafen.. die Wahrheit ist.., ich.. ich.."
Tränen stiegen mir in dir Augen und ich merkte, wie mir das Atmen begann schwer zu fallen. Nicht einmal das kannst du.. Arschloch. „Bitte hass' mich nicht, okay..?"
„Werd ich nicht", ich glaubte ihm, selbst wenn er sehr unsicher klang.
Ich versuchte irgendwie das Weinen zu unterdrücken. Aber ich wollte gerade nicht maudado sein. Ich wollte Zombey die Wahrheit sagen.
Ich sammelte mich nochmals. „Die Wahrheit ist, ich.. habe geweint..", zum Ende wurde ich immer leiser und das letzte Wort war mehr ein Hauchen als ein Sprechen. Aber Zombey hatte mich trotzdem verstanden.
„Ist etwas passiert?", seine Stimme klang mitfühlend.
„N-nein.. also.. nicht direkt..", ich wollte Zombey nicht belasten, aber es fühlte sich gut an mit wem reden zu können, „sorry... will dich nicht mit meinem.. Rumgeheule belästigen..", winkte ich ab. Wahrscheinlich würde ich in wenigen Minuten meinen besten Freund verlieren, wenn ich so weiter machte..
Aber er widersprach mir. Versicherte mir, dass er mir gerne zuhöre und dass ich ihn nicht belästigen würde.
Ich weiss nicht, was genau ich mir dabei gedacht hatte, aber dann erzählte ich. Ich erzählte ihm alles.

Ich erzählte über meine Schulzeit, als ich gemobbt wurde, dass es dort schon begonnen hatte, dass ich zu Hause oft alleine weinte. Dass ich irgendwann ende Schulzeit angefangen hatte mich zu ritzen. Inzwischen waren es 5 Jahre.
Dass ich mir geschworen hatte damit aufzuhören, aber es bisher nur bedingt geschafft hatte.
Ich erzählte ihm alles. Von maudado und Maurice. Alles.
Und er hörte zu.

Wir redeten lange. Bis tief in die Nacht war Zombey für mich da gewesen, aber als wir uns nach 8 Stunden verabschiedeten, fühlte ich mich trotzdem wieder alleine. Alleine, verlassen, nutzlos und leer. Wie ein Stück Scheisse.

Ich wusste nicht, was genau ich von meiner Entscheidung, ihm alles zu sagen, halten sollte. Würde er damit umgehen können?
Ich hatte Angst. Angst, dass es jemand erfahren würde. Angst, dass Zombey mich anders behandeln würde. Angst, dass ich alles verkackt hatte.

x x x

Inzwischen ist dieser Tag ein Jahr her.
Ich würde nicht sagen, dass ich nicht mehr depressiv bin. Meine Narben erinnern mich noch immer jeden Tag daran, wie dumm ich doch bin, aber es geht mir auf jeden Fall besser.
Ich war umgezogen dieses Jahr. Jetzt wohne ich nur noch wenige Minuten Autofahrt von Michael weg.
Auch für ihn ist viel passiert dieses Jahr. Michael hatte sich mit Chessie verlobt und sie erwarten ein Kind. Ich freue mich für ihn.

2.2.2019

Liebes Tagebuch,
Mit diesem Eintrag endet dieses schreckliche Kapitel meines Lebens.
Vieles hat sich geändert, das Meiste zum Guten. Heute soll der letzte Tag sein, an dem ich hier was reinschreibe. Die Gedanken auf diesem Seiten sind zu traurig. Zu depressiv.
Diese Gedanken existieren nicht mehr. Sie sollen nicht mehr existieren. Weder in meinem Kopf, noch in einem anderen oder auf Papier und ich wünsche jedem mit ähnlichen Gedanken, dass sich auch bei ihnen alles wieder zum Guten wendet.

Deswegen werde ich morgen mit Michael diese dunklen Seiten mit all meinem Leid verbrennen.
Schmore in der Hölle, Depression!! Auf niemalswiedersehen!

~Maurice.

YouTuber - OneShots.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt