never alone ~ [Gedanken]

747 36 14
                                    

Sein Atmen war zittrig, weinerlich. Das Gesicht tief in seinen Händen vergraben. Wie lange hatte er schon ohne mich geweint? Wie lange sass er schon hier, allein, und hat mit sich selbst gekämpft? Sich von seinen Gefühlen zerreissen lassen?

Er bemerkte mich, wie ich ihn stumm ansah, und sah auf. Sagte nichts, schaute mich nur an, wie ich ihn.
Es zerriss mein Herz meinen besten Freund in so einer Verfassung sehen zu müssen. Vor allem ihn, einer der positivsten und glücklichsten Menschen, denen ich je begegnen durfte. Sein sonst so freundliches Gesicht, mit dem ansteckenden Lachen, hatte keinerlei Ähnlichkeiten mehr, mit dem, was ich zu kennen schien.
Seine Mundwinkel hingen schlaff nach unten, sodass ich befürchtete, sie würden nie mehr lächeln können. Seine weichen Lippen, waren spröde und rau. Und seine sonst so strahlenden Augen, waren blass und milchig. Das sonst so klare Weiss war gerötet und hatte ebenfalls eine eher gräuliche Farbe angenommen. Ein dicker Tränenmantel benetzte die Netzhaut, schaffte es aber nicht, sich zu einer runden Träne zu formen und endlich die Wange herunter zu kullern. Sein eindringlicher Blick spiegelte nicht nur Trauer wider, sondern auch Angst und Flehen.

Er schloss seine Augen wieder, und sein dichter Wimpernkranz formte den Tränenfilm zu einer Kugel. Langsam rollte sie seine gerötete Wange herunter und hinterliess eine kleine, nasse Spur. Sein Gesicht vergrub er wieder in seinen Händen, noch bevor sie überhaupt herunterfallen konnte und beachtete mich nicht weiter. Ignorierte mich, als wäre ich ein Geist. Nicht da.

Ich wusste nicht, warum er weinte, oder wie lange, aber dieser Anblick zeigte mir, dass das nicht  gerade gross von Bedeutung war, sonden die Tatsache, dass er weinte. Er hatte es nicht verdient. Niemand hatte sowas verdient.

Ich konnte ihn nicht mehr ansehen. Ich brachte es nicht über's Herz, ihn auch nur eine Sekunde länger so zu sehen. Er zerriss mich, der Anblick eines so trauernden Menschen und ich daneben, hilflos, nicht in der Lage, ihm zu gross zu helfen. Aber ich musste. Ich konnte nicht tatenlos zusehen, wie mein bester Freund an sich selbst kaputt ging.
Ich umarmte  ihn.
Erst ignorierte er mich, aber nur wenig später, vergrub er sein Gesicht trotzdem in meiner Schulter, statt in seinen Händen. Auch seine Arme schlangen sich um meinen Oberkörper, und sein Schluchzen wurde stärker. Ich fühlte seine warme, bebende brust gegen meine schlagen. Spürte, wie mein Shirt immer mehr von den salzigen Tränen getränkt wurden. Konnte fühlen, wie er litt und konnte nicht mehr tun, als mit Tränen in den Augen ihm, meine Zuneigung zu zeigen, meine Hilfe anzubieten.

Ich nahm ihn einfach in den Arm. Strich ihm regelmässig über den warmen Rücken. Meine Trostversuche gingen zwar in seinen Schluchzern unter, aber ich hatte das Gefühl, dass es dennoch half.

Ich zog ihn zu mir, ganz dicht, und zeigte ihm, dass ich da war, immer da sein werde. Zeigte ihm, dass ich ihn nie allein lassen werde. Er sollte wissen, dass selbst wenn ich mal nicht da war, ich ihn niemals vergessen würde. Er hatte mein Leben geprägt, es besser gemacht. Nun war ich an der Reihe, ihm zu helfen, seins besser zu machen.

Auch er verstärkte den Druck um meinen, im Vergleich zu seinem, eher mageren Oberkörper. Immer wieder versuchte ich ihm gut zuzureden, ihm zu sagen, dass alles okay wäre, aber helfen taten die Worte nur wenig. Worte halfen so selten...
War es denn so wichtig, was ich sagte?
Es war wichtig, dass ich es sagte.
Dass ich irgendwas sagte.
Dass ich wenigstens versuchte zu helfen. Es sind nicht nur die Worte, die zählen, sondern die Taten.

Bald kamen keine Tränen mehr, nur noch tiefe Schluchzer. Aber sie waren nicht, wie die ganz am Anfang. Diese waren gezwungen gewesen. Als hätte er sie zurückhalten wollen. Als hätte er sich dafür geschämt. Dafür geschämt zu weinen. Vor seinem besten Freund.
Jetzt waren sie... anders. Freier. Er hatte akzeptiert, dass ich nie von seiner Seite weichen würde. Egal was er täte, er bliebe für immer eine der wichtigsten Personen in meinem Leben.


Tränen sind kein Zeichen der Schwäche.
Tränen sind ein Zeichen des Mutes.

Sich hinter einer Maske zu verstecken und sich als stark auszugeben, braucht keinen Mut.
Seine Gefühle so lange zu verstecken, bis sie vielleicht vergessen waren, braucht keinen Mut.

Es braucht Mut, sich seiner selbst ehrlich zu sein und zu öffnen.
Es braucht Mut, auch mal aufzugeben.
Es braucht Mut, einem anderen Menschen blind zu vertrauen.
Und es braucht Mut, dieses Vertrauen ohne nachzudenken zu erwidern.

Allein sein, braucht keinen Mut.

Freundschaften, zeichnen wahre Stärke aus. Und nicht die vielen oberflächlichen, Freundschaften, sondern die besten Freundschaften.
Nicht nur durch Lachen, wird dieses Band stärker, sondern auch mit jeder Träne, jeder Emotion.

Das sind diese Menschen, denen man blind vertraut. Das sind die wahren Freunde.

Und selbst, wenn sie mal nicht da sind, weiss man, dass sie immer zurückkehren werden. Egal was passiert, egal, wie lange es dauert. Auf diese wenigen Menschen, kann man sich zu 100% verlassen.
Freunde <3

YouTuber - OneShots.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt