Chapter VIII

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Ich schlafe tief und fest, und sehe dabei bestimmt aus wie ein Engelchen, nur in hässlich. Zumindest schlafe ich so bis ein Tornado namens Mel in mein Zimmer kommt. Dann ist es aus mit der Ruhe. Sie springt auf meinem Bett und auf mir herum, bis sie sich nach ungefähr einer Minute neben mich fallen lässt und mich mit nur einer Bewegung aus dem Bett befördert. Jetzt liege ich am Boden. Mir egal. Der Boden ist auch sehr gemütlich. Nicht. Aber zum Schlafen passt es. Solange kein Nilpferd auf einem liegt. Das ist jetzt vielleicht ein klitzekleines Bisschen fies, aber Mel hat sich ernsthaft auf mich drauf fallen lassen.

Stöhnend schiebe ich sie von mir und stehe schließlich auf. Ich tapse ins Bad und versuche, meine Haare zumindest etwas zu bändigen. Ich dusche innerhalb weniger Minuten und werde dadurch schon etwas wach. Außerdem putze ich meine Zähne und schminke mich dezent. Am ersten Schultag will ich wenigstens gut aussehen. Naja, halbwegs gut. Schlussendlich bin ich mit meinem Ergebnis zufrieden und gehe aus dem Bad zu meinem Kleiderschrank, wo ich schwarze Thermoleggins mit einem dunkelroten Shirt, das keinen Ausschnitt hat, dafür aber etwas weiter und kürzer geschnitten ist, für angemessen empfinde. Ich nicke mir im Spiegel noch einmal zu und gehe dann mit meiner schwarzen Tasche, deren einziger Inhalt aus meinem Handy und meiner Geldtasche besteht. Bücher werde ich hoffentlich nachher in der Schule bekommen.

Ich gehe in die Küche hinunter, wo Mel schon ihr Müsli löffelt. Ich nehme gegenüber von ihr Platz und schmiere mir einen Nutellatoast. Ich liebe es, wenn das Nutella auf der warmen Toastscheibe schmilzt. Nach dem Frühstück und etwas Smalltalk gehe ich mit Mel aus dem Haus und wir steigen wieder in Junes Auto.

„Braucht deine Mutter ihr Auto nicht auch einmal selber?" fragend sehe ich sie an. Heute trägt sie eine weiße Jeans und einen schwarzen Hoodie. „Mum arbeitet von Zuhause aus. Sie muss also nicht irgendwo anders hin und nächste Woche kommt mein Auto sowieso aus der Reparatur. Für diese Woche darf ich es noch benutzen. Ich nicke und nach wenigen Minuten erreichen wir auch schon die Schule. Mel parkt am Parkplatz, auf dem schon ziemlich viele Autos stehen. Die meisten Autos sehen ziemlich teuer aus, was mich ehrlich gesagt wirklich wundert, da an meiner alten Schule die Mehrheit der Schüler nur irgendwelche alten und schrottplatzreifen Fahrzeuge hatten, wenn man diese Dinger noch Fahrzeuge nennen kann.

Wir steigen aus und gehen auf die Schule zu. Obwohl es eigentlich sehr kalt ist, stehen viele Leute am Schulhof. Der Großteil von ihnen raucht allerdings, also sollte mich das weniger wundern. Wir gehen durch die Grüppchen hindurch und in die Schule. Wir kommen in ein großes Foyer, von dem mehrere Gänge abzweigen. Außerdem sehe ich insgesamt drei Treppen. Der Boden ist von dunklen Fliesen bedeckt und die Wände sind ausnahmslos weiß. In der Mitte der Halle hängt ein großer Kronleuchter und ich komme mir vor wie in einem Schloss.

Ich folge Mel, die in einen Gang biegt. Immer wieder kommen wir an Gruppierungen von Schülern vorbei, die Wände sind größtenteils mit Schließfächern bedeckt. Kurz darauf bleiben wir vor einer Tür mit der Aufschrift „Sekretariat" stehen. Mel dreht sich zu mir um und schaut mich ernst an. „Also. Die Sekretärin in dieser Schule ist ein Monster. Sei also höflich, nett und vergiss ja nicht brav „Guten Tag" und „Auf Wiedersehen" zu sagen. Lächle in einem durch und lass dich nicht aus der Ruhe bringen. Verstanden?"

Ich nicke überrumpelt und Mel wendet sich wieder der Tür zu. Sie holt einmal tief Luft, als würde sie noch einmal Kräfte sammeln und klopft. Augenblicklich verstummt das Stimmengewirr um uns herum und ich spüre die Blicke der anderen Schüler im Rücken. Ein kurzes „Herein!" veranlasst Mel dazu, die Tür zu öffnen. Ich folge ihr und finde mich in einem geräumigen Büro wieder. In der Mitte des Raumes steht ein riesiger Schreibtisch aus dunklem Holz, hinter dem eine alte Dame sitzt. Ihre grauen Haare hat sie zu einem strengen Dutt gebunden und ihre eisblauen Augen mustern mich abschätzig. Sie trägt eine dunkelgraue Hose und einen dunkelgrünen Blazer.

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