Echt jetzt?

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Kapitel 6 Alex:

Am nächsten Morgen wachte ich mit mörderischen Rückenschmerzen auf. War wohl doch keine so gute Idee gewesen mich einfach schlafen zu legen. Auch mein Schädel musste einen schweren Schaden erlitten haben. Anders konnte ich mir nämlich nicht erklären, dass ich diesen Drecksstall hier gestern noch nicht komplett auseinander genommen hatte. Im Tageslicht musste ich einsehen, dass meine letzte Einschätzung wohl ziemlich daneben gelegen hatte und ich entschied mich dazu erst einmal sauber zu machen. Ich begann Staub zu wischen und wie die gute Fee in Cinderella durch mein Heim zu schweben - nicht. Das war einfach nicht mein Style. Ich bevorzugte Fenster und Türen aufzureißen und lief einmal mit einem Besen durch die Räume, um den größten Schmutz und die dreckige Luft los zu werden. Nachdem ich zu meinem Erstaunen und meiner großen Erleichterung festgestellt hatte, dass ich an eine intakte Wasser- und Stromversorgung angeschlossen war und meine gute Einschätung vom Äußeren der Kate doch zutraf, warf ich mich in die Ledersitze meines Autos und machte mich auf die Suche nach einem Laden, der zumindest ansatzweise das Niveau, welches ich an meine sonstige Einrichtung stellte, erfüllte. Das klingt angesichts meiner Unterkunft vielleicht komisch, aber nur weil ich gerne fernab wohne heißt das nicht, dass ich wie ein Hinterwäldler lebe. Es reicht schon, dass ich nicht jeden Abend mal eben jemanden (weibliches) mit nach Hause bringen kann. Da möchte ich mich wenigstens edel und modern einrichten (also ich bin nicht schwul, aber Style habe ich schon und das kann ich auch zeigen).

In der Stadt wurde ich auf Anhieb natürlich nicht fündig, weswegen ich mich erstmal damit begnügte in einem Campinggeschäft eine Isomatte, Zahnbürste und ein bisschen Kleidung zu kaufen. Wenn ich so darüber nachdachte, konnte ich fast verstehen, warum der Direx immer genervt mit mir über meine - laut ihm - immense Geldverschwendung diskutierte. Im Stillen musste ich mir nun eingestehen, dass ich vielleicht vorher eine Reisetasche oder zumindest mein normales Schulüberlebensset hätte mitnehmen können, da ich in meinem Raum im Internat immer mindestens 2 auf Vorrat hatte (sie bestehen aus einem Rucksack mit Mäppchen, Collageblock und einer Kappe mit integrierten Kopfhörern für den eigentlich immer einschläfernden Unterricht, der ja ach so wichtig für meine berufliche Zukunft sein sollte). Für Stormington war es also mal wieder nötig alles neu zu kaufen und auf meine Kappe zu verzichten.

Noch ein Punkt, der mich nicht zu einem Fan meiner neuen Schule machen würde. Oh ja, die konnten sich abschminken, dass ich ihre dumme Facebookseite liken würde - muhahahaha, man war ich heute diabolisch.

Als ich nach Hause fuhr, sah ich seit Tagen mal wieder auf mein Handy und erschrak ... es war doch nicht möglich ... konnte das wirklich sein? Ja, es konnte. Ich hatte es zwar total verpeilt, aber heute war doch tatsächlich mein erster offizieller Schultag. Ich sah nochmal auf die Datumsanzeige -kein Zweifel. Durch einen zweiten Blick auf die Uhrzeit stellte ich fest, dass ich eventuell noch ab der 5. Stunde mitmachen konnte - ok, sagen wir, ab der 5. Stunde physisch anwesend sein konnte.

Ich machte auf der Stelle eine 180° Wende und fuhr zur Schule. Den Weg kannte ich bereits, da ich ihn bei dem Probetag, welchen die Schule für normale Schüler vorschrieb, schonmal hatte finden müssen. Während ich auf den hässlichen Asphaltschulhof rollte, der bestimmt schon seine besten Tage (die trotzdem hässlich gewesen sein mussten) erlebt hatte, scannte ich den Wegesrand automatisch nach Parklücken ab - und ERROR. Frustriert trat ich einfach vor der Eingangstür auf die Bremse, zog den Schlüssel und stieg aus. Im Weggehen schloss ich per Fernbedienung über meine Schulter ab.

Aufgrund des Probetages und der Tatsache, dass ich meinen Stundenplan bereits aus dem Postfach des Internats erhalten hattes, fand ich meinen Raum relativ schnell. Ich kam also nur 16,3 Minuten zu spät. Die armen Menschen, nun mussten sie sich doch tatsächlich mit nur 33,7 Minuten meiner Anwesenheit abfinden. Der Lehrer war einer dieser Sorte, welche allein den Schülern die Schuld für das ganze Übel der Welt gab, und sah mich eben genau so an, als er nur trocken meinte, ich sei zu spät. "Sorry, ich bin eigentlich auch nur hier, um mir Inspiration für meinen Selbstmord zu holen.", war das einzige, was ich daraufhin genauso trocken erwiderte, während ich zu einem der freien Plätze in der hintersten Reihe ging. Ich nahm das Gelächter und die bewundernden Blicke von meinen neuen Mitschülern gleichgültig hin. Die noch kommende Reaktionen kannte ich schon mehr als genügend: Bewunderung, Ignoranz, Hass, Neid, Liebe, Schleimerei. Nachdem ich mich gesetzt hatte, musste ich leider feststellen, dass ich mit dem altem Schrecksack, der da vorne stand und mich fast mit Blicken zu ermorden drohte, wobei sein rechtes Augenlid nach 4 Sekunden anfing zu zucken, mein einziges Fach hatte, welches ich noch mit einem gewissen Ehrgeiz verfolgte: Mathe. Schlimm, oder? Meinen Sitznachbarn nickte ich einmal zu und ignorierte dann alles weitere. Stumm ertrug ich die fogenden 3 Stunden, wobei ich spätestens auf dem Weg zu meinem fahrbaren Untersatz das Getuschel nicht mehr ausblenden konnte. Was ich hörte, ließ mich mal wieder spüren, dass ich zwar toll, aber für den Job unauffällig zu sein garantiert nicht geeignet war. Denn unauffällig konnte man mich nun wirklich nicht mehr nennnen, nachdem die ganze Schule über die Tatsache Bescheid wusste, dass die Monstercorvette, welche den kompletten Haupteingang blockierte, mir gehörte. Öhm ja, mies gelaufen würde ich dann mal sagen. Ohne die anderen eines Blickes zu würdigen, drängelte ich mich durch die Menge. Erst im Wagen entschied ich ein paar Gesprächsfetzen genauer anzuhören, was mir durch mein hervorragendes Gehör möglich war, vom abwertenden "Protzkarre" bis zum bewundernden "was für ein Traum" war alles dabei. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht fuhr ich nach meinem "ersten" Schultag nach Hause, wo ich endlich dazu kam meinen Einkauf einzupacken und mein nun sauberes Häuschen provisorisch einzurichten.

Morgen würde ich mir mal ein paar Schüler genauer ansehen. Im Sportunterricht konnte man neue Übernatürliche am leichtesten identifizieren, da die meisten ihre neuen Kräftebis dahin noch gar nicht wahrgenommen hatten und sie somit auch nicht unterdrückten. Wenn ich einen Neuen von uns entdeckte, dann hieß es erstmal: in die Sicherheit des Internats zurück und eventuell auch noch einen kleinen Teil der Ausbildung des Neuen übernehmen. Auch, wenn die Machtinhaber das nicht so gerne sahen, da ich laut ihnen >gefährlich< und >unberechenbar< bin. Für diesen dummen Späherjob war ich den Hochwohlgeborenen noch gut genug. Ich war ihnen weniger wert als die Arbeiter und Krieger, die sich von ihnen ab- und den Internaten zuwendeten, welche entschlossen dafür kämpften die Menschen den Übernatürlichen untertan zu machen. Und trotzdem waren sie auf mich angewiesen, weil ich einfach der Beste war. Durch das gemischte Blut meiner Eltern waren meine Sinne für zwei Arbeitsbereiche ausgelegt, was mich zu einem besseren Späher machte als jeden anderen Krieger, Arbeiter oder Heiler. Die ach so tolle Elite musste sich da gar nicht erst dran versuchen. Von meinem Dad, einem der Arbeiter, hatte ich die Kraft und von meiner Mum, der Kämpferin, die Schnelligkeit geerbt. Eigentlich war allein die Tatsache, dass es Übernatürliche gab deren beide Elternteile auch welche waren, schon seltsam genug. Doch aus unterschiedlichen Kasten - nein, das ging ja nun nicht *Ironie off*. Was sich diese arroganten Leute nur einbildeten. Wahrscheinlich waren sie doch nur neidisch, weil ich einfach besser aussah und besser kämpfen konnte, obwohl sie sonst immer und überall so eine Extrawurst bekamen - dumme Vegetarier.

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Ich hoffe ihr findet keine Rechtschreibfehler und nein, ich habe nichts gegen Vegetarier ;)

Lost HierarchyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt