Die Sache mit den Pommes

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Kapitel 19 Riley:

Nach der Schule hatte ich mich nur noch in mein Bett geschmissen und gehofft, dass dieser Tag ganz schnell vorbei sein würde. Nach zwei Stunden erholsamen Schlafes sah die Welt jedoch wieder etwas besser aus und ich war auch nicht mehr ganz so schlecht gelaunt. Fast hätte ich noch länger geschlafen, doch der Klingelton meines Handys hatte mich aufwachen lassen. Nun sah ich nach, wer mir geschrieben hatte. Es war Ethan, der Typ neben dem ich in Chemie saß und mit dem ich mich in den letzten Tagen sozusagen angefreundet hatte. Er lud mich ein mich mit ihm und seinen Freunden im Diner zu treffen. Ich hatte schon öfters mitbekommen, dass sich viele Schüler dort trafen und zusammen abhingen, doch bisher war ich nie auf die Idee gekommen auch einmal dort vorbeizuschauen. Vor Allem weil ich mich hier in Stormington noch nicht wirklich um soziale Kontakte bemüht hatte. Naja, ich ließ auch so gut wie niemanden an mich heran und das schien auch Ryan schon aufgefallen zu sein, denn seit ein paar Tagen fragte er mich, wie es denn in der Schule lief und ob ich schon Freunde gefunden hatte. Also war diese Einladung die perfekte Gelegenheit um Ryans Nerven zu beruhigen und meinen Magen zu füllen, der zwar bis jetzt geschwiegen hatte, aber mir bei dem Gedanken an Essen nun unmissverständlich klar machte, dass er gefüllt werden wollte. Ohne noch einmal drüber nachzudenken sagte ich Ethan zu.

Nach etwa einer halben Stunde hatte ich die Frage geklärt, was ich anziehen sollte. Ja, mir war es sehr schwer gefallen das richtige Outfit für ein Treffen mit Leuten zu finden, die ich kaum kannte und mit denen ich, bis auf einen von ihnen, bisher nur wenige Sätze gewechselt hatte. Ich war schon kurz davor Ethan wieder abzusagen, als Max an meine Tür klopfte und nach meinem "ja?" das Zimmer betrat. "Riley, du wolltest doch in fünf Minuten bei deiner Verabredung sein", hatte er gesagt und, nach einem Blick auf mein Bett, wo mein halber Kleiderschrank ausgebreitet war, noch "das Outfit ist perfekt", hinzugefügt. Dieser Kommentar und die Tatsache, dass er extra für mich seinen freien Nachmittag opferte, hatten mich jedoch umgestimmt und so hatte ich keinen Rückzieher gemacht. Jetzt saß ich mit Ethan, zwei seiner Kumpels und einem weiteren Mädchen an einem Tisch und wir unterhielten uns nett. Ich achtete darauf die meiste Zeit zu lächeln und mich aktiv am Gespräch zu beteiligen, was mir ehrlich gesagt schwerer fiel, als es einem Mädchen in meinem Alter sollte. Zwischendurch verspürte ich eher den Drang mich einfach meiner Pommes zu widmen und das Gerede der Jungs auszublenden, was sich sowieso die meiste Zeit nur um Sport drehte. Am Anfang hatte sich das Gespräch natürlich um mich gedreht und die Vier hatten mich ein bisschen ausgefragt, doch zum Glück hatte ich es geschickt in eine andere Richtung lenken können, als ich fragte, woher sie sich kannten. Seitdem redeten die Jungs über ihr Training und wir Mädels waren ausgeschlossen. Irgendwie bekam ich es dennoch hin ab und zu über eine Story zu lachen, obwohl ich nicht so richtig verstanden hatte, was sie mir überhaupt gerade erzählten, aber das fiel anscheinend nicht auf, denn sie erzählten immer weiter. Jungs und ihr Sport..
Irgendwann hatte ich mir eine kleine Pause gegönnt, in dem ich es mir gestattete zwei Pommes zu essen und dem Gespräch der Jungs für einen kurzen Moment nicht zu folgen. Denn selbst, wenn ich die acht Sätze mitbekommen hätte, hätte ich danach noch genauso viel Bahnhof verstanden wie vorher auch schon. "Na, öfters hier?", hörte ich dann plötzlich jemanden direkt neben mir sagen und mein Kopf fuhr hoch. Dadurch starrte ich direkt in Alex Augen. Einen Moment lang überlegte ich, ob er wirklich mich meinte. Fast hätte ich mich umgedreht, um zu sehen, ob dort vielleicht das angesprochene Mädchen saß. Aber sein durchdringender Blick ließ keinen Zweifel zu: Er meinte mich. Wow, mehr hatte er nicht drauf? Aber ich hatte ja schon damals am See bemerkt, dass Alex das Sportlerklischee komplett erfüllte. Zugegeben, er sah nicht schlecht aus und hatte unter seinem T-shirt bestimmt auch einen guten Körper, aber im Gehirn hatte er rein gar nichts. "Wow, du kannst ja doch vernünftige Sätze bilden", schaffte ich trotz meiner Verwirrung zu kontern. Dass meine Antwort in seinem Gesicht ebenfalls Verwirrung auslöste, machte mich ehrlich gesagt verdammt stolz. Doch was er danach tat, als er sich wieder gefasst hatte, oder eben auch nicht, ließ bei mir alle Gesichtszüge entgleisen. Er aß einfach meine Pommes. Wie dreist war er denn eigentlich, dachte er nur weil er mich nach einem Date gefragt hatte, würde ich jetzt unglaublich verliebt in ihn sein? Das mochte ja vielleicht bei anderen Mädchen funktionieren, bei mir jedenfalls nicht. Doch es kam noch härter. Nachdem ich seine Anmache erfolgreich abgewiesen hatte, fragte er mich tatsächlich nach einem Date. Das konnte einfach nicht sein Ernst sein. Unter dieser Annahme sagte ich einfach, ohne groß drüber nachzudenken: "Klar, wenn du bis dahin mal Manieren lernst". Meine Stimme triefte in meinen Ohren vor Ironie und ich beendete den Satz mit einem Lachen, was ich nicht unterdrücken konnte. Diese ganze Situation schien so unwirklich. Ich wandte mich von ihm ab und sah wieder zu Ethan, da hörte ich Alex neben mir sagen: "Gut. Samstag Abend um 8 Uhr. Ich hol dich ab." Mit diesen Worten erhob er sich vom Stuhl, mir klappte die Kinnlade herunter und ich starrte ihm ungläubig hinter her. Tausend Gedanken schossen mir in diesem Moment durch den Kopf. Sollte ich ihm hinterher laufen? Aber was dann? Das hatte er sowieso nicht ernst gemeint, oder doch? Aber woher zum Teufel sollte er wissen, wo ich wohnte?

Obwohl ich alles tat um nicht aufgeregt zu sein, fuhr mein Magen Achterbahn. Es war Samstag und ich konnte den ganzen Tag an nichts anderes denken als an meine vermeintliche Verabredung. Zugegeben ich hatte die letzten Tage ständig daran gedacht, aber eher gezwungenermaßen. So was sprach sich halt im Freundeskreis schnell rum und so wurde ich jeden Tag mindestens einmal darauf angesprochen. Am Anfang wollte ich, falls Alex wirklich heute Abend hier auftauchen würde, ihm einfach die Tür wieder vor der Nase zu knallen oder ihm dazu gratulieren, dass er jetzt wusste wo ich wohnte und ihn dann stehen lassen. Aber ehrlich gesagt hatten die Mädchen in der Schule mich mit ihrer Aufregung angesteckt. Außerdem würde es auch Ryan beruhigen, wenn ich mal mit einem Jungen ausging. Nachdem ich bestimmt zwei Stunden nach einem Outfit gesucht hatte und mich danach noch fertig gemacht hatte, saß ich mit Ryan im Wohnzimmer auf der Couch und wir sahen fern. Als die Tagesschau anfing stieg meine Nervosität mit jeder Minute, zum Ende der Nachrichten war ich schon fast enttäuscht, dass Alex doch nicht kam und dann klingelte es..

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