Der Fluch

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Heute begann das Wochenende und meine Freunde und ich hatten vor, nach Hogsmead zu gehen. Es war Ende November und der Winter kehrte ins Land ein. Über die letzte Nacht hatte es stark geschneit, sodass der Schnee bei den schon eisigen Temperaturen liegen blieb. Man konnte schon bei vielen die vorweihnachtliche Stimmung spüren und sehen, denn immerhin war übermorgen der 1. Dezember. Besonders die Hufflepuffs bemühten sich darum, das Schloss auf Ansage ihrer beiden Vertrauensschüler Hannah Abbott und Ernie Macmillan so gut, wie es ging herzurichten und zu dekorieren. Hermine und Ron, die beide unsere Vertrauensschüler von Gryffindor waren, hielten es einfach nur für verschwendete Zeit. Dem stimmten wohl auf die Ravenclaws und die Slytherins zu. Besonders die Erstklässler waren ganz gespannt auf ihr erstes Weihnachten in Hogwarts, auch wenn das Schloss über die Feiertage doch recht still sein musste, wie es mir Ginny erzählt hatte. Die meisten Schüler verbrachten dann doch lieber die Ferien über bei ihrer Familie. Ich wusste noch nicht, wie ich mich entscheiden würde. Alleine im Schloss wollte ich nicht bleiben, doch ob ich meinen Eltern vor die Augen treten könnte, ließ mich viele Nächte lang nicht schlafen.

Ich konnte mich mit meinem neuen Schicksal und dessen Geheimnissen und Konsequenzen noch nicht so richtig anfreunden. Zumindest blieb erst einmal alles beim alten, doch ich hatte so viel zum Nachdenken, dass es mir selbst im Unterricht manchmal zu viel wurde und ich mich entschuldigen musste. Dann suchte ich mir im Schloss einen ruhigen Ort und lauschte der Stille, weinte oder versuchte einfach nur frische Luft in meinen Kreislauf zu bekommen. Immer wieder fühlte es sich an, als würde man mir erneut ins Gesicht schlagen und sagen, ich solle doch bitte mal aufwachen, aber ich konnte es irgendwie nicht. Ich konnte mir nicht vor Augen halten, dass ich eine Todesserin war. Benutzt von meinen Eltern, damit sie dem Tod entrannen. Eine Slytherin, die gefangen im Körper einer Gryffindor ihr Schauspiel vollenden musste. Eine Gryffindor, nur, um ihre mittlerweile beiden besten Freunde zu töten. Für einen Mann, einem Wesen, einem Zauberer, den ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte und der nur Rache, Vergeltung und Macht haben wollte. Um ihm das zu bescheren, sollte ich die zwei umbringen, damit sie aus dem Weg waren. Aber was blieb mir anderes übrig? Sollte ich mich für sie aufopfern? Ich wollte nicht darüber nachdenken. Nicht heute, nicht an einem schönen Wochenende, das ich mit Cormac und den anderen verbringen sollte. Es würde mir noch genug Zeit neben meinen Prüfungen bleiben und schließlich gab es da auch noch Draco, der mit mir den gleichen Weg gehen musste.

Wir hatten uns nach der Nacht im Raum der Wünsche nicht mehr gesprochen, doch es war sicherlich gut so. Er zog sein Ding durch und ich meins, irgendwie. Es musste irgendwie funktionieren, das hatte ich schon verstanden, auch wenn ich mit der offenen Tür ins Haus gefallen war und mich nicht zurechtfand. Es musste doch noch irgendeinen anderen Grund haben, dass mich dieser dunkle Zauberer haben wollte. Ich war nicht besser ausgebildet worden, als meine anderen Mitschüler. Vielleicht hatte ich mehr Übung in der praktischen Anwendung, doch ich war mir sicher, dass jeder in meine Rolle schlüpfen könnte. Ich musste mit Draco darüber reden.

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Wir machten es uns gerade im Drei Besen bequem, bestellten Butterbier und hängten unsere Jacken auf die Stuhllehnen. Hermine unterhielt sich mit Harry weiterhin über sein Buch des Halbblutprinzen, das hatten sie schon den ganzen Hinweg getan. Auch wenn mich dieses Buch ebenso interessierte, wie es bei meiner Freundin der Fall war, ließ ich Harry damit alleine. Entweder er wusste, was er tat oder er war sowieso schon zu tief darin versunken.

"Uh, Ginny ist mit ihrem Lover unterwegs." Cormac sah vor an die Theke, neben der die kleine Schwester von Ron und unser Mitschüler Dean Thomas auf einer Eckbank saßen und sich amüsiert unterhielten. Ron verzog angewidert das Gesicht.

"Solange sie nicht knutschen, ist doch alles in Ordnung." Hermine trank auf einen Zug ihr halbes Butterbier weg und drehte sich dann noch einmal zu den beiden Turteltäubchen um, die gerade anfingen, sich zu küssen.

Secret SlytherinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt