„Pass auf was du tust, Fräulein"

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Ich machte das Radio in der Küche an und sah dann in den Kühlschrank nach etwas Essbaren. Heute Abend musste ich alleine zu Abend essen, da Dad und Damian noch bei einer Versammlung um den großen Tisch im Clubhaus waren. Ob Dad heute Abend noch in die Wohnung kommen würde, war mir ein Rätsel. Wahrscheinlich würde er dort bleiben, ein paar Bier und ein paar Whiskey trinken, mit den Männern über verschiedene Dinge reden und dort in seinem Zimmer schlafen. So wie ich Damian in den letzten Monaten erlebt hatte, würde er wohl auch nicht nach Hause kommen. Er hatte sich sehr verändert. Er war erwachsen geworden und so langsam bekam ich ein Gefühl dafür, warum Dad sich noch nicht genau zwischen Owen und Damian als dauerhaften Vize Präsidenten entscheiden konnte. Momentan übernahm diesen Part noch Steve, doch er wollte es nicht dauerhaft bleiben.

Erschöpft ausatmend ließ ich mich auf einen Küchenstuhl sinken und begann mir eine Scheibe Brot zu belegen. Aus Gewohnheit fiel mein Blick auf den Boden, doch der Platz auf den Fliesen war leer. Niner war seit vorgestern Abend beim Tierarzt. Archer war mit seinen Heinzelmännchen bei uns im Clubhaus eingerückt, um es durchsuchen zulassen nach Waffen und Drogen. Dabei hat sich Niner wieder von seiner besten Seite gezeigt und ist gefährlich auf die Beamten zu gesprungen. Mit einem Schuss setzten sie ihn außer Gefecht. Ja seitdem tuen zwei Tierärzte alles dafür, um Niners Schultergelenk und sein Leben zu retten. Es machte mich unfassbar wütend. Niner war zwar schon alt und würde auch nicht mehr so lange durchhalten, aber für mich gäbe es nichts schlimmeres, als zu wissen, dass ein FBI Agent ihn getötet hätte. Das wäre kein ehrenvoller Tod.

Es klopfte an der Tür und ich erwachte aus meiner Starre.

„Ey Elo, mach mal auf", kam es von der anderen Seite. Ich ging durch die Küche, bog ab auf den langen Flur und ging direkt zur Haustür. Ohne mir weiteres dabei zu denken öffnete ich sie und musste unmittelbar danach einen Fuß in der Tür wahrnehmen. Es waren keine schwarzen Schnürstiefel, wie ich sie von den Jungs gewohnt war. Auch keine weißen oder schwarzen Sneakers, wie sie viele im Club trugen. Es waren dunkelrote Turnschuhe. Als ich hochsah, erblickte ich die blauen Augen von Brylen. Bevor ich reagieren konnte, hatte er die Tür aufgedrückt und war in die Wohnung gekommen.

„Was willst du hier, Brylen?", schrie ich ihn wütend an. Er packte mich rechts und links an meinem Sweatshirt, dicht bei meinen Schlüsselbeinen und kam mir mit seinem Gesicht bedrohlich nah

„Sag deinem ach-so-tollen-Vater und seinen kriminellen  Freunden, dass sie meinen Vater gefälligst in Ruhe lassen sollen!", gab er bedrohlich von sich. Seine blauen Augen funkelten mich gefährlich an. Ich sah ihm tief in die Augen und in mir staute sich langsam Aggressivität an. Mit voller Wucht zog ich mein Knie hoch und verpasste leider seine Weichteile, traf dafür aber seine Magengegend.

„Wer hat wen zuerst aufgesucht und versucht ihm zu schaden? Wir euch, oder ihr uns?", konterte ich wütend. Brylen krümmte sich und sah mich mit schmerzverzogenem Gesicht an.

„Halt die Schnauze Miststück. Du weißt genau, dass in eurem Clubhaus knapp 20 Jahre Haft liegen. Tu nicht so auf Unschuldslamm", entgegnete Brylen mit zusammengebissenen Zähnen.

„Ist es das was du wolltest? Bist du hergekommen, um mich zu belehren, dass wir schlechte Bürger sind und uns ändern sollen?", wollte ich gefrustet von ihm wissen. Er richtete sich wieder auf und sah mich finster an

„Das solltet ihr selbst wissen, so viele Menschen wie ihr auf dem Gewissen habt", erwiderte Brylen heiser auflachend.

„Geh Brylen! Raus aus meiner Wohnung!", schrie ich ihn wieder an und zeigte auf die Tür. Brylen grinste siegessicher

„Oh. Hat die kleine Eleanor Angst, weil niemand bei ihr ist? Wo ist denn dein toller Hund? Ach, ich vergas, den hat es ja leider bei der Durchsuchung erwischt. Schade drum", kam es provokant von ihm. Ich wurde so unfassbar wütend auf ihn, dass ich einen Schritt auf ihn zu ging und ihm eine klatschte. Das jedoch war kontraproduktiv, da Brylens Wut sich hochschaukelte und er mich wütend an den Oberarmen packte.

„Pass auf was du tust, Fräulein", meinte er laut zu mir und ich hatte das Gefühl, er würde mir das Blut abquetschen. Meine Arme wurden taub und auf einmal war ich hilflos. Ich konnte mich nicht aus seinem Griff befreien und ich mir stieg die Panik. Irgendwie versuchte ich mit meinem Bein ihm noch einmal einen ordentlichen Tritt zu verpassen, doch er hatte meinen Plan durchschaut und wich aus.

„Lass es!", kam es wütend von ihm und er schubste mich grob nachhinten. Ich knallte mit dem Kopf gegen den Türrahmen meines Zimmers und alles wurde schwarz.

Als ich langsam zu mir kam lag ich auf dem Rücken. Ich blickte geradewegs in die blauen Augen von Brylen. Geschockt sah ihn an. Er stützte seine Arme links und rechts neben mir auf und sah grinsend zu mir runter

„Na, hast du aus deinen Fehlern gelernt?", wollte er provokant wissen. Ich sah an mir runter. Er hatte mir mein Sweatshirt ausgezogen und auch meine Jogginghose. Scheiße. Was passierte hier gerade? Und was zum Teufel hatte er vor? Ich wusste genau was er vorhatte. Die letzten Wochen hat er immer wieder darauf angespielt. Es schien aussichtslos. Mein Kopf dröhnte noch und er war so bedrohlich über mir, dass ich ihm nicht entkommen konnte. Brylens Blick war voller Lust. Ich sah an ihm hoch und runter.

„Na, gefällt dir was du siehst?", kam es provokant von ihm. Ja, es gefiel mir. Aber nicht, weil er so gut aussah, sondern weil er am Gürtel eine Waffe trug. Der Mistkerl wurde scheinbar wirklich von seinem Vater losgeschickt, um über mich an den Club ranzukommen.

„Ja", hauchte ich nur als Antwort und sah ihn an. Brylen schien mit meiner Antwort überrascht gewesen zu sein. Als er sich wieder gefangen hatte, grinste er schief und ließ seinen Körper auf meinen sinken. Es war mir mehr als unangenehm, dass er kaum bekleidet auf mir lag. Keine Ahnung wie Hanna, Sally und Maya das immer machten. Er begann meinen Hals zu liebkosen und ich unterdrückte das unwohle Gefühl so gut es ging. Ich versuchte unbemerkt mit meinen Händen seinen Rücken runter zuwandern und ignorierte ihn fast komplett. Als ich endlich das kühle Metall der Waffe ergriff, ging alles ganz schnell. Ich zog sie raus, er schreckte zurück und sah mich mit großen Augen an. Doch zu meinem Erstaunen blieb es nicht dabei. Er kam bedrohlich auf mich zu und wollte mir die Waffe abnehmen. Ich wollte ihn nicht anschießen und schon gar nicht erschießen. Ich hatte noch nie einem Menschen mit einer Waffe verletzt. Unschlüssig und verängstigt floh ich aus meinem Zimmer, er mir hinterher. Ich wusste, er würde mir etwas tun. In der Küche war ich eingeschlossen. Er versperrte mir den Weg aus dem Raum. Er kam immer näher auf mich zu und dann tat ich das, wovor ich Angst hatte. Ich drückte ab. Unmittelbar danach schrie Brylen vor Schmerz. Ich hatte seinen Oberschenkel getroffen. Schockiert über meine Tat rannte ich aus der Küche, schloss die Tür und ging ins Wohnzimmer. Meine Finger flogen über mein Handy und ich nahm es schwer atmend ans Ohr.

„Ja", meldete sich mein Bruder kühl

„Damian, komm bitte nach Hause. Ich hab etwas Schlimmes getan", gab ich mit zitternder Stimme von mir.

O U T L A WWo Geschichten leben. Entdecke jetzt