"1:0 für dich"

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„Tyler? Bekommst du den Challenger bis heute Nachmittag fertig?", rief Owen über den Werkstattlärm hinweg.

„Ja, ich denke schon", erwiderte der Mitte Zwanzigjährige und verschwand wieder unter dem grünen Auto.

„Evan, wie sieht es mit dem Geländewagen aus?", richtete Owen sich nun an das nächste junge Member.

„Es geht. Die neuen Stoßdämpfer kommen morgen, aber er geht heute Mittag zum Ausbeulen zu George", erklärte Evan den Arbeitsfortschritt an dem dunkel braunen Gefährt. Owen nickte verstehend und notierte sich etwas auf dem Block. Amüsiert über die Alltagshektik machte ich mich weiter am Motor des alten Fords zu schaffen, welcher mir aufs Auge gedrückt wurde.

„Okay Männer, legt einen Zahn zu. Vor dem Mittagessen sollte das Meiste geschafft sein", ordnete Owen an und verschwand durch die Tür ins Büro.

„Dad", kam es auf einmal von Damian ein wenig verzweifelt. Verwundert drehte ich mich um und erblickte unseren Vater, wie er festen Schrittes aus dem Büro rauskam und durch die Werkstatt nach draußen stampfte. Damian folgte ihm.

„Shit", murmelte ich und bekam eine Vermutung.

„Ich muss mal kurz weg", meinte ich zu Scott, der ebenfalls an dem Ford arbeitete, legte den Schraubenschlüssel weg und lief meinem Vater und meinem Bruder nach.

„Damian! Was soll ich dazu sagen?! Ich hab kein Kopf dafür", warf Dad meinem Bruder laut gegen den Kopf. Ich verlangsamte mein Tempo und blieb bei den beiden stehen. Als sie mich bemerkten, lagen die Blicke der beiden auf mir.

„Herzlichen Glückwunsch, du wirst Tante", kam es genervt von Dad und er funkelte Damian wütend an.

„Ich weiß", erwiderte ich in ruhiger Tonlage, um ihn etwas zu beruhigen.

„Bitte was?! Du weißt davon und ich erfahre es erst jetzt?", platzte es entsetzt aus ihm raus.

„Es war nicht der richtige Zeitpunkt, um es dir zu sagen", versuchte ich ihn zu beruhigen.

„Ach, und jetzt, wo die Werkstatt voll bis unters Dach ist, wir Probleme mit den Devils und den Cops haben, jetzt ist der richtige Zeitpunkt?", wollte er noch immer mit lauter Stimme wissen.

„Hätte ich es dir sagen sollen, als für Judy feststand, dass sie Taccas Geräte abschalten wird?", gab Damian nun auch wütend von sich. Dad sah Damian mit einem Blick gemischt aus Wut, Fassungslosigkeit und Stress an. Ich rollte genervt die Augen, da wir so nie ein vernünftiges Gespräch führen könnten.

„Könnt ihr mal eben beide zuhören!", kam es nun wütend von mir. Dad und Damian sahen mich erstaunt an, da sie scheinbar nicht damit gerechnet hatten, dass ich so laut werde.

„Wir müssen über Fakten reden", begann ich genervt, „Chantal kann nicht abtreiben, weil sie schon zu lange schwanger ist. Sie will das Kind aber auch nicht behalten. Kein Schwangerschaftsabbruch und Kind abgeben, führt also dazu, dass der MC Damians Werk aufziehen muss". Dad und Damian hörten mir verstehen zu. Als mein Vater seine Gedanken geordnet hatte, holte er tief Luft und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Adoption?", richtete er an meinen Bruder. Damian schüttelte nur den Kopf.

„Bedeutet, ich darf mich mit Chantals Eltern zusammensetzten und denen erklären, dass nach der Geburt ihr Enkelkind in unsere Verantwortung übergeht.", schlussfolgerte er. Ich nickte zustimmend.

„Also wird das Baby isoliert von der Mutter aufwachsen?", hakte ich nach. Dad nickte und kaute auf seiner Unterlippe rum

„So wie der Club es verlangt. Entweder wir oder sie. Einen Mittelweg gibt es nicht", entgegnete er ernst und zündete sich eine Zigarette an.

„Muss ich jetzt den ganzen Scheiß abziehen und mit ihr gemeinsam zum Arzt gehen und zu diesen Selbsthilfegruppen?", wollte Damian genervt wissen. Dad zog die Augenbrauen hoch und sah meinen Bruder amüsiert an.

„Natürlich. Schließlich wirst du Vater", erwiderte er provokant.

„Nicht im Ernst", kam es wütend von Damian. Dad rollte die Augen.

„Denkst du ich schicke dich zu dem Quatsch. Ich brauch dich in der Werkstatt. Das einzige, worum du dich kümmern solltest ist, dass du ne andere findest, die du in der Zwischenzeit vögeln kannst. Mit Chantal geht das jetzt ja nicht mehr.", gab Dad seufzend von sich, „Aber wehe du erzeugst noch ein zweites Kind" Ich rollte nur die Augen, auf Dads Aussage hin.

„Du solltest morgens bei Chantals Eltern auftauchen, dann ist die Wahrscheinlichkeit am größten, dass sie noch einigermaßen nüchtern sind", kam es auflachend von Damian.

„Ach du Scheiße, auch noch solche Eltern hat die", entgegnete daraufhin mein Vater.

„Denkst du, die denken besser über dich, wenn sie dich zum ersten Mal sehen?", wollte ich von ihm wissen.

„Ich bin nicht betroffen von einer derartigen Sauflust, wie die beiden", erwiderte er und sah mich ernst an.

„Dafür bist du Häftling seit deiner ersten Stunde", konterte ich. Dad rollte genervt die Augen.

„Was kann ich dafür, dass meine Mutter mich hinter Gittern zur Welt gebracht hat?", gab er kopfschüttelnd zurück.

„Es hat deinen Lebenswegen jedenfalls entscheidend beeinflusst", entgegnete ich.

„Mag schon sein, aber die letzten zwei Jahre verliefen ganz gut", meinte er schulterzuckend und nahm einen Zug seiner Zigarette.

„Die Eltern von Chantal werden noch ihr blaues Wunder erleben, wenn der Präsident der Rebel Rider auf einmal bei ihnen in der Wohnung sitzen wird und über das gemeinsame Enkelkind sprechen will", kam es heiser auflachend von Damian.

„So wie ich die einschätze, bekommen die eh nichts mit von ihrer Außenwelt. Sie werden mich gar nicht kennen und ich werde nicht in Kutte auftauchen und auch nicht auf der Harley", erwiderte Dad.

„Denkst du allen Ernstes, dass deine letzte Haftstrafe an denen vorbei gegangen ist? Dafür musstest du nicht einmal das Haus verlassen, um davon mitzubekommen. Es war in allen Radios und in allen Zeitungen zu lesen", entgegnete Damian. Dad winkte nur mit einer Handbewegung ab und ging in Richtung der Wellblechhalle. Ihn, der Ende 30 Jährige Präsident, als Großvater konnte ich mir nicht vorstellen. Noch weniger jedoch, dass Damian Vater werden würde. Mein Vater verschwand in der Wellblechhalle und ich spürte Damians Blicke auf mir.

„Ich kann mir nicht vorstellen, wie du ein Kind großziehen sollst", gab ich nachdenklich von mir und verschränkte die Arme vor der Brust

„Warum? Ich bin bestimmt ein guter Vater", erwiderte er ziemlich überzeugt von sich.

„Du kannst dich nicht mal bei Buddy durchsetzen, wie willst du ein Kind erziehen?", konterte ich. Damian holte tief Luft, sah mich lange an und atmete dann seufzend aus.

„1 zu 0 für dich", gab er nur, auf seiner Unterlippe kauend, von sich.

O U T L A WWo Geschichten leben. Entdecke jetzt