"Deine Mutter bringt mich um dafür" - "Wofür tut sie es nicht?"

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Ich saß auf dem ungemütlichen Stuhl im Warteraum und hörte die großen Schritte von Menschen. Kurz darauf bogen vier Members um die Ecke und kamen auf uns zu. Sie hatten ihre Kutten ausgezogen und trugen alle dunkle Sweatshirts. Dad ging zielstrebig zu Owen.

„Wo ist er?", wollte er mit ernstem Unterton wissen. Owen schüttelte in Gedanken den Kopf und stand auf. Die anderen Members und ich folgten Owen zu der Glasscheibe, welche den Blick auf den Präsident der Rebel Rider bot. Dad presste seine Lippen aufeinander.

„Scheiße", murmelte Dale, einer der Members die Dad aus Stockton hier her begleitet hatten.

„Weiß man was passiert ist?", fragte Dad Owen.

„Man vermutet, dass es Fremdeinwirkung hatte. An seiner Maschine wurden Spuren von der Kugel einer Waffe gefunden", erklärte der Braunhaarige.

„Wir müssen den Übeltäter finden", murmelte Ty und sah stumm auf Tacca.

„Was hat er?", meldete sich nun Evan, das letzte Member welches mit Dad gemeinsam hier her gekommen war, zu Wort.

„Sein Becken ist gebrochen, er hat viele Prellungen und ein Schleudertrauma. Seine Lunge wurde beschädigt und aktuell liegt er im Koma", beantwortete Owen die im Raum schwebende Frage.

„Die anderen Members sind bis übermorgen in Stockton, weil sie noch Sachen in Sacramento zu klären haben. Sobald die wieder hier in Ontario sind, setzen wir uns an den Tisch und überlegen uns wie es weiter geht", meinte mein Vater.

„Das ist doch ganz einfach, mein Junge", begann Dale, einer der ältesten im Club, „du bist der Vize-Präsident. Ab jetzt übernimmst du, solange Tacca es nicht kann. Und wenn er wieder wach ist gucken wir, wie es weiter geht." Dad seufzte hörbar und nickte leicht.

„Gut. Machen wir es so", meinte er und sah auf die Uhr, welche an der Wand hing. Es war 11pm.

„Einer bleibt heute Nacht hier", kam es von Dale auf einmal. Dad nickte zustimmend.

„Einer muss hier bleiben", stimmte er zu. Ty hob die Hand

„Ich bleibe hier", bot er sich an. Dad nickte ihm zu und gemeinsam mit Owen, Dale und Evan verließen wir das Krankenhaus. Draußen bei den Harleys zogen die Männer sich ihre Kutten wieder über. Dad gab mir seinen Helm.

„Deine Mutter bringt mich um dafür, dass du jetzt erst nach Hause kommst", murmelte er und setzte sich auf seine Harley.

„Für was bringt sie dich nicht um?", entgegnete ich auflachend.

„Hast Recht", stimmte Dad mir zu und startete seine Harley. Die anderen Members begleiteten uns bis zu unserem Haus und fuhren dann weiter. Das Gargentor öffnete sich automatisch und wir rollten in die Garage neben das Auto von Mom. Damians Harley stand an der Wand. Er war also auch inzwischen Zuhause.

„Du wirktest vorhin nicht begeistert, als Dale meinte, dass du solange den Präsidenten vertreten sollst, bis dieser wieder selbst übernehmen kann", stellte ich fest und öffnete den Helm. Dad nickte stumm und stellte die Harley ab.

„Deine Mutter verlässt mich, wenn ich Präsident werde", erwiderte Dad.

„Warum? Sie kann doch stolz sein, wenn du es so weit geschafft hast", argumentierte ich und gab ihm den Helm wieder. Er hing ihn über den Lenker und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann schüttelte er den Kopf.

„Als Präsident bis du die Zielscheibe von allen. Von anderen Club, von der Polizei, von den Richtern, von den Partnern. Sie hasst diesen Gedanken", erklärte er. Ich nickte verstehend.

„Komm. Deine Mom macht sich sicher schon Sorgen", gab Dad müde von sich und nickte in Richtung der Tür, welche von der Garage zum Haus führte. Als er sie aufschloss, hörte man wie Buddy aufbellte und auf die Tür zu stürzte. Dad gab sich zu bemerken und das wütende Bellen wurde zu freudigem Winseln über das Wiedersehen. Mom kam mit verschränkten Armen vor der Brust aus dem Wohnzimmer und sah uns beide ernst an.

„Eleanor Hudson, wo warst du?", wollte Mom drohend wissen.

„Mit Owen im Krankenhaus", erwiderte ich und war mir keiner Schuld bewusst.

„Du hättest ja mal Bescheid sagen können, wo du dich um diese Uhrzeit rumtreibst", meckerte sie mich an.

„Damian wusste davon.", meinte ich nur zu meiner Verteidigung. Mom kochte vor Wut, rollte aber nur die Augen.

„Manchmal hab ich das Gefühl, als würdet ihr euch zwei überhaupt nicht kennen", gab sie gefrustet von sich. Mit einer Handgeste machte sie mir klar, dass ich verschwinden sollte. Ich ging in die Küche für einen Mitternachtssnack und lauschte dem Gespräch zwischen Mom und Dad.

„Warum bist du wieder da? Erst gehst du morgens aus dem Haus, als würdest du nur zur Werkstatt fahren, dann bist du auf einmal vier Tage lang wie vom Erdboden verschluckt und ich erfahre von Thomas, dass du eine Woche weg sein wirst und dann tauchst du nach vier Tagen hier wieder Nachts auf und bringst unsere Tochter vom Krankenhaus wieder mit. Warum warst du überhaupt im Krankenhaus?", meckerte meine Mutter den blonden Mann an. Ich konnte von meiner Position in der Küche durch den Spalt zwischen Küchentür und Türrahmen meine Eltern beobachten. Dad hatte abwehrend die Arme vor der Brust verschränkt und lehnte sich gegen den Holzschrank unter der Treppe. Mom fuchtelte aufgebracht mit den Armen rum und war wütend.

„Ich war mit den Members in Sacramento, Clubangelegenheiten.", erwiderte er nur kühl.

„Wie jetzt Clubangelegenheiten. Willst du mir vielleicht mal ein bisschen mehr erzählen?!", gab sie wütend von sich.

„Grace, hast du je Interesse am Club gehabt? Je? Nein. Entweder du stehst voll und ganz hinterm Club, dann erfährst du auch Clubangelegenheiten, oder du erfährst nur das Nötigste. Ich hab es dir schon tausende Male erklärt!", entgegnete Dad gereizt.

„Die Clubangelegenheiten können ja nicht sooo wichtig sein, wenn du mal eben fünf Stunden Fahrt auf einer Harley bei Dunkelheit auf dich nimmst, um wegen Owen ins Krankenhaus LA zu fahren", spottete sie provokant.

„Ich war nicht wegen Owen im Krankenhaus. Er war nur mit Eleanor für den Club dorthin gefahren", entgegnete Dad.

„Was war denn bitte so wichtig? Hat sich jemand den Finger geklemmt in der Werkstatt?", gab Mom weiter frech von sich und ich sah, wie genervt und wütend sie war.

„Tacca liegt im Koma", gab mein Vater nur monoton von sich. Mom's Gesicht wechselte von schockiert, zu fassungslos, dann wurde ihr Gesichtsausdruck ängstlich, dann wütend und dann stiegen Tränen in ihre Augen und sie setzte sich kopfschüttelnd und mit den Tränen kämpfend auf die Treppe.

„Was hat er?", brachte sie mit brüchiger Stimme raus.

„Schleudertraum, Beckenbruch, Prellungen", zählte Dad auf. Mom schüttelte fassungslos den Kopf.

„Er wird nie wieder ohne Hilfe eine Harley fahren können", platzte es aus ihr raus.

„So wie es aktuell aussieht, nicht", stimmte Dad ihr leise zu und sah auf den Boden. Mom hob ihren Kopf und sah zu ihrem Mann hoch.

„Sie werden dich zum Präsidenten machen. Sie wollten dich schon lange", kam es leise und kopfschüttelnd von ihr.

„Übermorgen informieren wir den Rest des MC's. Dann wissen wir mehr", entgegnete Dad nur.

„Ich weiß es jetzt schon", konterte Mom mit Frust in der Stimme, stand auf und ging die Treppen hoch. Dad sah ihr nicht nach und ging, gefolgt von Buddy, ins Wohnzimmer.

O U T L A WWo Geschichten leben. Entdecke jetzt