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Gelangweilt sah ich aus dem Fenster des Flugzeugs. Die Wolken waren unter uns und schauten aus wie flauschige Marshmallows. Bei dem Gedanken musste ich mir über die Lippen lecken. Ich liebte Marshmallows. Stattdessen griff ich nach der Tüte Chips, die auf meinem Schos lag und holte einen Chip heraus. Knusprig zerbiss ich den Chip und schluckte schwer.
Verschluckt!
Scheiße!
Hektisch und hustend griff ich nach dem Wasser, dass sich in meinem Rucksack befand und zog es heraus. Hastig drehte ich es auf und schluckte das kalte Wasser in meine verstopfte Kehle. Der Chip wurde hinunter gespült und erleichtert atmete ich auf.
"Alles in Ordnung?"
Ich blickte in das blasse Gesicht meines älteren Bruders und nickte. Er hatte seine schwarzen Kopfhörer wieder hinein gesteckt und merkte nicht wie ich ihn aufmerksam musterte.
Seine schwarzen längeren Haare hingen ihm ins Gesicht, wodurch sein linkes Auge abgedeckt wurde. Seine schwarzen Klamotten standen ihm zwar aber irgendwie sah er schon gruselig aus.
Er war halt ein typischer Emo, nur ohne Schminke und Nagellack.
Und das musste ich akzeptieren. Jeder sollte es akzeptieren. Immerhin war es sein Leben und wenn er es so wollte, dann wollte er es so.
Logik von Mary Summer.
Er tat mir aber auch Leid, denn bis jetzt hatte er nicht mal eine einzige Freundin gehabt. Die Meisten in seiner Klasse waren Mobber gewesen und somit hatte sich jedes Mädchen von ihm abgeschieden. Aber er hatte es versucht. Und das oft. Immer wieder hatte er mich nach Tipps gefragt, aber die halfen rein gar nichts. Aber er war gerade mal 17 Jahre alt. Man musste es ja nicht überstürzen. Viel konnte ich aber auch nicht gegen die Mobber ausrichten, da ich selber eine Außenseiterin war.

Doch jetzt würde alles besser werden.
Ein neues Leben würde beginnen.
Ohne Mobber.
Obwohl, das war Blödsinn. Immer und überall waren Mobber unterwegs.
Hässliche Welt.

Leise kramte ich mein Buch aus dem Rucksack hervor und klappte es an der richtigen Seite auf. Gemächlich las ich weiter.
Dachte ich jedenfalls.

"Mary! Wach auf! Wir landen in 10 Minuten!"
Ich schreckte auf und fragte:"Was?! Was?! Ich bin wach!"
Mein Bruder lachte und sagte nochmals:"Wir landen in 10 Minuten. Ich habe dein Zeug schon eingepackt."
"Warum weckst du mich dann schon jetzt?! Ich hätte noch ganze 5 Minuten schlafen können! Echt jetzt, Matt!"
Gespielt beleidigt schaute ich ihn an und er lachte noch mehr. Ich mochte es wenn er lachte, das tat er nämlich viel zu wenig, meiner Meinung nach. Außerdem war es wirklich hübsch. Aber was wusste schon ein 15 jähriges und dazu noch pubertierendes Mädchen?
Vorsichtig setzte ich mich gerade hin und schaute wieder aus dem Fenster, den Rucksack auf meinen Beinen.

Ruckend kam das Flugzeug zum stehen. Panisch hielt ich mich an der Lehne fest. Ich spürte die Hand meines Bruders auf der Meinen und beruhigte mich ein klein wenig.
Zum Glück hatten wir Beide ein so gutes Verhältnis zu einander. Sonst wären wir schon längst untergegangen.

Aufgeregt stürzte ich auf das Taxi zu. In der rechten Hand zog ich einen meiner Koffer und auf dem Rücken war mein schwarzer Rucksack der fröhlich auf und ab hüpfte.
"Warte doch! Mary nicht so schnell!"
Sofort drehte ich mich um und sah meinen Bruder mit seinem kaputten Koffer hantieren. Leise kichernd lief ich zurück, schnappte mir einen seiner Koffer mit der linken Hand und ging weiter. Er bedankte sich leise und holte mich ein. Zusammen stolzierten wir auf das für uns vorbereitete Taxi zu.

Wir mussten nach New York kommen weil unsere Eltern einen neuen Job bekommen hatten. Sie hatten sich auf der Arbeit kennengelernt und kurze Zeit später plumpste mein Bruder aus meiner Mutter heraus. Mom und Dad hatten geheiratet und bald darauf kam auch ich zum Vorschein. Eine kleine, aber glückliche Familie. Da sie viel zu tun hatten, konnten sie uns nicht abholen kommen. Aber das war nicht schlimm. Denn immerhin würde auf uns eine große Wohnung warten, das schon vollständig eingerichtet war. Es fehlten nur noch die Kinder.
Meine Eltern waren schon seit 2 Wochen in New York. In der Zwischenzeit hatte Matt sich um mich gekümmert. Wenn man das so nennen konnte. Wir hatten nämlich täglich Pizza oder Pasta zum Essen gekriegt. Und wenn ich Pasta nur noch einmal ansehen musste, würde ich mich übergeben. Bei Pizza nicht.
Pizza ging immer.
Ich liebte Pizza. Aber wer tat das bitte nicht?

Wir setzten uns ins Auto, das Gepäck hinten im Kofferraum. Wir mussten rein gar nichts sagen, denn der rothaarige Taxifahrer drückte aufs Gas und wir fuhren los.

Ich freute mich meine Eltern wieder zu sehen. Ich freute mich auf die Wohnung.

Ich freute mich auf mein neues Leben.

Love is a dangerous game  (TMNT)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt