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Als ich in der Schule angekommen war, stieg plötzlich die Panik in mir auf. Ich werde Jin wieder sehen. Mein Herz machte einen Sprung, ob vor Panik oder Freude wusste ich nicht. Meine Spind  war wie immer von Schülern versperrt. Die absichtlichen Stöße der Schüler, als ich mir einen Weg zu meinem Spind bahnte, ignoriert ich geflissentlich. Als ich die Spindtür öffnete, kam mir eine Welle von Reisszwecken und Papierküglchen entgegen. Das Gekicher was darauf folgte, war unerträglich.
Ich bückte mich und versuchte so gut es geht, die Reisszwecken aufzusammeln, ohne mich dabei zu Piken. Natürlich gelang es mir nicht und so musste ich etliche Flüche unterdrückte. Als ich endlich alle Reisszwecken und Papierkügelchen aufgesammelt hatte, erhob ich mich und legte sie sorgfältig in meinen Spind zurück. Danach packte ich meine Bücher für den Tag zusammen, nahm den Haufen Müll wieder vorsichtig in die Hand, schloss die Spindtür und machte mich auf den Weg zum nächsten Mülleimer.

Als ich bei meinem Klassenzimmer ankam, suchte mein Blick unweigerlich nach Jins hochgewachsenerer Gestalt.
Er war nicht dar.
Mit einem Mal sackte meine Laune noch tiefer. Die ersten paar Stunden verbrachte ich in eintöniger Stille.
Als es zur Pause klingelte, seufzen ich schwer und wollte mich schon erheben, als unsere Mathelehrerin, Miss Lorenz, plötzlich meinen Namen rief. "Hope! Könntest du bitte den Rest der Arbeitsblätter ins Lehrerzimmer zurück bringen!" Da es eindeutig keine Frage war, ergab ich mich in mein Schicksal und nahm ihr die Arbeitsblätter aus der Hand, um sie ins Lehrerzimmer zubringen. Das Lehrerzimmer sah aus wie ein viel zu großes Büro. Jeder Lehrer besaß einen eigenen Tisch, welcher mit einem Komputer ausgestattet war. Das einzige was die aneinandergereihten Tische trennte, waren Holzplatten, die wie Trennwände,  um die Tische  herumführten.
Als ich dem dortigen Lehrer versichert hatte, dass ich die Arbeitsblätter nur auf Miss Lorenz Platz legen und nichts berühren würde, hörte ich plötzlich eine vertraute Stimme.
Ruckartig drehte ich mich um und schaute in Jins Gesicht. Jin sprach gerade aufgebracht mit einem Lehrer. Angestrengt versuchte ich nicht zu lauschen. Mein Versuch missglückte.
"Ich kann es ihn auch schriftlich geben, ich bin erst jetzt gekommen, weil ich einen Arzt Termin hatte!" Der genervte Ton in seiner Stimme, half nicht die Laune des Lehrers zu heben. "Und wo ist dein Entschuldigungsschreiben? Wo ist der Zettel den deine Eltern unterschreibt haben" mit einem Mal wurde Jin ganz ruhig. "Den gibt es nicht! Ich hab mir aber selbst einen geschrieben!" Das Glitzern in Jins Augen verhieß nichts gutes, als der Lehrer anfing zu lachen. "Dir selbst einen geschrieben?! Du willst mich doch veräppeln?!" Abrupt hörte der Lehrer auf zu lachen und sagte mit scharfen Ton: "Du hast doch keine Befugnis dazu. Denn zufällig kenn ich deine Akte und weiß, dass du erst in 1 Monate 18 Jahre alt wirst." Jin ballte die Hände.
" Das stimmt, aber wenn sie meine Akte wirklich kennen würden , wüssten sie auch, dass ich alleine lebe und keine Familie habe die  mir diesen Zettel schreiben könnte. Meine Adoptiveltern haben mir allerdings die Erlaubnis gegeben allein zu wohnen. Wenn sie unbedingt die Unterschrift meiner Eltern brauchen, können sie ja gern nach Washington fahren und sie fragen?!" Mit diesen Worten drehte  Jin sich um und stürmte aus dem Raum. Und so ließ er den entsetzt dreinguckenden Lehrer und mich einfach zurück.

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