»Gon?«, fragte ich, als ich mich langsam erhob, die Stiefel und meinem Rucksack aufnahm und ihm hinterher ins Bad torkelte, wo ich die Sachen dann ablegte. »Wo genau sind wir hier eigentlich?« Ich wusste zwar, dass es nicht weit von meinem vorherigen Standpunkt sein konnte, aber ansonsten war ich komplett orientierungslos. Immerhin hatte ich mein kleines Dorf nie wirklich großartig verlassen.
»Ach ja, das habe ich dir ja noch gar nicht erzählt. Wir sind in der Himmelsarena.«
»Was? In der Himmelsarena?«, fragte ich entsetzt und starrte ihn perplex an. Er nickte nur. Schnell huschte ich aus dem Bad und ging zum Fenster, aus dem ich aus dem Gebäude sah. Die Himmelsarena war das viertgrößte Gebäude der Welt mit rund 990 Metern Höhe und 251 Etagen. Sie war die beliebteste Kampfarena der Welt. Ich schätzte, dass wir uns auf der 200 Etage befanden. Es gab hier ein bestimmtes System: Je mehr Gegner man besiegte, desto höher durfte man in dem Gebäude aufsteigen und bekam sogar sein eigenes Zimmer zugeteilt, wie in diesem Fall. »Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du es so weit schaffen würdest. Mir wurde immer erzählt, dass es ziemlich gefährlich ist, hier anzutreten. Bist du wirklich so stark?!«
»Ich muss sagen, dass es nicht sonderlich schwer war. Das habe ich aber auch nur meinem besten Freund zu verdanken, der mir sehr geholfen hat mich weiterzuentwickeln«, kam es aus laut dem Badezimmer, damit ich seine Worte auch verstehen konnte.
»Ein Freund?« Ich kehrte zurück ins Badezimmer, wo Gon mir entgegen kam und nickte.
»Er heißt Killua und ist ein paar Zimmer weiter. Er trainiert vermutlich gerade noch.« Er hielt kurz inne, ehe er sich seine flache Hand gegen die Stirn schlug. »Verdammt, das hatte ich fast vergessen. Ich muss auch noch trainieren.« Er lächelte mich ein wenig schief an und rieb sich seinen Nacken, während er ein wenig verpeilt im Zimmer umherblickte, nur um sich wieder ganz an mich zu wenden. »Dein Bad ist fertig, also geh ruhig schon. Ich werde noch ein wenig weiter trainieren.«
»Lass dich von mir nicht aufhalten.« Mit diesen Worten verschwand ich im Badezimmer, schloss die Tür hinter mir ab und glitt in das heiße Schaumwasser, nachdem ich meine Kleidung ausgezogen hatte. Es tat wirklich gut, nach so einem langen Marsch und befreite zudem auch noch meine leicht verstopfte Nase, durch die kleine eingefangene Erkältung. Auch meine beschmutzte Kleidung wusch ich, die ich ich dann einfach mit einem Fön trocknete.
Ich war gefühlte Stunden in der Wanne und dachte eine Weile über meine Situation nach. Gon war ein wirklich großzügiger Kerl. Zumindest schien es so. Aber warum sollte mir auch ein fremder Junge in meinem Alter etwas Böses wollen? Er sprach von seinem Handeln, als wenn es mehr als selbstverständlich wäre. Er war eben ein sehr naives, aber hilfsbereites und freundliches Kind, im Gegensatz zu den Kindern im Waisenhaus. Und das, obwohl ich mich entschlossen hatte, abzuhauen und meinen eigenen Weg zu gehen. Aber da mir etwas Anschluss eigentlich zugute kam, versuchte ich ein wenig Vertrauen gegenüber Gon aufzubringen, aber wahrscheinlich würde ich ihn nur etwas über die Gegend ausfragen und mich dann schon wieder verziehen. Ich war lediglich hier, weil ich mich stark erkältet hatte, ich konnte also nicht erwarten, dass er mich ewig hier behalten würde. Wenn ich wieder gesund war, würde ich ihn wahrscheinlich wieder verlassen.
Als ich mich schließlich wieder angezogen und das Wasser aus der Wanne gelassen hatte, trat ich wieder aus dem Badezimmer. Auf dem Boden vor dem Fernseher fand ich dann Gon, der sehr konzentriert auf ein Glas Wasser starrte, welches in einer größeren Plastikschüssel stand. Dieser Anblick war zwar durchaus fragwürdig, dennoch setzte ich mich still daneben und beobachtete ihn bei dem, was auch immer er dort gerade tat. Ich konnte mir nämlich wirklich nicht zusammenreimen, was Gläser anstarrten bringen sollte. Der Schwarzhaarige hob dann seine Hände und hielt sie neben das Glas, ohne es zu berühren. Nachdem er dann tief durchgeatmet hatte, passierte etwas, was ich mir beim besten Willen nicht erklären konnte. Ein beängstigender Druck ging plötzlich von Gon aus, was mich ein wenig nervös werden ließ. Es fühlte sich so unbehaglich an, wie in einem Moment der Angst, etwas im Dunkeln geglaubt gesehen zu haben, was eigentlich gar nicht existierte. Ich rutschte also etwas von ihm weg und starrte ihn an, neugierig, was als nächstes passieren würde. Als ich mich dann wieder dem Glas widmete, stellte ich fest, dass das Wasser über den Glasrand floss und sich immer mehr vermehrte. Es lief über, als wenn etwas Unsichtbares das Gefäß mit weiterer Flüssigkeit füllen würde.
»Woah, wie machst du das?«, fragte ich erstaunt und sah zu Gon, der wohl noch nicht ganz zufrieden mit dem Resultat war- was ich zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht nachvollziehen konnte- und es erneut probierte, ehe er mir antwortete.
»Das funktioniert mit Hatsu. Es basiert auf eine von vier Prinzipien des Nens. Ich soll den Effekt, den du gerade gesehen hast, in ein paar Tagen verstärkt haben.« Gon lächelte mich schief an, doch ich verstand ehrlich gesagt nur Bahnhof. Mir ist noch nie etwas von Hatsu oder Nen zu Ohren gekommen. Noch nie gehört.
»Hatsu? Nen?...«
»Ja. Auf der 200 Etage werden wir nur noch auf Gegner treffen, die Nen verwenden, deshalb wird es uns von unserem Lehrer, Meister Wing, gelehrt. Ich kann ja mal fragen, ob du mitkommen darfst. Dann wirst du es vielleicht erklärt bekommen und verstehst besser, was es ist«, meinte Gon zuversichtlich und übte erneuten Druck auf das Glas aus, was dazu führte, dass es dadurch diesmal einen kleinen Sprung bekam.
»Na also!« Zufrieden mit seinem Ergebnis, wandte er sich dann ganz an mich. »Es hat was mit deiner Aura zu tun, aber genau kann ich es dir auch nicht wirklich erklären«, meinte er dann ein wenig verlegen. Er lernte also etwas, was er selbst nicht erklären konnte. Der Hellste war er also beim besten Willen nicht. Aber ich fand ihn dennoch unfassbar sympathisch. »Ich wette trotzdem, dass ich besser als Killua bin!«
»Sag mal, was hat dich eigentlich in diese Arena geführt?«, wollte ich nach seinen zuversichtlichen Worten wissen, was Gon verstummen ließ. Sein Blick wurde ernster.
»Ich habe noch eine Rechnung mit jemanden offen, der zufälligerweise ebenfalls in dieser Arena ist. Ich werde trainieren, damit ich sie endlich begleichen kann.« Ich nickte nur verständnisvoll und hakte nicht weiter nach. Ich wusste nicht, ob sich das wirklich gehören würde. »Und du? Was hat dich hierher geführt, Nia?«, fragte Gon dann und legte den Kopf leicht schief. Es erinnerte an einen kleinen Welpen, der neugierig etwas betrachtete, was er noch nie im Leben zu Gesicht bekommen hatte. Und bei seinen riesigen, braunen Knopfaugen, war der Vergleich wohl auch nicht so weit hergeholt. Ich war mir dennoch nicht sicher, ob ich seine Frage überhaupt beantworten wollte, doch Gons Ehrlichkeit nahm mir die Entscheidung überraschend schnell ab, weshalb ich nach kurzem Zögern meine wieder meine Stimme hob.
»Ich... war die ganze Zeit eingesperrt und allein. Habe nur aus Büchern gelesen, wie die Welt da draußen ist. Und diese möchte ich nun mit eigenen Augen sehen... und etwas erleben. Neue Menschen und Orte kennenlernen.«
Gon sah mich eine Weile stumm an, als wenn er gerade über meine Worte nachdenken würde, wobei ich mich für einen Moment fragte, ob ich etwas Falsches gesagt hatte, was ihm so zu denken gab. Doch scheinbar vermutete ich das genaue Gegenteil. »Wenn du willst, kannst du dich uns gerne anschließen.«
Ich betrachtete ihn überrascht und brauchte eine Weile, um seinen Vorschlag zu verarbeiten. »I-ich will euch wirklich keine Last sein.« Es würde mir zwar sehr zugute kommen, dennoch war ich zu bescheiden, um sein Angebot einfach so anzunehmen. »Ich komme schon allein klar, wirklich. Wenn ich wieder gesund bin, kann mir die Gegend erst mal ein wenig ansehen und zuerst ein wenig Geld verdie-«
»Ich bestehe wirklich darauf!«, fiel mir Gon abrupt ins Wort. »Ich werde dich auch Killua vorstellen!« Er durchbohrte mich mit seinem Blick, was mich nur leise seufzen ließ. Als ich ihn so sah, wusste ich sofort, dass er nicht mehr locker lassen würde, weshalb ich letztendlich einwilligte. Irgendetwas sagte mir, dass es nichts gebracht hätte, mit ihm darüber zu diskutieren. Dafür wirkte er viel zu sicher und entschlossen.
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𝙃𝙪𝙣𝙩𝙚𝙧 𝙓 𝙃𝙪𝙣𝙩𝙚𝙧 || 𝙒𝙤𝙣𝙖𝙘𝙝 𝙨𝙞𝙚 𝙨𝙞𝙘𝙝 𝙨𝙚𝙝𝙣𝙩
FanfictionWarnung: Gewalt Killua x Oc Schon lange fasziniert Nia Imakuro das, was sich außerhalb ihres armen Dorfes befindet, von dem sie bislang nur in sämtlichen Büchern gelesen hat. Aber auch unzählige Geschichten über Freundschaft, Liebe und Vertrauen hab...