𝟬𝟵 || 𝙀𝙞𝙣 𝙭 𝙫𝙚𝙧𝙢𝙚𝙞𝙣𝙩𝙡𝙞𝙘𝙝𝙚𝙧 𝙭 𝘼𝙩𝙩𝙚𝙣𝙩𝙖̈𝙩𝙚𝙧

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Ich setzte schon zu einer zurückziehenden Bewegung an, doch Killua hielt mich davon ab. »Was gibt's denn?«, fragte er dann, als er seine Dehnübungen beendet hatte.

Nicht damit rechnend, dass er mir Aufmerksamkeit schenken würde, starrte ich ihn kurz an, ehe ich schnell antwortete, bevor die Situation noch merkwürdiger werden konnte. »Gon meinte, dass du mir das Ren beibringen könntest?« Es war mehr eine Frage, als eine Aussage, als ich mich erkundigte, ob er wohl die Nerven dazu hätte.

Ein scheinbar genervtes Seufzen entfloh Killuas Lippen, ehe er seinen Kopf in den Nacken legte. »Gon ist nicht mal in der Lage dir das beizubringen? So ein Idiot. Aber das hatte ich schon erwartet.« Er musste ein wenig schmunzeln, bevor er sich dann an mich wandte. »Gut, dann... zeig ich es dir.«

Bevor ich mich versah, stellte sich der Weißhaarige genau gegenüber von mir und blickte mich an, bevor er mir zu aller erst sein Ren demonstrierte. Die Aura strömte förmlich aus ihm heraus, dessen Druck mich erdrückte und mir auch ein wenig Angst einjagte, genauso wie es bei Meister Wing gewesen war. Dennoch verspürte ich keine bösen Absichten. Aber trotzdem war es wirklich gruselig, bedachte man, dass sie sich noch nicht lange mit Nen beschäftigten. Ich wich noch weiter zurück, bevor ich noch an seiner Aura erstickte, woraufhin Killua sein Ren vorerst einstellte.

»Es ist beängstigend, oder?«, fragte er, als er mich musterte und seine Hände in seinen Hosentaschen vergrub. »Glaub mir, mir erging es nicht anders...« Er sah mich eine Weile an, ehe er auf meinen fragenden Blick hin nur abwinkte. »Also, lass uns anfangen. Schließ einfach deine Augen und lass dich von nichts ablenken. Du solltest erst mal ein Gefühl dafür kriegen, wie du die Aura von dir lösen kannst.«

Das Ablenken betonte er extra, als wenn er erwarten würde, dass ich der unkonzentrierteste Mensch der Welt wäre, dennoch tat ich ohne Widerworte das, was er sagte. Immerhin war er es, der mir das Ren auf meine Bitte hin mehr oder weniger freiwillig beibringen wollte. Er wusste, laut Gon, ganz genau was er tat. Bis jetzt konnte ich dennoch den Jungen noch nicht richtig einschätzen. Viel bekam man von ihm nicht mit. Zumindest nicht, wenn ich dabei war.

»Stell dir die Energie in deinem Körper vor. Wie sich in jeder Zelle Kraft sammelt und wächst. Und dann sende diese Kraft hinaus«, begann Killua dann, nachdem ich meine Augen schon eine Weile geschlossen hatte. »Sie darf sich nicht an dich binden, wie beim Ten, es muss von dir loskommen, sich ausweiten. So weit wie nur möglich.«

Ich erschrak etwas, als er nach einer kleinen Pause mit seinen Worten fortfuhr. Aus heiterem Himmel hörte ich nämlich seine Stimme hinter mir, obwohl er mit absoluter Sicherheit vor mir gestanden hat. Aber ich hatte weder seine Schritte, noch seinen Atem vernehmen können, als er scheinbar um mich herum gegangen war. Es ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken jagen, weswegen es mir schwerer fiel, mich zu konzentrieren.

»Du sollst dich doch nicht ablenken lassen«, kam es wieder von vorne, was mich meine Augen dann doch abrupt wieder öffnen ließ. Wieso hörte ich ihn von allen Seiten? Als ich dann seinen Blick suchte, trafen seine Augen meine, als er stehen blieb. Er hatte sich also tatsächlich bewegt. »Du solltest doch deine Augen schließen, Baka.«

»Wieso kann ich deine Schritte nicht hören?«, fragte ich lieber sichtlich verwirrt und ignorierte seine zuvor gestellte Frage. Ich dachte zuerst, dass ich mir das einbilden würde. Vielleicht dämpfte das weiche Gras auch nur seine Schritte ab und meine Vorstellungskräfte gingen schon zu weit.

Killua hingegen musste auf meine Frage hin anfangen zu schmunzeln, weswegen ich mich dann doch ein wenig dumm fühlte. »Ich habe gelernt, wie man lautlos läuft. Ich mache das mittlerweile ganz automatisch«, antwortete er nur knapp und verschränkte seine Hände hinter seinem Kopf. »Jeder aus meiner Familie kann das.«

»Jeder aus deiner Familie? Wieso das denn?«, fragte ich neugierig. Es war mir ein Rätsel, warum man seinem Kind sowas beibringen sollte und zu welchem Zweck. Vielleicht war es auch eine Tradition oder dergleichen. Statt aber weitere Theorien aufzustellen, hoffte ich auf eine Antwort.

»Weil sie Attentäter sind.«

»Wie? Alle aus deiner Familie?« Ich war ein wenig entsetzt über seine Aussage, als er dies einfach so zur Auskunft gab und starrte ihn durchaus perplex an. »Du etwa auch?«

Man sah dem Weißhaarigen an, dass er meinen Gesichtausdruck ziemlich amüsant zu finden schien. »Du bist echt komisch. Und nein, ich bin kein Attentäter mehr.«

»Was? Wieso bin ich denn jetzt komisch?«, wollte ich irritiert wissen und zog meine Brauen ein wenig vorwurfsvoll zusammen. Er war doch derjenige, der sich mehr als nur merkwürdig verhielt und dazu anscheinend auch noch eine Attentäter Abstammung hatte. Wie könnte Gon denn wissen, dass Killua ihm nicht eines Tage an die Wäsche wollen würde?

»Du bist die Erste nach Gon, die diese Antwort ernst genommen hat«, erzählte mir Killua weiter und verschränkte seine Hände hinter seinem Kopf, nachdem er sich kurz verlegen über den Nacken gerieben hatte.

»Ich verstehe nicht ganz, was du mir damit sagen willst. Wieso solltest du mich anlügen? Das wäre ziemlich lächerlich und unnötig. Außerdem sagst du doch die Wahrheit.« Ich runzelte überlegend die Stirn, als er folgendes fragte:

»Wie kommst du darauf?«

»Augen können nicht lügen«, antwortete ich. »Ich merke es, wenn man mir etwas vorheucheln will oder die Wahrheit spricht. Da, wo ich herkomme, konnte ich niemandem vertrauen und musste mich vorsehen. Und nicht nur das. Dein Verhalten zu deiner Aussage könntest du nicht einfach so spielen, ohne dass ich es nicht durchschaue.« Dies mochte zwar genauso absurd klingen, aber so wie es wohl in Killuas Familie lag, Attentäter zu sein, war es bei mir eben üblich, ein Gespür für das Verhalten und Emotionen anderer zu entwickeln und auch Lügen zu entlarven.

Killua musterte mich mit einem Grübeln im Gesicht und nickte dann wissend. »Ich verstehe. Du kannst an den Augen anderer ablesen, ob sie dir eine Lüge auftischen wollen, interessant. Du bist wirklich die Erste, von der ich das höre. Bei Gon war es nämlich nur Intuition. Er ist aber auch ziemlich naiv und würde jedem alles abkaufen. Wir sollten also ein Auge auf diesen Idioten haben.« Killua klang ein wenig ernster über Gons Naivität, auch wenn er den letzten Satz ein wenig witzelnd rüberbrachte, ehe er wieder das Thema wechselte.

»Dennoch ist es merkwürdig. Normalerweise geben sich Menschen nur mit mir ab, weil sie nicht wissen, ob ich bluffe oder es ernst meine. Ich gehöre zu einer Familie von Attentätern. Die ach so berühmten Zoldycks.« Es war nicht zu überhören, wie sehr ihn der Name anwiderte. Und er trug bedauerlicher Weise diesen Namen. Nach seinen Erzählungen zu urteilen, konnte er seine Familie wirklich nicht leiden.

𝙃𝙪𝙣𝙩𝙚𝙧 𝙓 𝙃𝙪𝙣𝙩𝙚𝙧 || 𝙒𝙤𝙣𝙖𝙘𝙝 𝙨𝙞𝙚 𝙨𝙞𝙘𝙝 𝙨𝙚𝙝𝙣𝙩Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt