„Amari! Jage mir nie wieder so einen Schreck ein!"
Lucia stürmt in das Zimmer, welches ich seit fast zwei Monaten mein eigen nennen kann.
„Ich hab dich so lange nicht gesehen", seufzt sie und versucht, mich in eine Umarmung zu schließen, ohne an den Kabeln zu reißen, welche noch immer leichte Schmerzmittel in meinen Körper flößen.
Ich will mich gerade dafür entschuldigen, dass ich sie so lange alleine gelassen habe, da redet sie weiter: „Exakt einen Monat. Aber ich hatte so viel Stress wegen dem Abi."
„Verständlich", murmele ich.
„Geht es dir inzwischen besser?", fragt meine beste Freundin besorgt.
„Körperlich ja. Ich bin nur noch etwas verwirrt wegen den Konzerten und meinem Vater..."
„Wegen den Konzerten? Du meinst den Anschlag?"
Ich nicke.
Niemand hat mir je gesagt, was passiert ist, ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob ich mit Pentatonix auf Tour war.
Es geht immer nur um den Anschlag, um das Konzert.
Ich habe in diesem Raum noch nie das Wort Pentatonix gehört, meine Pflegemutter kannte Avi nicht.
„Ich bin so froh, dass dein Vater dir Blut gespendet hat. Ich bin fast durchgedreht, als ich gehört habe, dass ich das nicht machen kann", redet Lucia weiter.
„Wieso ist er überhaupt hier?", frage ich.
„Ich glaube, das sollte ich dir endlich mal beantworten", höre ich eine weitere Stimme.
Leon tritt neben Lucia.
Und bevor ich protestieren, fliehen kann, beginnt er mit seiner Erklärung.
„Der ehemalige Sicherheitsmann deiner Mutter hat wahrscheinlich eine psychische Störung, er wird momentan untersucht. Wir nehmen an, dass er durch ein Kindheitstrauma nicht mehr vielen Menschen vertraut, doch deine Mutter nach einer Weile ins Herz geschlossen hat. Und das wahrscheinlich mehr, als ein normaler Mensch es tun würde. Nach ihrem Tod hat er wahrscheinlich nach einem Schuldigen gesucht, und dich als solchen ausgemacht."
„Das erklärt weder, wieso er seine Wut gleich in einem Anschlag rauslassen musste, noch, wieso du hier bist", seufze ich.
Würde das Schmerzmittel nicht durch mein Blut laufen, würde ich wahrscheinlich nicht so gelassen sein.
Und ihn fragen, wieso er damals abgehauen ist.
„Ich weiß."
Er holt einen Ausweis aus seiner Tasche und hält ihn mir entgegen.
„Ich ermittele in dem Fall. Deswegen bin ich auch mitgereist. Ich war selbst ziemlich überrascht, als ich dich auf dem Konzert gesehen habe, glaub mir", lächelt er leicht.
„Das heißt, dass ich noch nicht vollkommen durchgedreht bin und wirklich auf Weltreise mit Pentatonix war?"
Die Erleichterung, welche mich durchströmt, lässt sich nicht leugnen.
Zwei Monate lang hat man mich im Glauben gelassen, dass ich beim ersten Anschlag schwer verletzt wurde und mir alles folgende zusammengeträumt habe.
„Wir müssen dich unbedingt in ein anderes Krankenhaus verlegen. Ich vertraue dem hier nicht mehr. Erst lassen sie dich fast verbluten, weil sie die Wunde nicht richtig zugenäht haben, und dann reden sie nicht mal richtig mit dir. So was sollte verboten werden."
„Da kommt der Vater durch", gluckst Lucia.
„Jetzt weiß ich es ja", meine ich. Ich habe wenig Lust darauf, jetzt umzuziehen.
„Deine Pflegemutter hat mir euer Gästezimmer überlassen, solltest du etwas brauchen, kannst du mich jederzeit anrufen oder ihr sagen, dass ich mal vorbeikommen soll. So lange kommst du wahrscheinlich eh nicht mehr drum herum, weil wir ein paar Aussagen von dir zu dem Sicherheitsmann brauchen."
Das schiefe Lächeln, welches er mir schenkt, sieht bedauernd und beinahe schmerzhaft aus.
Meine Sicht verschwimmt.
Vor 18 Jahren hat er uns alleine gelassen, meine Mutter und mich, alleine mit unserem Schicksal.
Und obwohl ich den Grund nicht kenne, obwohl ich ihn so oft dafür verflucht habe, obwohl der Schmerz in mir brennt, weiß ich auf einmal, dass ich ihm verzeihe.
Dass ich endlich meinen richtigen Vater brauche.
Starke Arme schlingen sich um mich, halten mich fest, im Krankenhauszimmer, während ich weine und weine und nicht mehr aufhören kann.
„Es tut mir so leid", murmelt er an meinem Ohr, doch ich schüttele nur schluchzend den Kopf.
Nicht jetzt. Jetzt ist er endlich wieder da.
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Portrait (pausiert)
Fanfiction{Pentatonix Fan-Fiction} Die Tour von Pentatonix ist seit einigen Wochen vorbei, doch Amaris Fragen sind noch lange nicht geklärt, als sie in Deutschland im Krankenhaus aufwacht. Nachdem sie erfährt, wer die Anschläge begangen hat, flieht sie ein we...