Kapitel 9

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“Da bist du ja.“, meint Ufuk sichtlich fröhlich als ich den Laden betrete.

Sofort verfliegt seine düstere Miene und es formt sich ein breites Lächeln auf seinen Lippen.

“Ich hatte gehofft, dass du kommst.“, redet er weiter.
“Klar, wie kann ich bei einer so herzlichen Einladung bitte nicht kommen?“, entgegne ich und die Ironie im Unterton ist deutlich herauszuhören.
“Höre ich da einen Hauch von Ironie in deiner Stimme?“, fragt er lachend.
“Allerdings.“

Von der Art, die er mir gegenüber gestern an den Tag gelegt hat, ist nichts mehr übrig.

“Ich muss aber ehrlicherweise gestehen, dass ich nicht ohne Hintergrund hier bin.“, erkläre ich ernst.

Sofort schläft sein Gesicht ein und er wirkt ein wenig verdutzt.

“Ich bin auch hier, um einzukaufen.“, rede ich weiter und es dauert tatsächlich eine Weile, ehe sich sein Gesichtsausdruck wieder ändert.

Ich kann mir das laute Lachen in dem Moment nicht verkneifen. Auch er muss Lachen. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob er nur aus Höflichkeit mit lacht.

“Ich mach dir ein Angebot.“, reißt er mich dann aus meinem Gelächter.
“Und zwar?“
“Ich muss noch eine dreiviertel Stunde arbeiten. Du leistest mir Gesellschaft bis ich fertig bin, dann lade ich dich zum Essen ein, oder wir gehen was trinken, wie du willst. Und dann schließe ich exklusiv für dich den Laden nochmal auf, du kannst deinen Einkauf erledigen und ich bring dir die Sachen sogar noch mit nach Hause. Wie klingt das?“

Ich weiß nicht, ob es das sicherste ist, sich spät in der Nacht in einem Späti mitten auf dem Kiez, umgeben von schäbigen Kneipen und Diskotheken aufzuhalten, aber wenn ich noch länger Zeit mit ihm verbringen will, um ihn näher kennenlernen, habe ich wohl keine andere Wahl.

Außerdem fühle ich mich recht sicher in seiner Gegenwart. Er ist zwar vermutlich nicht der sportlichste, allerdings wirkt er auf mich so als könnte er ordentlich zuschlagen.

Und wenn er wieder seine böse Miene aufsetzt, wirkt er wirklich bedrohlich.

“Ok, also dieses Angebot kann man nicht ablehnen.“
“Gut erkannt. Du wohnst doch in dem Haus gegenüber, oder?“
“Ja, wieso?“
“Nur so.“

Erst jetzt fällt mir auf, dass ich locker 2 Meter von ihm entfernt stehe. Was auch ihm nicht entgangen ist.

“Du kannst dich auch hier hinsetzen.“, meint er und deutet auf einen Stuhl, der sich direkt hinter der Ladentheke, neben Ufuk befindet.

“Nein, danke. Ich stehe lieber.“, meine ich, während ich auf ihn zugehe, den Stuhl ein wenig beiseite stelle und mich neben ihn stelle.

Wir führen noch ein wenig Smalltalk, ehe eine Gruppe bestehend aus drei ziemlich betrunkenen Typen, wahrscheinlich nicht viel älter ich, den Laden betritt.

Zwei von ihnen stehen gerade vor dem Kühlregal und greifen nach ein paar Bierflaschen, während der andere geradewegs auf uns zu torkelt.

“Was darf's für dich sein?“, fragt Ufuk.
“Eine Schachtel Lucky Strike ohne Zusätze bitte.“, lallt der Typ und noch bevor Ufuk sich zu dem Regal voller Zigaretten jeglicher Art umdrehen kann, habe ich die Schachtel schon rausgesucht und lege sie auf die Ladentheke.

Ich sehe Ufuk's erstaunten Blick im Angewinkel. Als wäre ich ein Kind, das gerade seinen ersten Schritt gemacht hat. So sieht er mich an.

Nachdem er sich wieder beruhigt hat, scannt er die Schachtel und die sechs Bierflaschen, welche in Zwischenzeit noch dazugekommen sind ein. 

Mit sehr viel Mühe kramt der Typ einen 20€ Schein aus seinem Portemonnaie.

“Stimmt so.“, lallt er vor sich hin und noch bevor einer von uns etwas sagen kann, verlassen die Typen samt Einkauf auch schon den Laden.

Ob ihm bewusst ist, dass er gerade über 10€ Trinkgeld gegeben hat? Wahrscheinlich nicht. Er wird es spätestens Morgen wenn er wieder ausgenüchtert ist merken.

Die letzten Minuten, bis Ufuk Feierabend hat, vergehen wie im Flug. Es waren noch ein paar Kunden im Laden. Und wir haben uns ausgiebig über alles mögliche unterhalten.

“So, endlich geschafft.“, gibt er deutlich erleichtert von sich.

“Du kannst mich hier in Zukunft öfter besuchen. Abgesehen davon, dass ich deine Anwesenheit natürlich sehr genieße, muss ich schon sagen, dass du mir eine große Hilfe warst.“
“Gern geschehen. Freut mich, dass ich dir helfen konnte.“
“Jetzt stellt sich mir nur noch eine Frage.“
“Und zwar?“
“Willst du essen gehen, oder was trinken?“
“Ich denke lieber was trinken. Aber wenn du hunger hast, können wir auch essen gehen.“
“Quatsch. Ich hab dich gefragt, das heißt du entscheidest. Und du hast gesprochen.“
“Ok, na dann.“
“Auf geht's.“

Bevor wir den Laden verlassen, verschwindet er noch kurz in einem Hinterzimmer.

Nachdem er wieder rauskommt, zieht er sich die Jacke, die er aus dem Zimmer geholt hat, über, dann verlassen wir den Laden.

“Ich geh lieber immer auf Nummer sicher und schließ zwei Mal ab. Hier laufen manchmal verrückte Gestalten rum. Und die Tatsache, dass der ganze teure Alkohol direkt am Eingang steht macht uns in meinen Augen zu einem gefunden Fressen. Aber naja, bis jetzt ist noch nichts passiert.“, erklärt er mir ausführlich, während er die Tür gleich zwei Mal abschließt.

Danach machen wir uns auf den Weg zu einer der zahlreichen Kneipen hier auf dem Kiez. Laut Ufuk soll die, auf die unsere Wahl fiel nicht mal 100 Meter von hier entfernt sein.

Mal sehen, was der Abend, oder besser gesagt die Nacht noch zu bieten hat.
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Jajajajaja! 💝

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