Kapitel 39

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“Julia? Hier ist Leo. Ich hab wohl immer noch meine Nummer unterdrückt.“

Eigentlich hätte ich wissen können, dass es Leo ist. Außer ihm ruft mich niemand mit unterdrückter Nummer an.

“Ich hab gerade mit Ufuk geredet.“, spricht er weiter.
“Wie lief's?“, frage ich gespannt.
“Naja, er ist sauer, weil ich ihn nicht eingeweiht habe, aber es scheint, als wäre es gut gelaufen.“, erklärt er.

Ich sage nichts, da es so wirkt, als wäre er noch nicht ganz fertig.

“Lief es gut?“, fragt er schließlich neugierig nach.

Ich überlege ein paar Sekunden, bevor ich ihm antworte.

“Es gibt da ein paar Dinge, die wir bereden sollten, Ufuk.“, sage ich schließlich.

Da von ihm nichts kommt, rede ich einfach weiter.

“Ich hab Leo zufällig in einem Club getroffen...“
“Wo? Wann?“, wirft er sofort ein.

Wieder hole ich tief Luft. Jetzt wird's ernst, schneller als erwartet.

“Das letzte Mal, dass Leo feiern war, war ich mit ihm.“, meint er.
“Ich weiß, dich habe ich auch gesehen.“ Ich zögere ein wenig mit meiner Antwort, weil mir die Wahrheit so unangenehm ist.

Er zieht seine Augenbrauen zusammen und öffnet seinen Mund leicht. Eine Sache, die er schon damals machte, als er nachgedacht hat.

“Was hat das zu bedeuten, Julia? Ich-Ich kann dir nicht wirklich folgen.“
“Als ich dich an dem Abend gesehen habe, habe ich sofort die Flucht ergriffen. Und wenn ich ehrlich bin, war es nicht das erste Mal, dass ich das getan habe.“, erkläre ich ihm.

Ich merke, wie ich unwillkürlich ein Stück von ihm wegrutsche und meinen Kopf drehe, so dass ich ihn aus dem Augenwinkel nicht mehr sehen kann.

“Wieso? Wenn du nichts mit mir zutun haben willst, dann akzeptiere ich das. Wäre ich an dem, oder einem anderen Abend auf dich zugekommen, hättest du mir einfach sagen können, dass du nichts von mir wissen willst. Dann hätte ich dich in Ruhe gelassen.“

Für einen kurzen Augenblick schiele ich zu ihm rüber. Er wirkt gekränkt, irgendwie enttäuscht. Die Art wie er es aufgefasst hat ist so ziemlich das genaue Gegenteil von der Wahrheit.

“Ufuk, hör auf! Das ist es nicht, es ist eher das Gegenteil.“ Ich unterbreche ihn, bevor er sich weiter reinsteigert.
“Was bedeutet das?“ Er sieht zu mir rüber. Ich erwidere den Blick und sehe ihm tief in die Augen. Bevor ich mich darin verlieren kann, dreht er sich wieder weg.

“Es ist schwer zu erklären. Wenn ich ehrlich bin, konnte ich unsere Trennung nie wirklich verarbeiten. Ich schätze der Grund, wieso ich dir immer um jeden Preis aus dem Weg gehen wollte, ist, dass ich es nicht ertragen konnte, dich mit anderen Frauen zu sehen. In all den Jahren habe ich mich ständig gefragt, wie es dir wohl geht, ob du vergeben, vielleicht sogar verheiratet bist, oder schon eine eigene Familie gegründet hast. Irgendwann dachte ich sogar, dass du dich wahrscheinlich gar nicht mehr an mich und unsere Beziehung erinnern kannst. Diese Gedanken haben mich einfach fertig gemacht.“, erkläre ich ihm.

Ich spüre wie eine heiße Träne meine Wange hinunter läuft. Ich versuche sie so unauffällig wie möglich wegzuwischen, bevor Ufuk mich noch weinen sieht.

“Ich weiß gerade echt nicht, was ich dazu sagen soll, Julia. Tut mir leid.“, meint Ufuk nach einem kurzen Moment der Stille.
“Weißt du, das waren gerade ziemlich viele Informationen auf einmal, die ich erst einmal verarbeiten muss.“, fügt er noch hinzu.

Neue alte Zeit| Ufo361 FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt