Kapitel 23

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Ist Dennis wirklich zu so etwas fähig? Immer wieder wiederholt sich diese Frage in meinem Kopf.

Dennis ist wirklich der widerlichste Typ den ich kenne, aber ich kann mir beim besten Wille nicht vorstellen, dass er so weit gehen würde.

Wenn Ufuk mit seiner Vermutung recht haben sollte, müsste das bedeuten, dass er vor hatte mich zu vergewaltigen. Dennis ist zwar ekelhaft, aber ob er wirklich so weit gehen würde.

Seit einer gefühlten Ewigkeit schweigen wir beide. Es herrscht eine gewisse Spannung im Raum. Keiner scheint so richtig zu wissen was und ob er etwas sagen sollte.

“Was wirst du jetzt machen?“, unterbricht Ufuk schließlich das Schweigen.
“Ich weiß es nicht.“, gebe ich zu. Ich weiß es wirklich nicht.
“Ich hab gelesen, dass KO-Tropfen schon nach 14 Stunden nicht mehr nachweisbar sind. Das heißt wenn du ihn jetzt anzeigen solltest, könnte man nicht mehr nachweisen, dass er dir das untergejubelt hat.“, erklärt er.

Sollte er das wirklich getan haben, bedeutet das, dass er ohne Konsequenzen davon kommt, da man ihm nichts nachweisen könnte.

“Dann werde ich nichts machen können.“, meine ich. Ich muss schlucken. Wieder sammeln sich Tränen in meinen Augen. Als ich heute in einem fremden Bett aufgewacht bin, hab ich schon das schlimmste befürchtet. Aber wie schlimm die Wahrheit wirklich ist hab ich wirklich nicht kommen sehen. Wie auch?

Dennis hatte höchstwahrscheinlich vor mich zu vergewaltigen. Jetzt soll er einfach damit durchkommen?

“Ich werde einfach wieder arbeiten gehen und so tun als wäre nie etwas vorgefallen.“, sage ich mit gebrochener Stimme. Die letzten Worten sind eher ein Flüstern. Besser bekomme ich sie im Moment auch nicht raus.

“Du kannst doch nicht einfach so tun als wäre nichts passiert. Ich meine, du wirst diesen Typen andauernd auf Arbeit sehen. Wer sagt, dass er nicht nochmal sowas macht?“, wirft er ein. Er hat natürlich recht. Aber er hat selbst gesagt, dass man es nicht mehr nachweisen kann. Meinen Job aufgeben kann und will ich nicht. Also hab ich keine andere Wahl.

“Ich hab keine andere Wahl.“, wiederhole ich meinen Gedanken laut. Ich muss mich wirklich zurückhalten jetzt nicht komplett in Tränen auszubrechen.

Er sagt nichts, er starrt einfach in's Leere und nickt ein paar Mal.

“Am besten bringe ich dich jetzt nach Hause.“, meint er schließlich. Er klingt irgendwie sauer.

Jetzt bin ich die jenige, die nichts sagt. Ich nicke knapp, woraufhin er sofort aufspringt. Ich tue es ihm gleich.

“Bist du umgezogen irgendwann umgezogen?“, fragt er, nachdem wir uns beide ins Auto gesetzt und angeschnallt haben.

“Nein, ich wohne immer noch in der gleichen Wohnung.“, antworte ich.

Er nickt. “Dann weiß ich ja wo ich dich hinbringen muss.“, sagt er knapp, bevor er los fährt.

Während der Fahrt schweigen wir beide. Auch wenn Ufuk die Person ist, die da neben mir sitzt, ist mir das im Moment auch lieber so.

Ich bin gerade eh nicht in der Lage zu reden. Nicht bis ich all die Ereignisse verarbeitet habe.

Nach einer 30 Minütigen Autofahrt hält er endlich an und parkt vor meinem Haus.

“Danke. Für alles.“, sage ich zu ihm während ich aufstehe und dabei bin auszusteigen.
“Nichts zu danken.“, antwortet er mit einem leichten Lächeln, welches ich erwidere.

“Pass auf dich auf.“, ist das Letzte was ich von ihm höre bevor ich die Tür schließe.

Endlich in meiner Wohnung angekommen, schmeiße ich mich sofort auf mein Bett.

Nur den Hauch einer Sekunde später strömen heiße Tränen aus meinen Augen, mein Gesicht herunter.

All das was sich über die letzten zwei bis drei Stunden angestaut hat kommt jetzt auf ein Mal raus. 

Nachdem ich mittlerweile ungefähr eine halbe Stunde lang durchgängig nur geweint habe, habe ich nun das Gefühl, dass mein Körper innerlich ausgetrocknet ist.

So viele Tränen wie ich gerade vergossen habe, scheint mir das nicht allzu unrealistisch.

Ich reibe ein paar Mal über mein Gesicht bevor ich aufstehe.

Mein Weg führt mich in's Badezimmer wo ich mich im Spiegel betrachte. Das hätte ich lieber nicht tun sollen. Meine Augen sind gefühlt dunkelrot. Es sieht als hätte ich gerade zehn Stunden lang am Stück gekifft.

Nachdem ich mich nun schon eine halbe Ewigkeit einfach nur im Spiegel ansehe, fällt mein Blick auf das Shirt, das ich trage. Ufuk's Shirt.

Das Shirt ist komplett blau. Abgesehen von einem kleinen Balenciaga Logo auf der Brust.

Ufuk's Kleiderschrank ist wirklich riesig. Er hätte sicherlich noch irgendein altes T-Shirt gehabt, das er sowieso nicht mehr anzieht. Aber stattdessen hat er mir ein T-Shirt gegeben, das wahrscheinlich mehr wert ist als ich monatlich verdiene.

Wieder im Wohnzimmer angekommen, setze ich mich auf mein Bett und zünde mir eine Zigarette an. Manchmal bereue ich es wirklich sehr, dass ich angefangen habe zu rauchen. Andrerseits ist es ein wirklich guter Zeitvertreib und eine Ablenkung.

Das trifft allerdings im Moment nicht zu. Immer wieder versuche ich zu rekonstruieren was passiert ist. Aber ich kann's nicht. Die Situation spielt sich immer bis zu einer bestimmten Stelle ab. Danach - Filmriss.

Nachdem ich fertig geraucht und die Zigarette ausgedrückt habe, beschließe ich mein Handy endlich anzustecken. Ich hab es heute schließlich noch kein einziges Mal benutzt.

Als es endlich wieder an ist, traue ich meinen Augen kaum. Ich habe insgesamt 138 Nachrichten auf WhatsApp, 43 verpasste Anrufe, 21 SMS und 16 Nachrichten auf Facebook.

Es scheint als wären mindestens 95% davon von Elena. Dass Elena sehr überfürsorglich ist, sich schnell Sorgen macht und dann dazu neigt mich mit Nachrichten und Anrufen zu bombardieren ist ja längst kein Geheimnis. Aber ich glaube so enorme Ausmaße hat es in unserer kompletten Freundschaft kein einziges Mal angenommen.

Elena ist meine beste Freundin und ich werde ihr auf jeden Fall ausführlich erklären was vorgefallen ist, aber nicht jetzt.

Dafür habe ich gerade wirklich nicht die Nerven. Ich muss erstmal einfach schlafen.

Schlafen und versuchen das alles zu verarbeiten.
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Hoffe es gefällt euch. ❤

💎VVS💎

Neue alte Zeit| Ufo361 FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt