Kapitel 26

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Timo und ich sind jetzt schon ein ganzes Stück gelaufen. Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung wie lange wir schon unterwegs sind, da ich seit wir losgelaufen sind kein einziges Mal auf die Uhr geschaut habe. Viel zu sehr bin ich mit unserem Gespräch beschäftigt.

Auch wenn wir über belanglose Themen reden, könnte ich ihm stundenlang einfach nur zu hören.

Ich mag die Art wie Timo über Dinge redet, die ihn interessieren. Wenn ich nicht ab und zu etwas zu dem Gespräch beitragen würde, würde er stundenlang einfach über ein Thema reden, das ihn in irgendeiner Form beschäftigt.

Das ist nichts negatives. Zumindest in seinem Fall nicht. Es wirkt bei ihm nicht so als könnte er über nichts anderes als sich selbst reden. Wenn er anfängt über ein Thema zu reden, dass ihn irgendwie beschäftigt, verliert er sich einfach darin.

Ich finde es irgendwie niedlich. Außerdem ist es eine ausgezeichnete Ablenkung. Ihm einfach zuzuhören bei worüber auch immer er gerade redet.

Wir laufen locker noch ein ganzes Stück, bevor wir in einem Park ankommen und uns auf irgendeine Bank setzen.

“Tut mir übrigens leid, wegen gestern. Ich war einfach irgendwie enttäuscht, dass du dich einfach nicht mehr gemeldet hast.“, entschuldigt er sich.

Sofort läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Elena und ich haben eine gute Ausrede ausgetüftelt wieso ich mich nicht melden konnte. Was wirklich passiert ist, habe ich ihm allerdings verschwiegen.

Irgendwie fühle ich mich schlecht dabei, ihn angelogen zu haben. Aber ich konnte ihm auch nicht die Wahrheit sagen.

Elena meinte zwar, dass Timo ein sehr verständnisvoller Mensch ist, aber ich hatte irgendwie Angst, dass ihn das alles verschrecken könnte.

Denn auch wenn wir uns wirklich noch nicht lange kennen, bin ich wirklich sehr froh, dass er jetzt ein Teil meines Lebens ist.

“Du musst dich nicht entschuldigen.“, meine ich, in meinem Hinterkopf immer noch die Tatsache, dass ich nicht hundertprozentig ehrlich zu ihm war, beziehungsweise bin.

Nun schweigen wir beide. Ich bin zwar eigentlich eine Person, die es gern hat, wenn man manchmal einfach schweigt, aber im Moment bringt mich diese Stille förmlich um.

Hauptsächlich weil es dann nichts gibt, das mich ablenken kann. Wenn es Still ist, bin ich allein. Allein mit all meinen Gedanken, all meinen Schuldgefühlen gegenüber Timo, die mich wirklich fertig machen.

Timo ist so ein netter, wirklich gutaussehender Typ. Es gibt mit Sicherheit sehr viele Frauen, die sich darum reißen würden mit Timo auf ein Date zu gehen.

Und von all den Frauen hat er sich ausgerechnet mich ausgesucht. Die, die nach sechs Jahren immer noch an ihrem Ex-Freund hängt. Die, die ihn in der kurzen Zeit, die wir uns erst kennen vermutlich schon öfter angelogen hat, als dass sie ehrlich zu ihm war.

Timo hat wirklich etwas besseres verdient als sich mit mir herumzuschlagen. Nur weiß er das nicht.

“Weißt du was?“, unterbricht er schließlich das Schweigen, wofür ich ihm sehr dankbar bin.
“Du hast mir ja von der ganzen Sache mit deinem Ex-Freund erzählt.“, setzt er fort, lässt aber wieder so eine dramatische Pause.

Was kommt jetzt? Wird er mir jetzt sagen, dass ihm das alles zu viel ist? Wird er jetzt gehen und mich hier sitzen lassen?

Ich versuche mich mental auf jedes mögliche Szenario einzustellen, das mich jetzt erwarten könnte, bevor er wieder das Wort ergreift.

“Ich merke, dass dir das Ganze ziemlich unangenehm ist. Deswegen dachte ich, dass ich dir eine ähnliche Geschichte aus meinem Leben. Dann muss es dir nicht mehr unangenehm sein, weil du siehst, dass wir im selben Boot sitzen.“, meint er dann. Erleichterung macht sich in mir breit. Das ist wohl eines der wenigen Szenarien, auf das ich mich nicht eingestellt habe.

“Als ich ungefähr 21 war, hatte ich meine erste richtige Beziehung. Ich war mit ihr fast drei Jahre zusammen. Alles lief gut, dann hat sie sich einfach plötzlich von mir getrennt.“, er pausiert kurz, was mir Zeit gibt, seine ersten Sätze in meinem Kopf zu verarbeiten.
“Ich war wirklich am Ende als sie Schluss gemacht. Sie hat mir nie einen wirklichen Grund genannt. Erst Jahre später habe ich erfahren, dass sie einen neuen, ihrer Meinung nach besseren gefunden hatte. Mittlerweile sind die beiden sogar verheiratet. Aber das tut nichts zur Sache. Jedenfalls war ich am Boden zerstört, auch noch Jahre später. Es hat ewig gedauert bis ich über sie hinwegkommen konnte. Aber ich hab's geschafft.“, erklärt er mir.

Timo wirkt auf mich wirklich nicht wie ein Mensch, der einer Ex-Freundin noch Jahre lang nachtrauert.

“Wie hast du's geschafft? Also über sie hinwegzukommen.“, frage ich.
“Ich habe eine neue Frau kennen gelernt. Aus uns ist zwar nie etwas geworden, aber sie hat mir die Augen geöffnet. Durch sie hab ich gemerkt, dass eine Trennung nicht gleich das Ende der Welt bedeutet. Du wirst immer neue Leute kennen lernen. Und glaub mir, der Ex-Partner ist schneller vergessen als man denkt.“, meint er weiter.

Immer wieder wiederhole ich seine Worte in meinem Kopf. Wobei vor allem ein Satz bei mir hängen geblieben ist. 'Du wirst immer neue Leute kennen lernen. Und glaub mir, der Ex-Partner ist schneller vergessen als man denkt.'

Seit Timo und ich intensiveren Kontakt haben, muss ich wirklich wesentlich weniger an Ufuk denken. Weiß er das? Unmöglich eigentlich. Vielleicht war das gar nicht auf ihn und mich bezogen.

Wir sitzen noch eine Weile auf der Bank und reden über angenehmere Dinge als unsere Ex-Partner, bevor wir uns dazu entscheiden, dass es langsam Zeit wird nach Hause zu gehen.

Nach einigen Diskussionen habe ich schließlich eingewilligt und nachgegeben, dass er mich nach Hause bringt.

Als wir in meine Straße einbiegen, fällt mir ca. 100 Meter von uns entfernt ein Auto auf, dass mir irgendwie bekannt vorkommt. Allerdings kann ich es nicht so ganz zuordnen.

Je näher wir dem Auto kommen, desto mehr dämmert mir langsam die Erinnerung woher mir dieses Auto bekannt vorkommt, ein. Es ist Ufuk's Auto.

Was macht er hier?

Ich hab Timo zwar erzählt was zwischen mir und Ufuk war, allerdings meinte ich, dass wir keinen Kontakt mehr zueinander haben. Als ich ihm das erzählt habe, hat das zwar auch noch gestimmt, über den jetzigen Stand habe ich ihn jedoch nicht aufgeklärt.

Als wir nun vor meinem Eingang ankommen, bleiben wir stehen.

“Es war schön mit dir.“, fängt Timo an, während er mich anlächelt.
“Ich hoffe, dass wir das in naher Zukunft wiederholen können.“, setzt er fort.
“Das hoffe ich auch.“, antworte ich, ebenfalls lächelnd.
“Na dann. Tschüss.“, sagt er, während er mich kurz umarmt.
“Tschüss.“, meine ich.

Anschließend geht er wieder in die Richtung aus der wir gekommen sind. Ca.  fünf Meter weiter dreht er sich noch einmal um und winkt mir nochmal zu.

Ein paar Sekunden später höre ich jemanden aus einem Auto aussteigen. Sofort drehe ich mich in die Richtung aus der das Geräusch kam und sehe Ufuk, der Timo hinterher schaut.
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Neue alte Zeit| Ufo361 FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt