Tag 15

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Wir hatten mittlerweile 1 Uhr in der früh, noch einmal klappte ich mein Handy auf – 2 Uhr – und aus meinen vier Stunden waren 3 geworden. Einen Zahn zulegend steckte ich es wieder ein, überquerte die Straße, ignorierte den bellenden Nachbarshund, eins der wohl gewöhnlichsten Dinge in Australien und klopfte bestimmt gegen die Tür. Auch dieses Mal blickte ich mir über die Schulter, auch wenn das ungute Gefühl nicht etwa da war, sondern ich viel mehr wegen meiner vorigen Zeugin etwas paranoid war. Vielleicht hatte ich auch erwartet, von eben dieser angesprungen und in den nächsten Busch gezerrt zu werden. Es wäre nicht das schlechteste, aber das Weib hatte eindeutig einen Knacks weg.

Als da niemand stand kam ich mir unnötig dumm vor, richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf die helle Holztür vor mir und wartete geduldig. Es gab ja nur zwei Möglichkeiten. Entweder es handelte sich um einen Menschen, welchen ich aus dem Schlaf riss und diesen dann hypnotisierte oder es handelte sich um einen Vampir, der hellwach war. Oder es war keiner da.

Erneut klopfte ich, dieses Mal lauter und wollte schon wieder nach meinem Handy greifen, um die Uhrzeit zu checken. Seufzend hielt ich mich zurück, es konnte keine Minute vergangen sein. Ich wartete, wartete, wartete und hämmerte ein drittes Mal dagegen, mir bewusst, dass ich wohl die ganze Nachbarschaft aus dem Schlaf riss.

Und da war endlich das erste Geräusch zu hören, neben dem kläffenden Köter, welchem ich demnächst den Hals umdrehen würde. Von drinnen waren Schritte zu hören, schlurfend und langsam, dann das Klacken eines Schlosses und die Tür wurde einen Spalt geöffnet. Zwischen zwei Ketten hindurch spähte mich ein müdes paar Augen an, grau-blau, von Falten umgeben und unter buschigen, weißen brauen mich musternd.

„Was?", grollte er und ich hörte es knurren. Nicht etwa von ihm, was ich mit einem Blick nach unten bestätigt bekam, es kam von der Dogge, die ihre Schnauze herausstreckte. Das Tier war im Gegensatz zu der Töle von neben an so gut erzogen, ansonsten keinen Mucks von sich zu geben. Aber dessen Drohgebärde war auch wesentlich ernster zu nehmen.

Ich hatte mittlerweile meine Marke heraus gezogen, hielt ihm diese hin, sodass er sie im Verandalicht sehen konnte und meinte knapp: „Ich hätte da nur ein paar Fragen. Kennen Sie einen Thomas Ridley?"

Er grunzte, was sowohl ein Lachen als auch ein Drohlaut hätte sein können und schlug mir die Tür vor der Nase zu.

Ich blinzelte wieder die helle Holztür an und stellte mir bereits vor, wie ich diese einschlug und diesen alten Saftsack darunter vergrub. Nur, dass ich dummerweise die Türschwelle nicht überschreiten konnte. Aber die Wucht würde ja wohl reichen, um das Holz weit genug zu schleudern, dass es ihn ordentlich traf. Wenn ich hungrig wurde, war ich leichter zu reizen. Kaum merklich. Nun stelle man sich mal vor wie Shaun drauf wäre, wenn sie hungrig war, das Miststück war ja schon gesättigt kaum auszuhalten. Vielleicht war sie auch nur so zu mir, weil ich mich wie ein respektloses Arschloch verhielt.

Und da war das laute Klappern und Rasseln der Ketten zu hören, dann das Klicken von Riegeln und schließlich wurde die Tür vor mir geöffnet. Seine Augen schienen sich in meine zu bohren, das Gesicht war vom alter eingefallen, die Nase übergroß und rot, die Lippen schienen geschwollen und die Zeit hatte seinen Rücken nach vorne gekrümmt. Ich war schlecht darin, das Alter von Menschen einzuschätzen, aber er musste alt sein.

Ich wartete, er wartete, ich wartete und dann war da ein amüsiertes Funkeln in seinen Augen zu sehen. „Na, Bo, ich glaube, unser Besucher möchte von uns herein gebeten werden", sprach er seinen Hund an, der bis eben wie eine Statue reglos und mit angespannten Muskeln, neben ihm gelauert hatte. Das Licht von drinnen erhellte die beiden und ließ seine lichten, weißen Haare wie einen Heiligenschein um seinen Kopf leuchten. Plötzlich und kaum dass sein Herrchen sich entspannte, bewegte sich auch das Tier, vor welchem ich immer mehr Respekt hatte. Hunde, vor allem so gut abgerichtete, waren nicht nur eine Plage, sondern gefährlich. Falls der Alte Schwierigkeiten machte, würde ich mich zuerst mit diesem Biest auseinander setzen müssen. Gleichzeitig konnte ich ihn so gar nicht einschätzen.

States of BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt